Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition)
abermals vor, wie feindlich sein Herr, der spanische König, der Absolution sei, und entblödete sich nicht, ihm hierin Zurückhaltung anzuempfehlen und die Stimmen des Konsistoriums einzuholen.«
»Und was sagte der Papst?« fragte Monseigneur Du Perron.
»Im Innern zwar kochend vor Entrüstung, daß man ihn als Befehlsempfänger Philipps II. behandelte, hörte der Heilige Vater alles mit sanftmütiger Miene an, doch bevor er dem Herzog von Sessa Segen und Urlaub erteilte, sprach er das einzige Wort:
Audivimus.
1 «
Worauf uns alle ein kleines Lächeln ankam, begleitet von verschmitzten Wechselblicken, so entzückte es uns, daß der Heilige Vater dem arroganten Spanier mit diesem einzigen lateinischen Wort den Mund verschlossen hatte.
Giustiniani indes, der die Gefühle der anwesenden drei Franzosen wohl verstand und seinerseits lächelte, wechselte plötzlich zu vollem Ernst und klopfte mit Zeige- und Mittelfinger auf seine Sessellehne, wie er in seiner Karosse mir aufs Knie geklopft hatte, diesmal aber, um seiner Rede mehr Gewicht zu geben.
»In einer Frage von so großer Wichtigkeit wie der Absolution des Königs von Frankreich kann der Papst natürlich nicht anders, als die Kardinäle zu konsultieren. Und wenn er beim gegenwärtigen Stand der Dinge die Sache dem Konsistorium vorträgt, ist sie nach meiner Berechnung verloren! Das, Signor Marchese, ist die unüberwindliche Mauer, der wir gegenüberstehen, und wir haben keinen Moses, der die Wasser teilte, so daß wir trockenen Fußes hindurchgehen könnten.«
Diese Erklärung löste tiefes Schweigen aus. Nur durch heftiges Augenzwinkern verriet Monseigneur Du Perron die Beklommenheit, in der er für den Erfolg seiner Gesandtschaft zu fürchten begann. Abbé d’Ossat drehte das schmale Köpfchen hin und her wie ein erregter Vogel, und ich wette, daß ihn der Gedanke erschreckte, seine ganze umfangreiche Vorarbeit könnte an dieser Klippe zuschanden werden.
»Kann denn der Heilige Vater«, sagte endlich Monseigneur Du Perron, »nicht allein entscheiden, ohne die Stimmen der Kardinäle einzuholen?«
»Ich wiederhole«, sagte Giustiniani, »in einer für die Christenheit so folgeträchtigen Frage wird dies kaum möglich sein. Zumal die Kardinäle sich auf flammende Erklärungen berufen könnten, die der Papst selbst vor zwei Jahren gegen die Absolution abgab, als er dem Herzog von Nevers den Empfang verweigerte.«
»Vostra Eminenza«, sagte ich, »darf ich fragen, welcher Art diese Erklärungen waren?«
»Beleidigend waren sie«, sagte Giustiniani, die Augen senkend. »Möge der Herr Abbé d’Ossat sie Euch wiedergeben. Aus französischem Mund schockieren sie vielleicht weniger.«
»Soweit ich hörte«, sagte Abbé d’Ossat, »hat Seine Heiligkeit behauptet, er werde niemals glauben, daß die Bekehrung des Königs aufrichtig sei, es stiege denn ein Engel vom Himmel herab, es ihm zu bestätigen.«
»Nun!« sagte Monseigneur Du Perron mit scherzhaftem Anflug, »nach zwei Jahren scheint der Engel ja doch herabgestiegen zu sein.«
Worauf man trotz allen Ernstes der Stunde lächelte, doch sehr zurückhaltend, waren uns die Fittiche dieses Engels doch wohlbekannt: Die Siege waren es, die Henri Quatre in diesen zwei Jahren über Liga und Spanien erstritten hatte. Doch demkleinen Lächeln folgte erneutes Schweigen, denn ein jeder von uns stieß sich in seinem Kopf an dem unüberwindlich anmutenden Hindernis des Konsistoriums.
»Vostra Eminenza«, begann ich schließlich, »könnte es nicht sein, daß einige der Kardinäle, nachdem sie die Dublonen des Herzogs von Sessa angenommen haben und sich nun öffentlich gegen die Absolution erklären, dies gleichwohl nicht ohne geheimes Unbehagen tun, weil sie im Grunde ja wissen, daß besagte Absolution für das Papsttum segensreich wäre?«
»Signor Marchese«, sagte Giustiniani und sah mich aus seinen blauen Augen an, »Ihr rührt da an einen delikaten Punkt. So verirrt einige unserer Brüder auch sein mögen, wird man doch hoffen dürfen, daß ihr großer Hang nach den Gütern dieser Welt ihr Gewissen nicht gänzlich verdunkelt hat.«
»Nehmen wir einmal an«, fuhr ich fort, »der Heilige Vater lädt die Kardinäle einzeln vor, anstatt sie öffentlich im Konsistorium einzuvernehmen – was ja hieße, vor den Ohren des Herzogs von Sessa –, würde er dann nicht ehrlichere Aussagen zur Absolution erhalten, die seiner Haltung mehr entsprechen?«
»Das ist eine fabelhafte Idee!« rief Giustiniani, die Hände
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