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Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Titel: Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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größer gewesen. Denn würde die gallikanische Kirche sich gezwungenermaßen vom Papsttum unabhängig erklärt haben, hätte sie sich den Reformen der Protestanten weit mehr geöffnet, und der Geist der Franzosen hätte vielleicht eine tiefgreifende Wandlung erfahren.«
    »Aber doch nur um den Preis endlos verlängerter Bürgerkriege«, sagte ich.
    »Gewiß«, sagte La Surie, »es wäre ein sehr hoher Preis gewesen. Aber …«
    Mit diesem »Aber« verstummte er, und ich ließ es dabei, verspürte doch auch ich ein leises Unbehagen bei diesem Sieg, der ja gleichzeitig eine Ableugnung war, die für die Zukunft des Reiches noch unabsehbare Folgen enthielt.

ELFTES KAPITEL
     
    Am Tag nach der Absolutionszeremonie verließ ich Rom, ohne die anschließenden Freudenfeiern abzuwarten. Monseigneur Du Perron gab mir einen Brief an den König mit, den er mich einsehen ließ und in dem er sich gegen den Vorwurf, der seitens der französischen Hugenotten zu erwarten stand, verwahrte, er habe dem Heiligen Vater zu große Zugeständnisse gemacht. Die Beauftragten – das heißt, er selbst und d’Ossat –, so schrieb er zu meiner Belustigung unter anderem, hätten bei ihren Unterhandlungen mit dem Vatikan »von der weltlichen Autorität des Königs nicht ein Haar preisgegeben«.
    Voller Melancholie des so süßen wie traurigen Abschieds von Teresa gedenkend, kam ich nach Florenz, wo der Großherzog von Toskana, in seiner Freude über die Absolution des Königs von Frankreich und über den Schlag, der damit Philipp II. beigebracht worden war, geruhte, mich an seine Tafel zu laden und – vermutlich nicht ohne Hintergedanken – mich seiner Nichte, Maria von Medici, vorzustellen, der ich kniefällig die Hand küßte, ohne irgend zu ahnen, daß diese Prinzessin, die mir während der ganzen Mahlzeit ziemlich ungnädig und übellaunig erschien, eines Tages Königin von Frankreich werden würde. Gewiß aber dachte der Großherzog schon daran, war es doch sein ganzes Streben, seinen kleinen Staat durch die Allianz mit einem großen König zu sichern.
    Daß ich Teresa vergessen hätte mit dem Moment, da ich französischen Boden betrat, kann ich nicht behaupten. Die Erinnerung an die Pasticciera ist noch heute, nach so vielen Jahren, in mir lebendig, eine Weile unterhielt ich sogar einen Briefwechsel mit ihr, der jedoch ob ihres sehr mangelhaften Vermögens zu schreiben versandete. Doch obwohl ich ihrem Andenken einen Winkel in meinem zärtlichen Herzen bis heute bewahre, versank sie ebenso wie Rom, das ich wahrscheinlich ja nicht wiedersehen würde, vorerst in die Vergangenheit, als ich die Grenze passierte. Auch auf die Gefahr hin, daß manmich wieder einmal der Flatterhaftigkeit zeihen wird, gestehe ich, daß von Nizza an, wo ich Italien auf immer hinter mir ließ, mein Sinn nur mehr von der bebenden, ja jubelnden Freude erfüllt war, meine kleine Herzogin wiederzusehen, mochte sich bei einigem Nachdenken auch ein wenig Reue darein mischen.
    Am Tag nach meiner Ankunft in Paris, mit noch schmerzenden Lenden von dem wochenlangen Ritt, wurde ich im Louvre vom König empfangen. Er war, wie gewohnt, schon zu Bett, und nachdem er beim Kerzenschein den Brief Du Perrons und d’Ossats gelesen hatte, wollte er meinen kompletten Bericht der vatikanischen Intrigen um die Absolution hören, von dem Zeitpunkt an, als Giovanni Francesco von Madrid zurückgekehrt war; das Vorangegangene kannte er durch Miroul. Ich bemühte mich, alles, so konzis, klar, lebendig und ergötzlich ich konnte, darzustellen, wußte ich doch, wie sehr Seine Majestät Phrasen verabscheute. Hierauf stellte er mir einige genaue und scharfe Fragen, die mir den Gedanken nahelegten, er habe zur selben Zeit, da ich dort war, noch andere Informanten als mich, La Surie oder d’Ossat in Rom gehabt. Ich ließ es mich nicht verdrießen, Henri, das war bekannt, hörte in zivilen wie in militärischen Fragen seit jeher gern mehr als eine Stimme läuten.
    Hierauf erzählte ich, welch gnädigen Empfang der Großherzog von Toskana mir in Florenz gewährt hatte, vergaß auch die Ehre nicht, daß ich Maria von Medici vorgestellt worden war, deren frischen und rundlichen Anblick ich lobte. Der König vernahm es mit einem gewissen Lächeln, ohne nach ihrem Charakter zu fragen, und so schwieg ich weislich hierüber. Denn es lag auf der Hand, daß Seine Majestät jetzt, da er mit dem Papst ausgesöhnt war, diesen um die Scheidung von Marguerite ersuchen würde, um seine Thronfolge durch eine

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