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Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Titel: Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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Diou!« rief Pissebœuf, doch ich machte ihm schnell ein Zeichen, sich auf die Zunge zu beißen, denn wie er hatte ich nach der Beschreibung den »Sechzehner« Bahuet erkannt, der mein Haus in Paris rechtswidrig besetzt hatte und es nach dem Einzug des Königs in seine Hauptstadt verlassen mußte.
    »Malevault«, fuhr ich fort, »weißt du, wann dieser Mann nach Reims kam?«
    »Ende März, aus Paris, danach ist auch sein Akzent. Und mit einer Bande, die wir ausschalten mußten.«
    »Warum?«
    »Wir haben nicht dieselben Schutzpatrone«, sagte Malevault mit frommer Miene. »Die Pariser haben die heilige Genoveva, wir Reimser den heiligen Rémi. Außerdem geht das Geschäft schlecht, und wir wollen keine fremden Köter an unserem Freßnapf.«
    »Und wie nahm das der Besagte auf?«
    »Nicht krumm, er schwimmt in neuem Wasser.«
    »Was meinst du damit?«
    »Ich sah ihn im Gefolge des Barons de La Tour.«
    »Cap de Diou!« rief Pissebœuf, dem ich wiederum das Zeichen machte zu schweigen, während ich laut zu ihm sagte, er solle Péricard holen gehen. Und als dieser kam, mahnte ich ihn auf lateinisch, er möge sich nichts anmerken lassen bei dem, was Malevault ihm auf mein Geheiß wiederholen werde. Doch blaß zu werden, konnte der arme Péricard sich nicht hindern, als der Name La Tour fiel, und ich sage gleich, warum.
    Dieser Péricard, der dem Vater treu gedient hatte und jetzt dem Sohn diente, war ein wohlgestalter Mann, groß, mit schönem Gesicht, wenngleich schon ergraut, mit höflichen Manieren, und auch ein Mann von Geist, Geschick und Gewandtheit, der Liga wenig zugetan, aber sehr ergeben dem Haus Guise, das er, ebenso wie Frau von Guise, gerne mit dem König ausgesöhnt hätte, um es vor dem Untergang zu retten. Und ebendas war der Grund, denke ich, weshalb Saint-Paul versucht hatte, ihn mittels einer verbrecherischen Kette von La Tour über Bahuet bis Malevault heute ermorden zu lassen.
    Als Péricard ging, um Prinz von Joinville über das Was und Wie der Geschichte zu unterrichten und um ein vertrauliches Gespräch für mich zu ersuchen, lächelte besagter Malevault mit halbem Mund.
    »Anscheinend«, sagte er mit seiner schleppenden, heiseren Stimme, »habe ich den Fuß in ein Hornissennest gesetzt. Aber was bin ich, gnädiger Herr? Ein Schwert. Das sein Bestes tut, sich Eurer Hand zu fügen. Bin ich jetzt frei?«
    »Gemach. Hat der Mann, der dir befahl, den Edelmann zu ermorden, gleich bezahlt?«
    »Nein. Erste Hälfte bei Bestellung, die zweite hinterher.«
    »Also verlierst du eine Hälfte.«
    »Sieht so aus. Fünfzig Ecus.«
    »Ein großer Verlust.«
    »Ohne die Wunde im rechten Arm zu rechnen«, sagte Malevault mit dünnem Lächeln, »zum Glück bin ich Linkshänder.«
    »Wann siehst du den Mann?«
    »Morgen früh um sechs, in der Kirche von Saint-Rémi.«
    »Kann sein«, sagte ich, »er kommt nicht allein.«
    »Kann sein, ich auch nicht«, sagte Maulevault, die Augen unter schweren Lidern verborgen.
    »Vielleicht ist seine Pistole schneller als dein Messer.«
    »Vielleicht«, sagte Malevault ohne Wimpernzucken.
    »Das gefiele mir nicht«, sagte ich. »Ich will nicht, daß Baron de La Tour soviel Geld an Männer seines Gefolges zahlen muß. Besagter Mann kommt ihn teuer zu stehen.«
    »Er kann ihn billiger kommen, wenn Ihr wollt«, sagte Malevault, ein Blitzen in den Augen.
    »Wieviel?«
    »Fünfzig Ecus.«
    »Fünfundzwanzig. Wenn dein Messer vor seiner Kugel durch die Luft pfeift, machst du an seinen Waffen gute Beute.«
    »Na, topp!«
    Sogleich warf ich Pissebœuf meinen Beutel zu, der Malevault fünfundzwanzig Ecus aufzählte. Worauf ich diesem eigenhändig die geheime Tür öffnete und ihn hinausließ.
    »Was meinst du?« sagte ich zu Pissebœuf, als ich wiederkam, »wird er’s tun?«
    »Wird er. Schwere Jungs haben auch ihre Ehre. Aber, Moussu, ist es nicht böser Zufall, daß wir hier wieder auf diesen Bahuet treffen?«
    »Tja, wohin hätte er von Paris sonst gehen sollen? Zu Mayenne? Mayenne verabscheute die ›Sechzehn‹, er hat mehrere gehängt, nachdem sie Gerichtspräsident Brisson hingerichtethatten. Nein, nein! Bahuet konnte nur zu dem spanischfreundlichsten Erzligisten fliehen. Gleich und gleich gesellt sich gern.«
    »Friede seiner Seele«, sagte Pissebœuf, »denn sie wird seinen Körper in Kürze verlassen. Trotzdem, Moussu, ich staune, daß Ihr, Marquis de Siorac, sonst so menschlich, gütig und christlich wie keiner anderen Mutter Sohn in Frankreich, seine Ermordung angestiftet

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