Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition)
Seiner Heiligkeit abzuwenden, und erreichte mit einiger Mühe die Samtportiere. Hochrot und in Schweiß gebadet, ging ich hindurch, ziemlich gesträubten Gefieders und uneins mit meinem alten hugenottischen Gewissen. Der Kämmerer geleitete mich zur Tür der Vorzimmers, wovon ich zwar nichts hatte, aber er, denn brauchgemäß drückte ich ihm ein Stück Geld in die Hand, wobei mir der Gedanke kam, daß er einer der betuchtesten Männer Roms sein müsse, zumindest wenn dieses Bächlein ungeteilt in seinen Kasten floß.
Als ich in den Hof trat, sagte mir lispelnd ein kleiner, fetter Geistlicher, ich solle in der Karosse des Kardinals Giustiniani auf diesen warten, Seine Eminenz gedenke mich mit heimzunehmen. Und weil da etliche Kutschen standen, eine vergoldeter als die andere, zwischen denen ich verloren umherirrte, führte mich der kleine Fettwanst zu der seines Herrn, indem er mich auf das Florentiner Wappen hinwies, das inmitten hübschen italienischen Rankenwerks am Schlag aufgemalt war. Ich gab auch ihm ein paar Münzen, der Kutscher ließ den Tritt herunter, und erleichtert nahm ich Platz in dem samtgepolsterten Nest, heilfroh, der Kälte und dem scharfen Wind zu entrinnen.
Ich brauchte nicht lange zu warten, Giustiniani gesellte sich wenig darauf zu mir, und sowie der Kutscher anfuhr, klopfte er mir wiederum aufs Knie, was offenbar als freundschaftliche und ehrende Geste gemeint war.
»Marchese«, sagte er, »ehrlich gestanden, habe ich lange geschwankt, ob ich Euch Seiner Heiligkeit vorstellen solle. Aber zum einen wäre es seltsam erschienen, ihm einen französischen Edelmann Eures Ranges nicht zuzuführen, und hätte sogleich die Aufmerksamkeit der Spanier in Rom auf Euch gelenkt, die ihre Augen überall haben. Andererseits ist besagte Aufmerksamkeit, weil ich Euch vorgestellt habe, nun vielleicht etwas geringer.«
»Ist es so schlimm«, fragte ich, weil diese Finessen mich schleierhaft anmuteten, »das Interesse dieser Herrschaften zu wecken?«
»Im Gegenteil«, sagte der Kardinal, »denn sie haben Wind bekommen, daß die Unterhandlungen zwischen dem Fürsten von Béarn und dem Vatikan weitergehen, wissen aber nicht, durch wen. Für sie wird d’Ossat beim Papst nur wegen der Königin Louise und ihrer Seelenmesse vorstellig. Und es ist besser, wenn sie nicht ihn, sondern Euch verdächtigen, der geheime Mittler zu sein.«
»Heißt das, daß die Spanier mich jetzt Tag und Nacht ausspähen?«
»Vielleicht«, sagte Giustiniani mit liebreichem Lächeln, »versuchen sie sogar, Euch zu ermorden.«
»Offen gestanden, Vostra Eminenza«, versetzte ich kühl, denn allmählich schwante mir, welche Rolle Giustiniani und der Papst mir durch ihren huldvollen Empfang zuweisen wollten, »wenn ich, um meinem König zu dienen, auch bereit bin, den Köder abzugeben, so möchte ich in diesen winterlichen Zeiten doch nicht im eisigen Wasser des Tibers enden.«
»In dem Fall«, sagte Giustiniani, »solltet Ihr aber besser auf Eurer Hut sein.«
»Bin ich es nicht?«
»Ich weiß nicht. Vincenti sagte mir, Ihr hättet nicht bemerkt, daß er Euch von der Porta del Popolo bis zu meinem Haus gefolgt ist.«
»Wer ist Vincenti?«
»Der kleine Mann, der Euch mein Haus vermietet hat. Er steht in meinen Diensten.«
»Touché!« sagte ich und hob die Hand wie ein Duellant (in nerlich allerdings ziemlich betroffen). »Vielen Dank für diese Warnung, Vostra Eminenza. Ich werde mich wappnen.«
»Marchese«, sagte der Kardinal, »darf ich Euch daran erinnern, daß es in Rom seit Sixtus V. bei Todesstrafe verboten ist, offen eine Feuerwaffe zu tragen. Ihr könnt natürlich eine kleine Pistole in Eurem Wamsärmel verstecken.«
»Ich vergesse es nicht.«
»Dennoch meine ich«, fuhr Giustiniani fort, »die beste Verteidigung wäre, über längere Zeit weder d’Ossat noch mich aufzusuchen.«
»Vostra Eminenza, was wird aus meiner Mission, wenn ich mich meiner Ohren beraube?«
»Vincenti wird Euch die seinen ausborgen. Und im übrigen«,setzte Giustiniani mit einem Ernst hinzu, der mich baff machte, »wäre es gut, wenn Ihr zur Ablenkung viel ausgehen und den Lebemann spielen würdet.«
Als Giustiniani mich vorm Tor seines ehemaligen Palastes absetzte, sah ich dort auf dem einen Torstein einen Bettler sitzen, der nachdenklich das Kinn auf den Rücken seiner rechten Hand stützte, die er um einen Stock geschlossen hielt, und die linke mir entgegenstreckte.
»Signor Marchese«, sagte er in eher würdevollem als flehendem
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