Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition)
nicht. Sie stammt vom toskanischen Land und ist hart wie das Leben, das sie geführt hat. Aber die Krume unter der Kruste ist gut.«
Hierauf bat er mit einer Verneigung, sich kurz zurückziehen zu dürfen, meiner Begegnung mit Teresa werde er beiwohnen.
Das »halbe Stündchen« hatte Bauch angesetzt, als Djemila, die kleine Maurin, mich holen kam und in einen Saal führte, den ich zunächst beschreiben will (obwohl ich ihn beim Eintritt gar nicht sah, weil ich Augen nur für Teresa hatte). Er war groß, die Wände mit vergoldetem Leder bespannt, die Decke reich bemalt, den Marmorboden deckte ein herrlicher Orientteppich. Da mein Blick an Teresa haftete, die zwar nicht auf einem Thron, doch auf einem vergoldeten Lehnstuhl saß, merkte ich erst nach einer Weile, daß hinter ihr, die drallen Arme auf der Rücklehne, die Mamma stand; rechts davon saß in edler Haltung Alfonso auf einem Schemel, und zur Linken, obwohl dort ein zweiter Schemel stand, kauerte Djemila im Schneidersitz auf dem Teppich. Die zeremoniöse Anordnung, ich kann es nicht leugnen, erinnerte mich an meinen Empfang beim Papst.
Ich schritt vor bis zur Mitte, zog den Hut und fegte, mich tief verneigend, den Teppich mit meinem Federbusch. Nicht ohne Belustigung dachte ich hierbei, daß ein Edelmann einen so tiefen Kratzfuß sonst nur einem Herzog erwies, einem regierenden Herzog wohlgemerkt, einem, den man »Eure Hoheit« anredet.Signora Teresa dankte mir mit einem huldvollen Lächeln und neigte wahrhaft königlich das Haupt.
»Signora«, sagte ich auf italienisch, »es ist mir eine hohe Ehre, daß Ihr mich zu empfangen geruht. Und überglücklich wäre ich, wenn Ihr als Tribut an Eure wunderbare Schönheit dieses Geschenk von mir annehmen wolltet.«
Hiermit, schöne Leserin, zog ich aus meinem Wams ein weiteres Kästchen, das ein Armband in Form einer sich in den Schweif beißenden Schlange enthielt, die Augen zwei Rubine, der Leib feinstgeflochtenes Gold. Doch verharrte ich mit dem Kästchen, regte nicht Fuß noch Hand, sondern wartete auf den Entscheid der Pasticciera.
»Nimm es«, sagte sie zu Djemila.
Schlangengleich erhob sich diese, kam, nahm das Kästchen und legte es in die Hände ihrer Herrin, die es, auch ungeöffnet, der Mamma übergab, die es, abermals ohne zu öffnen, auf eine reichgeschnitzte Zedernholztruhe zur Rechten des Sessels stellte, wo es genauso vergessen wirkte wie vorhin das der Mamma auf dem Marmortisch.
»Signor Marchese«, sagte die Pasticciera mit dunkler, wohlklingender Stimme, »beliebt, auf diesem Schemel Platz zu nehmen.«
Ich gehorchte, und ein langes Schweigen trat ein, weil ich, von Teresas Schönheit überwältigt, nichts zu sagen vermochte. Indessen betrachtete sie bald mich, bald sich, in meinem Blick gespiegelt, und sah sich nicht gehalten zu reden. Nicht, daß sie mich etwa beschränkt anmutete, ihre Augen blickten, wie die der Mamma, lebhaft und wach, und um ihre Lippen spielte ein feines, undeutbares Lächeln, wie ich es bei der von Leonardo da Vinci gemalten Florentinerin Mona Lisa sah, deren Bildnis ich im Louvre, in den Gemächern des Königs, oft bewundert hatte. Doch damit endete die Ähnlichkeit auch schon, denn Teresas Augen waren schwärzer und schattiger und ihre straff gescheitelten Haare unvergleichlich üppiger. Und während die Gioconda ziemlich schlicht gekleidet war, war das Gewand der Pasticciera nichts als Brokat, Gold und Edelsteine und übertraf alles an Reichtum und Glanz, was ich vom französischen Hof her kannte, wenn ich von der schönen Gabrielle und den Prinzessinnen von Geblüt einmal absah. Und ebendies faßte ich denn endlich in ein wohlgedrechseltes Kompliment.
Worauf sie lächelte, ohne aber die Zähne zu entblößen, und wissen wollte, wer diese Gabrielle denn sei.
»Signora«, sagte ich, »sie ist die Favoritin des Königs von Frankreich.«
»Sie muß wunderschön sein«, sagte seufzend Teresa, und ich bestätigte es, indem ich hinzusetzte, gleichwohl zöge ich ihre, der Signora, Schönheit tausendmal vor.
»Beliebt dennoch, Signor Marchese, sie mir zu beschreiben.«
»Nun, Signora«, begann ich, »ihr Gesicht, sagen die Höflinge, hat den schimmernden Glanz einer Perle; ihr seidenes Gewand erscheint schwarz im Vergleich zu ihrem Busen; ihre Lippen sind Rubine, ihre Augen die Himmelsbläue und ihre Haare lauteres Gold.«
»Und was sagt Ihr, Signor Marchese?« fragte Teresa leicht amüsiert.
»Daß sie eine Schönheit des Nordens ist, Signora, blaß und schmachtend,
Weitere Kostenlose Bücher