Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition)
Ligisten und setzten sich neben mir um den Tisch, sieben Mann, die ich nach ihrem Aufzug für kleine Händler und Butiker hielt, wie sie unter den »Sech zehn « hochgekommen waren wie Schaum. Scheinheilige, die sich als Streiter für die wahre Religion gegen die Ketzerei ausgaben, in Wahrheit aber nur sich gute Stellen und spanische Dublonen ergattern wollten. Kurz gesagt, elende Verräter, denen Heinrich IV. nach der Einnahme von Paris edelmütig vergeben hatte, die ihn ebendarum aus niederer Seele haßten, sich seines Unglücks freuten und die Stunde gekommen glaubten, auf Frankreichs Trümmern ihr neues Glück zu gründen.
Je drei dieser Esel nahmen an den Längsseiten des rechteckigen Tisches Platz und an einer Schmalseite ein Fettsack mit dickem Hals, der mit puterrotem Gesicht und großem Maul sich als die Autorität der Runde aufspielte. Außer einem starkenMesser, wie seine anderen Gefährten, trug er eine Pistole im Gürtel, was ich mit Sorge sah, denn auch das beste Kettenhemd hält eine Kugel nicht ab.
»Freunde«, sagte der Dicke mit dröhnender Stimme, »da unsere Dinge so gut laufen, pfeifen wir auf alle Knauserei! Nehmen wir jeder eine Flasche. Ein Schlappschwanz, wer sich raushalten will! Soll er sich zum Teufel scheren! Jaquette! Jaquette!« brüllte er nach dem Schankmädchen, »sieben Flaschen hierher, auf unseren Tisch! Und ein bißchen plötzlich, Dirne, sonst schlitz ich dir den Bauch bis zur Kehle auf!«
»Monsieur, was sind das für schmutzige und ungezogene Reden«, sagte Jaquette, die Krallen ausgefahren wie eine Katze. »Und was den Wein anlangt, so braucht es Zeit, ihn abzuziehen. Außerdem habe ich auch nur zwei Hände, um sieben Flaschen herbeizuschaffen.«
»Wirt!« schrie der Fettsack, »stopf diesem Weibsbild das freche Maul, oder, beim Arsch der Königshure, ich schling ihr ihre Gedärme um den Hals!«
»Mach, Jaquette, spute dich«, sagte der Wirt, seinen Ärger zügelnd, doch blickte er unter schweren Lidern hervor nicht eben freundlich nach dem Grobian.
Jaquette ging ohne jede Eile in Richtung Keller, drehte sich aber vor der Tür um.
»Meine Mutter sagt«, sprach sie, ohne jemanden anzusehen, mit gefährlich sanfter Stimme, »wer im Wirtshaus den Angeber spielt und ehrbare Leute aufschlitzen will, der zeigt im Kampf den Rücken.«
»Potzblitz!« brüllte der Dicke, »den Wein her, Wirt, oder ich lege Feuer an dein Bordell!«
»Ich gehe schon«, sagte der Wirt, der ja wußte, wozu meine Gefährten und ich dort waren, und das Scharmützel lieber uns überlassen wollte.
Bald kam er aus dem Keller herauf, aber nicht von dem Schankmädchen gefolgt, sondern von einer verhutzelten Alten, die drei Flaschen gegen ihren verdorrten Busen drückte, den Rest trug der Wirt.
»Holla, Wirt!« sagte der Dicke, »wo hast du das Teufelsweib gelassen? Ich schulde ihr ein paar gehörige Maulschellen.«
»Die hat sie von mir schon bekommen«, sagte der Wirt, die Lider über die dunklen Augen gesenkt.
»Von wegen!« versetzte der Fettsack und stand auf. »Du zeigst mir sofort ihre Kammer, daß ich sie für ihr dreistes Maul bestrafe.«
»Meister, in meiner Wirtsstube«, sagte der Wirt mit ruhiger Stimme, »mögt Ihr den Ton angeben. In meinem Haus bin ich der Herr.«
»Bah, laßt! Meister Martinet«, sagte einer der Ligisten, »trinken wir erst! Das Luder entgeht unserer Strafe nicht. Mit Wein im Blut prügelt sich’s desto besser.«
Die Runde stimmte ihm bei, und nach kurzem Zaudern, knurrend wie eine angekettete Dogge, setzte sich besagter Martinet, weil ihn entweder noch mehr nach Wein dürstete als nach Rache oder weil die dunklen Blicke des Wirts ihm Eindruck gemacht hatten.
Die ganze Zeit dieses Geplänkels war ich still geblieben wie eine Maus, den Hut in die Augen gedrückt und die Nase im Becher, meine Leute hinter mir rührten sich ebensowenig. Und die übrigen Gäste da und dort in dem gewölbten und verräucherten Raum zeigten auch kein Verlangen, sich mit dem krawallierenden Fettwanst anzulegen, der Messer und Pistole im Gürtel trug. Besagter Martinet aber schien sich in der Herrschaft zu gefallen, die er über die Schankstube ausübte. Denn kaum hatte er seine Flasche leer, bestellte er die zweite und trank, eine Hand in die Hüfte gestemmt, indem er aus seinen Schweinsäuglein herausfordernd um sich blickte.
»Holla, Wirt!« schrie er, »bring mir ein Stück geröstetes Brot und den größten Becher, den du hast, ich will einen Toast ausbringen, um die Gesellschaft
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