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Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Titel: Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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über meine eigenen Worte. »Wenigstens lügt sie nicht! Und ich weiß nicht einmal, ob ich in sie vernarrt bin oder in ihre Schönheit. Für mich ist sie Tizians
Venus vor dem Spiegel
, die ihrem Rahmen entstiegen ist und mich auf ihr Lager nimmt.«
    »Beim Ochsenhorn, Moussu!« sagte Miroul, »dieses Meisterwerk der italienischen Schule hat Euch reichlich geschröpft. Ihr hättet besser dran getan, das Gemälde selbst zu kaufen, oder wenigstens eine Kopie. Im übrigen finde ich, daß Ihr für einen Ruinierten einen reichlich kregelen Eindruck macht!«
    »Zur Sache endlich!« rief ich, etwas lauter werdend, »hast du den Wald verkauft? Und wieviel hast du erlöst?«
    »Nein, nein, nein!« rief er zum Echo. »Ich habe Euren Wald nicht verkauft!«
    »Warum denn nicht?«
    »Weil Eure Nachbarn, Moussu, die als einzige an dem Kauf hätten interessiert sein können, verschwenderische Großgrundbesitzer sind, die höher furzen als ihr Arsch und deshalb keinen baren Heller besitzen.«
    »Miroul«, sagte ich, indem ich niedergeschlagen in einen Sessel sank, »bitte, nimm meine gegenwärtige Lage nicht auf die leichte Schulter! Weißt du, daß meine Barschaft nur noch für knappe vierzehn Tage reicht? Was heißt, wir müssen den Schauplatz verlassen, ohne zu sehen, wie diese große Affäre um die Absolution ausgeht.«
    »Und Teresa verlassen?« fragte Miroul, ein Funkeln in seinem braunen Auge. »Es sei denn, Ihr holt Euch die Geschmeide zurück.«
    »Pfui, Miroul! Wie ehrlos!«
    »Nicht so ehrlos, wie Eure Mission aufzugeben.«
    »Ach, mein Miroul«, sagte ich klagend, »wie kannst du mich so peinigen, genügt dir mein schlechtes Gewissen nicht?«
    »Moussu«, sagte er und schritt auf und nieder im Raum, »um Vergebung, aber ich habe gekocht vor Zorn, als ich Euren Brief erhielt. Sankt Antons Bauch! Einen Wald verkaufen, Euren Besitz verringern, und das wegen eines Frauenzimmers! Wie soll man solchen Unverstand fassen? Und sowieso gebt Ihr immer zuviel, den Pagen, den Kammerjungfern, den Bettlern!«
    »Dir ja wohl auch, als du noch mein Diener warst«, sagte ich.
    »Mir auch«, räumte er nicht ohne Bewegung in Blick und Stimme ein.
    Hiermit kam er und legte mir den Arm um die Schultern.
    »Mein Pierre«, sagte er, »wir brauchen nicht vor der Zeit abzureisen: Ich habe dem König von der Schwindsucht in deinem Beutel erzählt, und er schickt dir durch mich zwanzigtausend Ecus.«
    »Zwanzigtausend!« rief ich, in die Höhe fahrend, »zwanzig tausend ! Warum hast du das nicht gleich gesagt?«
    »Nun, Marquis, man mußte Euch doch erst ein bißchen in Essig stecken, damit Ihr den Honig recht genießt!«
    »Beim Ochsenhorn, Herr Junker, mich so zu piesacken! Von allen Schulmeistern, Vormündern und Zöllnern dieser Welt seid Ihr der schlimmste!«
    »Um Vergebung, Marquis, aber Ihr hinkt um einen Titel nach: Der König fand so viel Gefallen an meiner Person undmeinem Bericht über unsere römischen Geschäfte, daß er mich zum Chevalier ernannt hat.«
    »Ha, Miroul!« schrie ich, schloß ihn in die Arme und küßte ihm die Wangen über und über, »das wärmt mir das Herz beinahe mehr als die zwanzigtausend Ecus für meinen Beutel!«
    »Das ist nicht dieselbe Wärme«, sagte lächelnd Miroul. »Und ich vergesse nie, wer mich einst dem Elend und dem Galgen entriß.«
    Es war ein Mittwoch, an dem ich im benachbarten Palast besagten drei Soutanen zum Gespräch begegnet war und meine Idee von der Einzelkonsultation der Kardinäle gebar, die so beglückt aufgenommen wurde. Und als ich am Sonntag darauf wie gewohnt bei Teresa mit meinesgleichen speiste (was sie freilich nur durch unser gemeinsames Band mit der Gastgeberin waren), hatte ich mit zweien von ihnen je gesonderte Unterredungen, die es verdienen, hier angeführt zu werden.
    Natürlich war das nicht möglich beim Souper, unter aller Augen und Ohren um die runde Tafel, an der uns Teresa gemäß einem sorglich erwogenen Protokoll plazierte, Giovanni Francesco, den Papstneffen, zu ihrer Rechten, den spanischen Granden zu ihrer Linken, neben diesem mich, den Bargello neben Giovanni Francesco und dann die beiden Monsignori.
    Diese Hierarchie war von der Pasticciera wohl bedacht, und ein jeder der sechs fand sich gebührend gewürdigt, Giovanni Francesco als der höchste im Staat, Don Luis als der höchste nach der adligen Rangordnung, ich als der gelehrteste, der Bargello als der ansehnlichste und die beiden Monsignori als die launigsten und charmantesten. Weil Teresa wohl

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