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Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Titel: Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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glaube, deine Herrin ist ein bißchen meine Cousine, und ich bitte dich, geh und teile ihr das unter vier Augen mit, auf daß sie mir die Gnade eines Gesprächs erweise.«
    »Herr Marquis«, sagte sie, und ihr Gesicht wurde tieftraurig und weinerlich, »ich tue, wie Ihr wünscht.«
    »Aber, Louison, warum sagst du das so betrübt?«
    »Ach, Monsieur, wenn Ihr erst meine Herrin seht, werdet Ihr mich nicht mehr wollen. Sie ist so schön! Obwohl«, setzte sie mit etwas Hämischem im Blick hinzu, »sie ist lange nicht so jung wie ich und lange nicht so gutmütig.«
    »Kindchen«, erwiderte ich lachend, »geh schnell. Und glaube mir, daß ich dir gute Freundschaft wahre für deinen liebenswerten Empfang.«
    Bevor sie gehorchte, kleidete sie sich sorgsam an und kämmte ihr Haar, nicht ohne eine Schmollmiene aufzusetzen und sich durch kleine Seitenblicke zu versichern, daß ich sie nicht aus den Augen ließ.
    Die Kammer dünkte mich weniger hell und fröhlich, als sie ging, indem sie gleichsam eine leuchtende Spur hinter sich ließ und in der Luft etwas von Süße. Aber wahrscheinlich war diese Süße in mir, denn als ich meine Kleider und Haare ordnete, betrachtete ich mich im Spiegel über dem kleinen Waschbecken und sah ganz überrascht, wie erquickt und gelöst meine Züge waren trotz aller lauernden Gefahren.
     
    Madame de Saint-Paul hatte ihre Musikantinnen fortgeschickt und empfing mich in einem kleinen Kabinett, hingestreckt auf eine Liegebank, ohne jede Schminke, die Haare weder gewaschen noch frisiert, und in einem Gewand, das unsere Damen »Déshabillé« nennen, vermutlich, weil es nichts zeigt, nur alles ahnen läßt. Doch war besagtes Déshabillé, offen gestanden, nicht lang genug, um nicht ein schmales Stückchen Bein und einen wunderhübsch gewölbten Fuß sehen zu lassen, der seinen Pantoffel abgeworfen hatte. Um es ehrlich zu gestehen: Dieser Fuß beschäftigte mich stark. Und wenn die Höflichkeit mich auch hinderte, die Augen nur auf ihn zu heften, stahl sichmein Blick doch von Zeit zu Zeit zu ihm hin, angezogen wie der Feilspan vom Magneten.
    Nicht, daß der Rest der Person aber nicht ebenso angenehm zu betrachten gewesen wäre. Madame de Saint-Paul hatte sehr schöne kastanienbraune Haare, eine runde weiße Stirn, eine gerade Nase und entzückend geschürzte Lippen, die man nicht ansehen konnte ohne den Wunsch, sie mit den eigenen zu vermessen. Dazu die schönsten Augen der Welt, groß und tiefblau, gesäumt von schwarzen Wimpern, die einen auf sehr besondere Weise anblickten, denn Madame de Saint-Paul drehte gern ihren Hals und äugte von der Seite her, so daß das Blau der Iris den Augenwinkel füllte. So versandte sie gleich eingangs mehrere tödliche Treffer wie jene Parther, die, sich seitlich aufs Pferd schwingend, den Feind bereits im Lospreschen mit ihren Pfeilen beschossen. Was ihren Körperbau und ihre Wölbungen anging, würde ich kurzerhand sagen, daß es nichts auszusetzen gab, auch hierin war Madame de Saint-Paul vollkommen, von Kopf bis Fuß. Sie sehen, auf den Fuß komme ich immer zurück.
    »Monsieur«, sagte sie mit einem Hochmut, der mich ein wenig affektiert anmutete, »es wundert mich, daß Ihr die Stirn habt, mit einem wer weiß wo aufgetriebenen Schlüssel bei mir einzudringen und vor allem unter dem Vorwand, mein Verwandter zu sein.«
    »Madame«, sagte ich in bescheidenem Ton und mit tiefer Verneigung, »ich bitte ergebenst um Entschuldigung, daß ich, gedrängt durch meine Lage, die Regeln der Höflichkeit übertrat. Ich kam hierher mit meinem Schwager, um den Herzog von Guise zu besuchen, doch hat Monsieur de Saint-Paul uns wie Gefangene in den Oberstock eingesperrt, wo ich durchs offene Fenster eine himmlische Stimme singen hörte. Da ich nun dachte, es müsse die von Madame de Saint-Paul sein, und da ich von meinem Schwager, dem Marquis von Quéribus, erfuhr, daß Ihr eine geborene Caumont aus dem Périgord wäret, und weil auch meine Mutter Isabella eine geborene Caumont war, glaubte ich …«
    »Ihr glaubtet zu Unrecht«, fiel sie mir stolzgeschwellt ins Wort, »denn allerdings bin ich eine Caumont, aber nicht aus dem Périgord. Und obwohl ich hörte, daß es eine gute alte Familie ist, haben wir doch nur den Namen gemeinsam.«
    »Ha, Madame!« sagte ich, »ich bin untröstlich, der schmeichelhaften Hoffnung entsagen zu müssen, daß ich Euer Cousin sein könnte, welchselbe Hoffnung in dem Moment aufkeimte, als ich Eure göttliche Stimme vernahm, und die mit dem ersten

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