Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Tag der Ameisen

Der Tag der Ameisen

Titel: Der Tag der Ameisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Werber
Vom Netzwerk:
dieser kalte Imbiß eingenommen, fordert von irgendwoher ein Signal die Menge auf, sich in Marschordnung aufzustellen. Auf zum Kreuzzug gegen die Finger! Abmarsch.
    Die Ameisen setzen sich in einem langen Zug in Bewegung.
    Bel-o-kan schickt seinen bewaffneten Arm nach Osten. Die Sonne verbreitet allmählich eine angenehme Wärme.
    Soldatinnen stimmen die alte Dufthymne an:
     
    Sonne, dring in unsere hohlen Panzer,
    Bewege unsere schmerzenden Muskeln
    Und einige unsere geteilten Gedanken.
     
    Rundherum fallen alle ein:
     
    Wir sind alle Sonnenstaub,
    Mögen die Lichtblasen unsere Gedanken erfüllen Wie unsere Gedanken auch eines Tages Lichtblasen sind.
    Wir sind alle Hitze.
    Wir sind alle Sonnenstaub.
    Möge die Erde uns den rechten Weg weisen.
    Wir durchqueren sie in allen Richtungen, bis wir den Ort finden, an dem wir nicht mehr weiterzugehen brauchen.
    Wir sind alle Sonnenstaub.
     
    Die Söldnerinnen von den Stachelameisen kennen die Pheromone der Worte nicht. Darum begleiten sie den Gesang dadurch, daß sie mit ihren Hinterleibstielchen kratzen. Um ihre Musik zu erzeugen, bewegen sie die Chitinspitze ihres Thorax auf dem gestreiften Abschnitt an ihrem untersten Hinter-leibsring. So bringen sie einen Ton hervor, der an das Zirpen der Grillen erinnert, aber trockener und nicht so klangvoll ist.
    Als das Kriegslied zu Ende ist, marschieren die Ameisen schweigend los. Von Gleichschritt kann zwar keine Rede sein, doch ihre Herzen schlagen alle im gleichen, heftigen Rhythmus. Alle denken sie an die Finger und die schrecklichen Sagen, die sie über diese Ungetüme gehört haben. Aber in einem solchen Verband kommen sie sich allmächtig vor und schreiten frohgemut voran. Selbst der aufkommende Wind scheint entschlossen, den großen Kreuzzug voranzutreiben und ihm die Aufgabe zu erleichtern.
    An der Spitze des Zugs schnüffelt Nr. 103 683 an den Gräsern und Zweigen, die über ihren Fühlern vorbeistreifen.
    Überall um sie herum findet sich der Geruch. Die Tierchen, die verängstigt flüchten, die bunten Blumen, die sie mit ihren verführerischen Düften anzulocken versuchen, die düsteren Stämme, die sicherlich feindliche Kommandos verbergen, die Adlerfarne voller Mittagskäfer …
    Ja, alles ist da. Wie beim ersten Mal. Alles ist von diesem einzigartigen Duft markiert: Dem Duft des großen Abenteuers, das jetzt beginnt!
     

66. ENZYKLOPÄDIE
     
    PARKINSONSCHES GESETZ: Das Parkinsonsche Gesetz (das nichts mit der gleichnamigen Krankheit zu tun hat) besagt, daß ein Unternehmen, je größer es wird, um so mittelmäßigere, aber nichtsdestoweniger überbezahlte Leute einstellt. Warum?
    Ganz einfach, weil die vorhandenen Führungskräfte Angst davor haben, daß Konkurrenten an die Macht kommen. Die beste Art und Weise, sich gefährliche Rivalen vom Leib zu halten, besteht darin, unfähige Mitarbeiter einzustellen. Die beste Art und Weise, bei ihnen jeglichen Versuch zu unterdrücken, Wellen zu schlagen, ist, sie zu gut zu bezahlen.
    So kann sich die herrschende Kaste stets in ruhiger Gewißheit wiegen.
    Edmond Wells Enzyklopädie des relativen und absoluten Wissens, Bd. 2

67. EIN NEUES VERBRECHEN
    »Professor Maximilian MacHarious war eine Kapazität an der Fakultät für Chemie der Universität von Arkansas. Er war zu einem Besuch in Frankreich und seit einer Woche in diesem Hotel abgestiegen«, berichtete Inspektor Cahuzacq, in seiner Akte blätternd.
    Jacques Méliès ging im Zimmer umher und machte Notizen.
    Ein Wachpolizist streckte den Kopf zur Tür herein: »Eine Journalistin vom Sonntagsecho möchte Sie sehen, Kommissar.
    Soll ich sie hereinlassen?«
    »Ja.«
    Laetitia Wells kam herein, wie immer toll aussehend in einem ihrer Kostüme aus schwarzer Seide.
    »Guten Tag, Kommissar.«
    »Guten Tag, Mademoiselle Wells! Was führt Sie denn Schönes hierher? Ich dachte, wir sollten jeder für sich arbeiten, auf daß der Bessere gewinne.«
    »Das hindert uns doch nicht, uns gleichzeitig am Schauplatz des Rätsels aufzuhalten. Schließlich analysieren wir doch auch jeder auf seine Art das Problem, wenn wir ›Denkfalle‹ schauen
    … Also, haben Sie die Phiolen des LAC begutachten lassen?«
    »Ja. Laut Labor könnte es sich um ein Gift handeln. Es ist eine ganze Menge Zeug drin, von dem ich den Namen wieder vergessen habe. Eines giftiger als das andere. Man kann alle möglichen Insektizide daraus herstellen, haben sie gesagt.«
    »Na schön, Kommissar, jetzt wissen Sie genausoviel darüber wie ich. Und die Autopsie

Weitere Kostenlose Bücher