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Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Titel: Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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letzte Schlacht lieferte der Herzog von Sessa mit ihrem Beistand, als er dem Papst nahelegte, die Absolution nicht in Rom statthaben zu lassen, sondern durch einen Legaten in Paris. Das war sehr plump, und Kardinal Giustiniani, den ich an jenem Abend bei Monseigneur Du Perron traf, raunte mir mit sehr florentinischem Lächeln ins Ohr, er würde sich nicht darum reißen, dieser Legat zu sein, könnte ihm unterwegs doch mancherlei passieren.
    »Eminenz«, fragte ich, »glaubt Ihr, daß Philipp es wagen würde, einen Kardinal zu beseitigen?«
    »Allerdings«, war seine Antwort. »Denkt an all die Mönche, die der Allerchristlichste König bei der Eroberung Portugals hinmorden ließ.«
    Obwohl dem Papst die Idee nicht übel gefiel, einen Legaten zu entsenden, und noch mehr die, selbst nach Avignon zu gehen und Henri dort zu absolvieren, brachten d’Ossat und Du Perron ihn davon ab, unterstützt übrigens durch das römischeVolk, das nur zu begierig war, eine so große Zeremonie in seiner Stadt zu erleben. Es entrüstete sich über die Verzögerungsversuche des Herzogs von Sessa (in Rom spricht sich ja alles herum), beschimpfte seine Leute auf den Straßen, warf Steine in seine Fenster und drohte, wie schon bei der Geschichte mit dem Koch, Feuer an seinen Palast zu legen.
    Die Römer, Männer, Frauen und Kinder, waren also überglücklich und strömten am Sonntag, dem 17. September, in unübersehbarer Menge auf den Petersplatz, um der Absolution des Königs von Frankreich beizuwohnen. Ein einmaliges Schauspiel seit Menschengedenken, denn als Papst Gregor VII. dem deutschen Kaiser Heinrich IV. vergab, geschah dies zu Canossa.
    Nach langem Warten erschien in all seinem Pomp der Papst, um ihn die Kardinäle, die in Rom anwesenden Bischöfe und die Offiziere seines Hauses. Ich hatte weidlich Trinkgelder verteilt, so daß ich mich in der ersten Reihe der Zuschauer befand, und sah die Kardinäle nicht etwa in Ernst und Andacht gesammelt, sondern wie schon bei anderer Gelegenheit lächelnd, plaudernd und sogar lachend wie ausgelassene Schüler, wenn der Schulmeister beschäftigt ist. Und beschäftigt war der Heilige Vater, denn auf ihm (und erst in zweiter Linie auf Monseigneur Du Perron und Abbé d’Ossat) ruhte alles Gewicht der Zeremonie.
    Ein Herold in den päpstlichen Farben betrat die Szene, und offenbar eigneten ihm drei Tugenden: Er verstand Latein, war von herkulischer Statur und hatte eine Stentorstimme. Er gebot Schweigen, und wahrhaftig, so zahllos die Menschenmenge auch war, sie schwieg. Nun erschallten Trompeten und Trommeln, doch kurz, mehr zur Bekräftigung des Schweigens, denn um es zu brechen. Als dieses Schmettern verstummte, machte der Heilige Vater ein Zeichen, und Monseigneur Du Perron in seiner violetten Robe trat beeindruckend und majestätisch herzu, rechts neben sich den kleinen Abbé d’Ossat in seiner schwarzen Soutane, doch bevor jemand über die Disproportion von ihrer beider Wuchs und Umfang lachen konnte, knieten sie barhaupt vor dem Heiligen Vater nieder, auf einem kleinen Teppich, den man zu diesem Zweck vor seinen Thron gebreitet hatte.
    Nun entspann sich ein lateinischer Dialog zwischen dem Papst und den beiden Franzosen, den der Herold nach jeder Replik ins Italienische übersetzte, und das Publikum lauschtemit einer Andacht, die man wohl als religiös bezeichnen durfte, da selbst die Kardinäle schwiegen und sich auf Blicke hier und da beschränkten.
    »Wer seid Ihr?« fragte der Papst, dem seine Rolle vorschrieb, diese Frage zu stellen, auch wenn er die Antwort wußte.
    »Heiliger Vater«, sagte Monseigneur Du Perron mit seiner wohlklingenden, tiefen Stimme, »wir sind die demütigen Untertanen Seiner Majestät Heinrichs IV., Königs von Frankreich, und ermächtigt, in seinem Namen bei Eurer Heiligkeit um Absolution von der Sünde der Ketzerei zu ersuchen und um die Aufnahme als gehorsamer Sohn in die römische, katholische, apostolische Kirche, indem wir in seinem Namen Unterwerfung unter die Gebote Eurer Heiligkeit geloben.«
    Die italienische Übersetzung dieser Bitte wurde bekräftigt durch das »Amen« und das freudige Gemurmel der römischen Menge, die bekanntlich die Franzosen in gleichem Maße liebte, wie sie die Spanier verabscheute. Mir schien, daß der Herold diese Empfindungen teilte und der Freude gern weiteren Raum gelassen hätte, doch auf ein Zeichen des Staatssekretärs, des Kardinals Cynthio Aldobrandini, rief er mit einer Stimme, die ohne Anstrengung auf dem weiten

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