Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition)
hebend. »Signor Marchese, mein großartiger Freund! Euch hat der Heilige Geist angerührt! Aus Eurem Munde spricht Weisheit! Statt eines Mose haben wir einen Salomon gefunden!«
Ich errötete unterm Schwall dieser Komplimente, wenngleich ich, wie ich bekennen muß, an die Eingebung des Heiligen Geistes mitunter schwerlich zu glauben vermag.
»Zu befürchten steht dabei nur«, sagte Monseigneur Du Perron, indem er nachdenklich seinen Bart strich, »daß die Kardinäle Aug in Auge mit Seiner Heiligkeit zwar weiß stimmen mögen, nach dieser vertraulichen Unterredung aber dennoch schwarz.«
»Deshalb«, so meinte Abbé d’Ossat mit seiner feinen Stimme, indem sein Vogelkopf hin und her ging, »müßte der Heilige Vater, nachdem er die Kardinäle einzeln, hinter verschlossener Tür, angehört hat, ihnen bei Strafe der Exkommunikation verbieten preiszugeben, was dort gesprochen wurde.«
Diese Idee, eine höchst sinnreiche Ergänzung der meinigen, wurde für ausgezeichnet befunden, und wir wechselten befriedigte und einverständige Blicke, die mehr besagten, als gesagt worden war.
Und, schöne Leserin, wenn Sie mich fragen, was ich damit meine, möchte ich Sie bitten, einige Phantasie aufzuwenden und sich an die Stelle des Papstes zu versetzen: Was würden Sie tun, wenn Sie die Kardinäle einzeln angehört und ihnen durch den angedrohten Blitz der Exkommunikation den Mund verboten hätten, am Ende aber feststellen müßten, daß Ihre Meinung nicht ganz mit der Mehrheit übereinstimmt, wären Sie dann im Interesse der Christenheit nicht versucht, eine fromme Lüge zu gebrauchen und – denn wer könnte Ihnen widersprechen? – die Ergebnisse umzudrehen?
»Monsieur, mir scheint, Sie sind furchtbar stolz auf Ihre ›fa belhafte Idee‹.«
»Gewiß, Madame! Und das um so mehr, als die Geschichte sie dem Kardinal von Florenz zuspricht, ebenso wie Monsieur de Vic der Tod des Chevalier d’Aumale zugesprochen wurde. Das ist eben der Nachteil geheimer Missionen! Man darf sich, zumindest im Augenblick, der eigenen Verdienste nicht rühmen.«
»Aber Monsieur, wollen Sie die Erfindung einer kleinen List, die man dem Papst einflüsterte, in den Rang besagter Verdienste erheben?«
»Madame, in der Politik kann man eine List nicht als klein bezeichnen, wenn sie große Wirkungen zeitigt.«
»Wie ist es nun, Miroul«, sagte ich, »hast du meinen Wald bei Montfort l’Amaury verkauft und bringst mir den Erlös dafür mit?«
»Ei verflixt, Moussu«, sagte er mit jener unschuldigen Miene, die bei ihm Spott verhieß, »den betreffenden Absatz Eures Briefes habe ich nicht verstanden: Wie solltet Ihr binnen Monatsfrist Euer Geld derart pantagruelisch verschwendet haben?«
»Ha, Miroul!« sagte ich, und mir war dabei recht unbehaglich zumute, »aus zwei Gründen, wie Alfonso sagen würde: Erstens warst du nicht hier. Und zweitens war ich derart trunken von der Schönheit der Pasticciera, daß ich von morgens bis abends nur an Geschmeide für sie dachte.«
»Moussu, habe ich Euch vor der Abreise nicht gesagt, wenn das Haar grau wird, kostet die Liebe?«
»Ach, schäm dich, Miroul! Diese Kosten machten keine vierEcus pro Woche aus, die mir den Beutel schmälerten! Die bewußten großen Ausgaben kamen von meinen freiwilligen Gaben.«
»Und warum so ausschweifende Geschenke, wenn Ihr Euch bei der Schönen nicht durch unsinnige Freigebigkeiten hättet einkratzen wollen?«
»Nein, nein! Sie liebt mich auch ohne Geschenke, und der Beweis dafür ist, daß sie kein bißchen erkaltet gegen mich ist, seit ich sie nicht mehr mit ruinösen Aufmerksamkeiten überhäufe.«
»›Ruinös‹ ist das treffende Wort! Ha, Moussu, das ärgert mich! Ihr seid großspurig geworden wie ein Papist. Erinnert Euch an Monsieur de Puymartins rauschende Feste im Périgord: Wie hat Euer Onkel Sauveterre ihn dafür getadelt, daß er in einer Nacht die Ernte eines ganzen Jahres zum Fenster hinauswarf!«
»Das ist etwas anderes. Puymartin wollte sich aufspielen. Hingegen, wenn ich bei einem römischen Juwelier einen reizend gearbeiteten goldenen Anhänger mit eingelegten Steinen entdeckte, stellte ich mir sofort vor, wie herrlich er sich an ihrem göttlichen Busen ausnähme, und ich konnte nicht widerstehen.«
»Göttlich, Moussu! Kraft welcher lästerlichen Idolatrie kann ein Busen göttlich werden? Und wie könnt Ihr dermaßen vernarrt sein in ein Weib, das Ihr mit fünf anderen Herren teilt?«
»Das Teilen tut nichts zur Sache«, sagte ich, verwundert
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