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Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Titel: Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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indem er auf das wunderbar gearbeitete Goldkreuz mit den Perlen an den Enden starrte. »Kann man sich Galanteres denken? Madonna, das erhöht Eure Chancen bei der Pasticciera!«
    »Meine Chancen, Alfonso!« sagte ich lächelnd. »Besteht denn Gefahr, daß ich abgelehnt werden könnte? Bis jetzt hatte ich am Ausgang meiner Vorstellung keinerlei Zweifel gehegt. Daß ich mich diesem Hofmachen auf italienisch unterwerfe, sehe ich lediglich als eine Formalität an, die in meinen und wohl auch Teresas Augen einen schamhaften Schleier über das bare und blanke Geschäftsabkommen zwischen uns breiten soll.«
    »Signor Marchese«, entgegnete Alfonso ernst, »erlaubt, Euch zu sagen, daß Ihr damit in einem großen Irrtum befangen seid. Sicherlich habt Ihr Chancen, aber für den Platz des verewigten Liebhabers seid Ihr nicht der einzige Bewerber, und keiner Eurer Konkurrenten ist geringzuschätzen.«
    »Aber du unterstützt mich, Alfonso.«
    »Ich unterstütze allein Euch, Signor Marchese, glaubt mir. Aber man muß bedenken, daß Teresa eine Frau ist und daß eine Frau oft nach Laune entscheidet. Einmal verwarf sie einen Bewerber, weil sie ihn zu unterwürfig fand, dann wieder einen, der ihr zu dünkelhaft war. Sie wägt die Verdienste eines Mannes auf einer Waage, die nur sie allein kennt.«
    »Ich wäre untröstlich«, sagte ich, noch immer lächelnd, doch im stillen leicht beunruhigt, »schlüge das Zünglein ihrer Waage zu meinen Ungunsten aus.«
    »Eure Chancen stehen gut«, versetzte Alfonso nach einer Weile. »Und das beste ist, daß Ihr Franzose seid. Die Italiener sind Frankreich von alters her in Zuneigung und Achtung verbunden, und der wachsende Haß auf die spanische Allgegenwart hat diese außerordentlich verstärkt.«
    Das Haus der Signora Teresa war ein Palast, nicht viel anders als der Giustinianis, und ebensogut bewacht, denn Alfonso mußte aussteigen und am Guckfenster seine weiße Pfote vorweisen, bevor das Kutschentor sich meiner Karosse auftat. Es versteht sich von selbst, daß ich, um Alfonsos zahlreiche vorbereitende Anweisungen zu befolgen, im Hof erst einmal mehrere Hände gebührlich schmierte, dem Portier, dann dem, der augenscheinlich der Dienerschaft vorstand, dann der
cameriera
, die mich ins Haus führte, eine zierliche kleine Maurin, dunkel an Haut und Haaren, aber mit so blitzweißen Zähnen und so reizend, daß einem, noch bevor man der Herrin ansichtig wurde, das Wasser im Mund zusammenlief.
    »Signor Marchese«, sagte sie zwitschernd, »meine Herrin ist bei ihrer Toilette und kann Euch erst in einem halben Stündchen empfangen. Bitte, nehmt inzwischen mit der Gesellschaft der Mamma fürlieb.«
    Hiermit geleitete sie uns in einen kleinen Salon, kurz darauf erschien eine Signora von ungefähr fünfzig Jahren, klein, aber sehr stattlich, mit hoch gewölbtem Busen, muskulösen Armen, kurzen, stämmigen Beinen, das Gesicht voll und rund, der Mund füllig, die Stirn von walddichtem schwarzem Haar gerahmt, die großen Augen von dunklen Ringen umflort. Sie gefiel mir auf Anhieb, weil sie mich an meine geliebte Amme Barberine erinnerte, schien sie doch ebenso handfest gebaut, auch zornmütig vielleicht und kurz angebunden, aber im Grunde nicht ohne die Milch der Zärtlichkeit. Ich machte ihr eine schöne Verneigung und bat sie in höflichen Worten, ihr eine bescheidene Gabe überreichen zu dürfen, eine Brosche nämlich in einem Kästchen. Sie nahm das Kästchen und stellte es ungeöffnet auf einen Marmortisch. Dann kreuzte sie die rundlichen Hände vor dem Bauch und musterte mich aus scharfen Augen wortlos von Kopf bis Fuß. Nach beendeter Musterung bat sie mich, Platz zu nehmen, und fragte ohne Umschweife, wie alt ich sei, ob gesund und welcher Religion, vor allem wollte sie wissen, ob ich mit der römischen Inquisition zu tun hätte.
    »Il Signor Marchese«, antwortete hierauf Alfonso an meiner Statt, »steht unter dem Schutz von Kardinal Giustiniani und wohnt in seinem Palast, wie ich der Signora Teresa zu sagen schon die Ehre hatte.«
    »Schön, schön«, sagte die Mamma, und mit kleinem Lächeln und knappem Gruß ging sie. Man komme uns holen, sagte sie, sobald die Signora Teresa bereit sei.
    »Beim Ochsenhorn!« entfuhr es mir, als sie fort war, »was für eine respektable Matrone, von ihr möchte ich nicht gezaust werden!«
    »Ma tutt’altro«
, 1 meinte Alfonso. »Ihr gefallt ihr gut, sie hat Euch zugelächelt.«
    »Wenig.«
    »So leicht verschenkt die Signora nichts, auch ein Lächeln

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