Der Tag der Dissonanz
mal mit 'n paar der Insassen unter'alten, ohne daß dieses Eich'örnchen mit dem Piranha gesicht oder unser liebenswürdiger Führer Chokas dabei rumlungern. Ich 'ab von Waisen'äusern ge'ört, und das 'ier läßt selbst die besten davon wie dieses Verlies ausse'en, aus dem wir in Malderpöttchen ausgebüchst sind. Und genau das gefällt mir nich, Kumpel.« Er blickte an den stummen Mauern empor. »Es is einfach zu lieblich.«
»Ich bin nicht sicher, daß ich dir folgen kann.«
»Dann paß auf, Chef. Kinder sind schmutzig. Die machen genauso Dreck wie ich schwitze. Is ganz natürlich. Dieser Puff 'ier soll voll von Kindern sein, is aber so sauber wie die Intimpartien von Mylady.«
Roseroar sagte leise, wärend sie die vergitterten Fenster im Obergeschoß betrachtete: »Ich fand auch, daß es hia für so'n Haus merkwürdig ordentlich war. Fast wie 'ne Arztpraxis.«
»Du auch, Roseroar?« fragte Jon-Tom überrascht.
»Was haßt: ich auch? Was der Otta da sagt, ist einleuchtend. Ist ja kein Geheimnis, daß ich die Kleine nicht gerade ins Herz geschlossen hab, aba ich würde ruhiger schlafer wenn ich wüßte, daß sie in guten Händen ist.«
»Wenn ihr beiden das so seht, müssen wir erst mit ihr sprechen, bevor wir gehen.« Jon-Tom schritt wieder auf das Tor zu, doch Mudge hielt ihn am Arm fest.
»Immer mit der Ru'e, Bannsänger. Der olle Chokas war bloß so freundlich, weil wir ihm keine unangenehmen Fragen gestellt 'aben und auch nirgendwo rumgeschnüffelt 'aben, wo er uns nich 'inlassen wollte. Wenn er gewollt 'ätte, daß wir welche von seinen Kindern se'en, 'ätte er sie runterge'olt. Ich glaube nicht, daß er unserer kleinen Bitte Folge leisten würde.«
»Dafür gibt es einen guten Grund: Sie schlafen wahrscheinlich alle bereits. Es ist ja auch schon spät.«
»Alle?« fragte Mudge. »Das will ich bezweifeln. Was ist denn dann mit den Sprößlingen der Nachtlebewesen? Ziesel und Maulwürfe zum Beispiel?«
»Vielleicht sind die irgendwo getrennt untergebracht, damit die anderen durch ihr Nachtleben nicht gestört werden«, meinte Jon-Tom. »Wenn es Nachtlebewesen sind, brauchen die wohl kaum Zimmerbeleuchtung.«
»Dann würd man aber immer noch was von ihrer Aktivität bemerken. Vergiß nich, daß wir von 'nem Haufen junger Kinder reden, Kumpel.«
Jon-Tom kaute an der Unterlippe. »Hm. War wirklich fürchterlich leise da drin, nicht?«
»Wie 'n Grab, Kumpel. Will dir was sagen. Warum singst du sie nicht alle in 'n Schlaf wie den 'aufen auf dem Piratenschiff?«
»Das würde nicht funktionieren. Auf dem Schiff war alles in Hörweite der Duar und meiner Stimme. Hier gibt es viel zuviele Mauern dafür.«
Mudge nickte. »Na gut. Dann bin ich wohl mit 'nem bißchen Magie dran.«
»Du?«
Der Otter grinste, und seine Barthaare zuckten. »Bist nich der einzige Meister der seltsamen Künste 'ier, Kumpel.«
Sie folgten ihm um das Gebäude, bis sie den Eingang weit hinter sich gelassen hatten. Jon-Tom bemerkte, daß der Komplex kein weiteres Außentor zu besitzen schien. Es gab also nur den einen Eingang. Möglicherweise lagen aber auf der Gebäuderückseite noch Eingänge. Schließlich mußten die Freunde der Straße sich nicht den Auflagen beugen, die ihnen beispielweise die Brandschutzbestimmungen der Stadt Los Angeles auferlegt hätten.
Mudge blieb neben einem Baum stehen, der näher an dem Gebäudekomplex wuchs als alle anderen.
»So, meine süße Schnurrkiste, jetzt 'ab ich 'ne Aufgabe für dich.« Er zeigte ins Blattwerk des Baums. »Siehste den Ast da? Den zweiten von oben?« Roseroar nickte. »Kannste auf den draufklettern und dann 'n Stück vorwärtskriechen?«
Sie runzelte die Stirn. »Wofüa? Der hält doch mein Gewicht nicht aus.«
»Darum geht's ja gerade, Liebchen.« Sofort begriff Jon-Tom, was der Otter vorhatte. »Das bringt nichts, Mudge. Der Ast da schleudert dich höchstens kopfüber gegen die Mauer. Dann habe ich nur noch einen pelzigen Frisbeeteller, anstatt eines wertvollen Gefährten.«
»Mach dir meinetwegen keine Sorgen, Chef. Weiß schon, was ich tue. Wir Otter sind die geborenen Akrobaten. Meistens ist es ja nur Spiel, aber wenn's sein muß, können wir auch ernst machen. Laß es mich doch versuchen.«
»Mehr als einen Versuch wirst du kaum überleben.« Jon-Tom schob sich die Duar vor die Brust. »Warum soll ich dich nicht mit einem Zaubersong aufs Dach hexen?«
Mudge sah unwillig aus. »Wär'n hübsch ordentliches Stückchen Arbeit, wa, Kumpel? Und du stehst 'ier unter
Weitere Kostenlose Bücher