Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Titel: Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
Vom Netzwerk:
und kann Euer Gefolge verstärken. Sodann muß nach Leutnant Rousselet gesucht werden, den Monsieur de Saint-Paul irgendwo eingekerkert hat, damit er Euch unsere Ankunft nicht melden könne. Schließlich gilt es, Monsieur de Saint-Paul aufzufordern, daß er die spanische Garnison aus dem Turm am Marstor abzieht, denn solange sie da ist, werdet Ihr der Stadt und Saint-Pauls niemals Herr werden.«
    »Das habe ich doch getan!« rief der Herzog von Guise mit erneuter Rage. »Heute morgen! Im Ballspielhaus! Als ich mit ihm Paume spielte! Er war gerade gut gelaunt, weil er mir zehn Ecus abgewonnen hatte, und so sagte ich: ›Mein Großer‹ – ich nenne ihn immer ›mein Großer‹, weil er genauso groß ist wie ich –, ›mach mir und dem Volk die Freude‹, sagte ich, ›und laß die spanische Garnison abziehen aus Reims.‹ – ›Mein gnädiger Herr‹, gibt er mir, schon wieder mit unsäglichem Hochmut, zur Antwort, ›redet mir nicht davon! Das kommt gar nicht in Frage!‹
    Kurzum, Siorac«, fuhr der Herzog flammenden Auges fort, »er wagt es, mir zu trotzen, mir, dem Herzog von Guise! Er, der Sohn eines Lakaien, der wer weiß welchen Niederungen entsprossen ist! Und noch am selben Tag, es ist unfaßlich, versucht er, meinen Verwandten gefangenzusetzen und meinen Sekretär zu ermorden.«
    Und außer sich vor Zorn, griff der Herzog mit frappierender Behendigkeit nach dem Degen, welchen er zuvor auf sein Lager geworfen, und versetzte der Puppe einen so heftigen Stich, daß er sie durchbohrte.
    »Siehst du, Péricard«, sagte der Prinz, indem er seine Klinge herauszog, »siehst du, welche Fortschritte ich gemacht habe? Jetzt treffe ich ihn jedesmal ins Herz.«
     
    Der Prinz von Joinville stellte es Péricard und mir anheim, unsere nächtliche Expedition zu planen, und wir beschlossen als erstes, von den sechzig Mann des herzoglichen Gefolges nur dieHälfte mitzunehmen, die übrigen würden im Haus bleiben mit dem Auftrag, sich zu wappnen und sofort jeglichen festzusetzen – gleichviel, ob Soldat, Lakai oder Kammerjungfer –, der versuchen sollte, sich davonzustehlen, könnten es doch Spione sein, die Saint-Paul über unsere Bewegungen informieren wollten. Zweitens sollten die beiden leichtverwundeten Edelherren von Quéribus die geheimen Räume nicht verlassen, zu denen nur der behandelnde Wundarzt Zutritt hätte. Drittens würden Quéribus und ich (sehr zu Quéribus’ Leidwesen) Wämser aus Büffelleder anlegen und Helme aufsetzen, um als einfache herzogliche Offiziere durchzugehen. Viertens würden, zum selben Zweck, Pissebœuf und Poussevent (zu ihrer unsäglichen Entrüstung) in die Guise-Farben gekleidet und der Garde eingegliedert.
    Der Mond stand voll und hoch und erhellte eine kalte Nacht, die nichts von Frühling ahnen ließ, und so zogen wir ohne Fackeln zum Westtor, wo die wackeren Bürgermilizen dösten, ohne daß auch nur ein Mann auf den Wällen Wache hielt.
    »Wahrlich!« sagte der Herzog, als er in die Wachstube trat, »hätte der König heute nacht das Westtor angegriffen, er hätte die Stadt genommen! Sergeant«, fuhr er fort, indem er diesem seinen Dolch auf die Brust setzte, »sag bei deinem Leben, wo sich Leutnant Rousselet befindet.«
    »Hier, Monseigneur«, sagte der Sergeant mit bebenden Lippen. »Monsieur de Saint-Paul hat ihn heute früh hier in einer Zelle gefangengesetzt, den Schlüssel zum Vorhängeschloß hat er mitgenommen.«
    »Und wer, zum Teufel, hinderte euch«, schrie der Herzog, »das elende Vorhängeschloß mit einem Hammerschlag zu sprengen und euren Leutnant zu befreien?«
    »Monseigneur«, sagte der Sergeant, »dem Menschen ist nur ein Hals gegeben für Luft und Odem, Essen und Trinken.«
    »Welchselbiger Hals«, sagte Péricard, »dir gleich abhanden kommen wird, wenn du die Zellentür nicht öffnest.«
    »Monseigneur«, fragte der Sergeant den Herzog von Guise, »gebt Ihr mir den Befehl?«
    »Und ob!«
    »Bei meinem Leben?«
    »Soll ich dir’s nehmen, damit du überzeugt bist?«
    »Kameraden«, sagte der Sergeant zu den anderen vier oder fünf Männern in der Wachstube, »Ihr seid Zeugen, daß der HerrHerzog von Guise mir bei meinem Leben befohlen hat, das Vorhängeschloß aufzubrechen! Rabourdin, hol einen Hammer!«
    »Gevatter«, sagte Rabourdin, »befiehlst du es mir bei meinem Leben?«
    »Und ob!«
    »Gut. Bin gleich zurück.«
    »Was für Formalisten diese Leute sind!« sagte der Herzog.
    »Oder Geängstigte«, sagte Péricard leise. »Kameraden«, fuhr er gegen die

Weitere Kostenlose Bücher