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Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Titel: Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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kennten, bevor er nach Amiens abgeht?«
    »Ich wüßte nicht«, sagte Rosny eigensinnig, »daß ich verpflichtet wäre, dem Kanzler Cheverny und Monsieur de Fresnes die Briefe vorzulegen, die ich dem König schreibe.«
    »Aber, Monsieur«, sagte Fayet (der Chevernys Kreatur war), »Ihr könntet ihn doch mir vorlesen, und ich würde ihnen den Inhalt übermitteln.«
    »Und was brächte uns das?« fragte Rosny.
    »Vielleicht könnten wir miteinander begradigen, was Ihr krumm fandet, ohne daß der König mit solchen Quisquilien 1 behelligt wird!«
    »Schön, Monsieur«, sagte Rosny, der nichts anderes gewollt hatte, »Eure reizende Insistenz besiegt meinen Widerstand. Bitte sehr!«
    Ha, Leser! Wie bedauerte ich, daß ich Fayets Gesicht nicht sehen konnte, als Rosny ihm mit schmetternder Stimme denBrief vorlas, in dem er schonungslos berichtete, wie Madame und er Robins Diamanten zurückgewiesen hatten und wie dieser sie dann Madame de Sourdis und Madame de Deuilly verehrt hatte, mit den bekannten Wirkungen beim Kanzler und bei Monsieur de Fresnes, die Ämterpacht Robins betreffend.
    »Monsieur! Monsieur!« rief Fayet, »man muß schon sagen, daß Ihr in Eurem Brief gegen die Personen nicht eben rücksichtsvoll seid.«
    »Und auch nicht gegen die Wahrheit!« sagte Rosny trocken.
    »Aber«, fuhr Fayet mit dünner Stimme fort, »es werden auch zwei Damen erwähnt …«
    »Die Robins Diamanten unrechtmäßig genommen haben, wohl wissend, daß nichts umsonst ist.«
    »Gewiß! Aber Monsieur! Ihr müßt doch bedenken, daß Madame de Sourdis immerhin die Tante der Marquise de Montceaux ist!«
    »Die ja wohl«, erwiderte Rosny kalt, »Diamanten genug hat, um ihrer Tante einen zu schenken, wenn sie will.«
    »Aber Monsieur, gibt es da nicht einen Ausweg?« fragte Fayet mit bebender Stimme.
    »Doch, Ihr habt ihn selbst vorgeschlagen: Sollen die Herren begradigen, was krumm ist, und ich werfe den Brief in Eurem Beisein ins Feuer.«
    »Aber Monsieur, werdet Ihr nicht einen neuen schreiben, wenn dieser verbrannt ist?«
    »Fayet«, sagte Rosny bestimmt, »was mich angeht, ich habe nur eine Zunge. Im übrigen sind das ›Quisquilien‹, wie Ihr so treffend sagtet.«
    Sehr erregt entschwand hierauf Fayet, um eine halbe Stunde später mit einem Brief von Cheverny wiederzukommen, in welchem ausdrücklich stand, daß der Rat den Beschluß zugunsten Robins kassiere und es künftig ausschließlich Rosny überlasse, die Ämter zu verkaufen, wie dies auch ganz im Sinne des Königs sei.
    »Spät beugen sich die Herren«, sagte Rosny.
    Und nach diesem Partherpfeil fuhr er fort: »Gut, ich bin befriedigt. Nun schafft auch Ihr Euch Befriedigung, Fayet, indem Ihr meinen Brief dort ins Feuer werft.«
    Was Fayet tat, nicht ohne den Brief vorher zu lesen, um sicherzugehen, daß es wirklich der war, den man ihm vorgelesen hatte.
    Als ich nach Hause kam, erzählte ich die ganze Geschichte dem Chevalier de La Surie, der lachte und eine ganze Weile brauchte, bis er sich ausgelacht hatte.
    »Ich wette, mein Pierre«, sagte er dann, »du wirst die ganze Chose dem König erzählen, wenn wir mit dem Gold ins Feldlager vor Amiens kommen.«
    »Wir, Chevalier?« fragte ich, baß erstaunt. »Habe ich gesagt, daß Ihr mich begleiten sollt?«
    »Ach, pfui, Pierre!« sagte La Surie, »laß die Schrauberei! Ich weiß von Pissebœuf, daß du ihm die Nachhut der Eskorte geben willst und mir die Vorhut.«
    »Die Pest über den Gascogner Schwätzer!« rief ich lachend. »Doch wie hättest du auch zweifeln können, Miroul? Ja, ich werde dem König die ganze Chose erzählen, zumal sie Rosnys Tugend in hellem Lichte zeigt und in so trübem die von Fresnes, Cheverny und den anderen Herrschaften, die nur daran denken, sich die Taschen zu füllen, während der König und sein tapferer Adel vor Amiens ihr Leben aufs Spiel setzen.«
    »Nur eins«, sagte Miroul bedachtsam, »Rosny hat Fayet Stillschweigen versprochen.«
    »Das hat er für sich versprochen, aber nicht für mich. Und warum, meinst du, hat er mich in das Kabinett geschickt, bei angelehnter Tür, wenn nicht, damit ich die Szene vor Henri bezeuge?«
    »Beim Ochsenhorn!« sagte La Surie, »mir fällt es wie Schuppen von den Augen! Rosny gibt Fayet sein Wort, richtet es aber so ein, daß du zugegen bist … Man kann nicht leugnen, daß dein Rosny ein wahrer Machiavell ist.«
    »Mein Rosny ist ein redlicher, großer Mann. Aber weißt du das nicht wie ich, Miroul? Auch gute Politik ist niemals unschuldig.«
     
    Mein

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