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Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Titel: Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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aufzuheitern, die sind ja alle trübselig wie der Furz eines toten Esels.«
    Der Wirt war diesen Wunsch Martinets wohl schon gewohnt, denn augenblicks brachte er einen Humpen herbei, der bestimmt zwei Drittel einer Flasche faßte, und ein Röstbrot, das Martinet in den Humpen steckte, bevor er den Wein eingoß. Worauf er sich erhob.
    »Kameraden!« rief er dröhnend, »wem bringen wir diesen Toast?«
    »Dem König!« erscholl die Antwort seiner Gesellen.
    »Und welchem König?« schrie triumphierend Martinet. »Nennen wir König etwa den Ketzer und stinkenden Bock von Navarra, Bastard der Hure Jeanne d’Albret?«
    »Niemals! Niemals!« schrien die Gesellen.
    »Alsdann, welchem König?« wiederholte Martinet.
    »Dem Allerchristlichsten König!« schrie der Chor.
    »Und wer ist der Allerchristlichste König, letzter Hort des Glaubens, frommer und wackerer Streiter für die Heilige katholische, apostolische, römische Kirche?«
    »Philipp II. von Spanien!« schrie der Chor.
    »Alsdann«, sagte Martinet, indem er sein Messer zog und es vor sich auf den Tisch legte, was die anderen ihm sogleich nachtaten, »ich bringe diesen Toast auf die Gesundheit und das Wohl Philipps II. von Spanien aus, auf seinen Sieg vor Amiens und seinen baldigen Einzug in Paris!«
    Hierauf trank er einen Schluck und gab den Humpen an seinen rechten Nachbarn weiter.
    »Jetzt du, Kamerad!« grölte er, »aber sei nicht so versoffen, daß du mehr trinkst als einen Schluck! Das muß für alle hier reichen! Und wer leer ausgeht, kriegt den Toast am Grund, und, bei Martinets Wort, wenn ich dem nicht eine Flasche für sich allein spendiere, sollen mich alle Höllenteufel lebendig aufspießen!«
    Nachdem der Humpen rundum gegangen war, befahl Martinet dem letzten seiner Gesellen, ihn an mich weiterzureichen, der ich so allein daneben säße.
    »Potztausend, Nachbar!« schrie er. »Ich bin kein Geizkragen! Wenn ich trinke, soll keiner zusehen müssen! Wenn ich furze, furzen alle! Los, Kamerad!« fuhr er fort, indem er mich aus seinen bösen Schweinsäuglein begaffte, »scheiß auf die Einsamkeit! Nimm den Humpen, und trink auf die Gesundheit, du weißt, von wem!«
    Hierauf warf ich zuerst einen Blick hinter mich und versicherte mich, da ich meinen Miroul nicht sah, daß er Posten bezogen hatte.
    »Vielen Dank«, sagte ich dann zu Martinet, »daß Ihr mir Gelegenheit gebt, einen Toast auf einen König auszubringen, den ich bewundere und verehre.«
    Und indem ich aufstand, faßte ich mit der Linken den Humpen und packte mit der Rechten meinen Knüppel.
    »So ist’s recht!« rief Martinet, obwohl er etwas enttäuscht wirkte, daß er mich nicht terrorisieren konnte. »Das ist unser Mann!« erklärte er seinen Gesellen. »Der denkt richtig! Der weiß, was jetzt in Klöstern und Sakristeien geflüstert wird!«
    »Alsdann«, sagte ich, indem ich mit Humpen und Knüppel zu ihnen trat, »ich trinke!«
    Dann wechselte ich jählings Ton und Haltung, pflanzte mich auf meine zwei Beine, tat, als tränke ich, und stellte dann den Humpen ab.
    »Ich habe«, rief ich mit starker Stimme, »auf die Gesundheit, das Wohlergehen und den Sieg meines Königs und natürlichen Herrschers getrunken, auf Heinrich IV. von Frankreich!«
    Die Timpel starrten mich an wie betäubt.
    »Meine Herren«, sagte ich lässig, meinen Stock in beiden Händen, »es greife keiner von euch nach den Messern, die ihr so wacker auf den Tisch legtet, oder ich breche ihm das Handgelenk.«
    Die sechs Gesellen blickten auf ihren Anführer, als erwarteten sie seinen Befehl, und der, bei meiner jähen Attacke leicht erblaßt, faßte sich, da er mich allein stehen sah, denn meine Leute rührten sich nicht von ihrem Tisch, und brach in lautes Gelächter aus.
    »Potzblitz, Kameraden, wir sind unser sieben! Und dieser verbohrte Ketzer will mit seinem Knüppel gegen sieben Messer und eine gute Pistole antreten! Dem puste ich seinen Hirtenstab aus der Hand, dann stechen wir ihn ab und schmeißen ihn in die Seine!«
    »Meister«, sagte ich ruhig, »ich glaube, du scherzt! Du willst mich umbringen, weil ich, ein Franzose, auf den König von Frankreich trinke? Das wäre feiger und ehrloser Mord!«
    »Haha!« rief lachend Martinet, »einen lausigen Ketzer zu töten ist doch kein Mord! Was glaubst du, wie viele ich in den Tagen und Nächten von Sankt Bartholomäus habe hopsgehen lassen? Und wie viele ich noch hopsgehen lassen werde, wenn Philipp II. Paris einnimmt! Armer Idiot du!«
    »Gut«, sagte ich, ihm fest in

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