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Der Tag der Messer: Roman (German Edition)

Der Tag der Messer: Roman (German Edition)

Titel: Der Tag der Messer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Lohmann
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den Gang hinein. Weiße Fetzen wehten in einem leichten Luftzug über Bathas Kopf.
    Misstrauisch sah sich die Gnomin um. Sie hielt Abstand von den schwarzen Umrissen, die sie in den Netzen erkennen konnte. Ob dieser Gang wohl schon zu den Katakomben der Stadt gehörte und mit den alten Kanälen verbunden war? Womöglich war das hier eine unbewachte Verbindung zwischen der Zitadelle und der Stadt.
    Sie würde es überprüfen lassen, wenn sie zurück war.
    Batha schlich vorsichtig weiter. Sie hörte die Stimmen der Goblins aus sicherer Entfernung. Dann verstummten sie wie abgeschnitten. Unvermittelt wurde es dunkler. Die Goblins hatten Fackeln oder Lampen dabeigehabt. Ihr Widerschein hatte Batha gerade noch erreicht und Umrisse sichtbar gemacht. Jetzt musste die Gnomin sich ganz auf ihre anderen Sinne verlassen. Gleichwohl. Sie hatte ihre Umgebung auch vorher schon mehr gespürt als gesehen.
    Batha ging schneller. Hatten die Goblins ihre Verfolgerin bemerkt und lauerten ihr auf? Batha zögerte. Sie rückte dichter an die Wand. Spinnfäden klammerten sich an ihrer Jacke fest. Batha wischte sich die Weben aus Gesicht und Haaren, schnippte eine Spinne von der Schulter und schlich weiter.
    Allmählich schälten sich Umrisse aus der Finsternis. Es wurde wieder heller, auch wenn der schwache Schimmer selbst für einen Gnom kaum zu sehen war. Batha erreichte eine Tür, und das Licht flackerte unruhig unter der Ritze hervor. Nun hörte sie auch wieder die Goblins. Ihre Stimmen klangen gedämpft durch das dicke Holz.
    Batha überlegte kurz. Das Holz der Tür war trocken und so alt, dass es grau wirkte. Es musste sehr dick sein. Die Angeln allerdings wirkten gut gepflegt, die Ränder waren frei von den allgegenwärtigen Spinnweben. Dieser Durchgang wurde regelmäßig genutzt.
    »… meine kleinen Lieblinge«, hörte sie einen Satzfetzen von drinnen. Fitwiz’ Stimme.
    Neugier siegte über Vorsicht. Die Tür war dick, aber in kleiner Gestalt passte Batha mühelos unter der Ritze hindurch. Sie schrumpfte. Lärm schlug ihr entgegen. Batha ging ein paar Schritte in den Türspalt hinein. Erst dann erkannte sie, was diese schrillen Laute zu bedeuten hatten. Das waren nicht mehr die Stimmen der Goblins, durch die Größenänderung verzerrt und verstärkt.
    Es waren Fledermäuse!
    Die feinen Schreie dieser Tiere waren selbst für die empfindlichen Ohren der Gnome nur dann zu vernehmen, wenn sie ihre kleine Gestalt angenommen hatten. Und in dem Raum hinter der Tür mussten Dutzende, Hunderte davon leben. Oder gar Tausende!
    Was trieben die Goblins da? War dies eine Fluchthöhle, in die sich die letzten verfolgten Fledermäuse von Daugazburg zurückgezogen hatten?
    Batha tat noch einen Schritt. Fast hatte sie die andere Seite erreicht. Sie spürte, wie ihr der Schweiß auf die Stirn trat. Die Schreie der Fledermäuse drohten sie zu erdrücken.
    Nein.
    Sie wollte diese Kammer nicht ohne Verstärkung betreten.
    Batha machte kehrt. Als sie sich umwandte, sah sie als Erstes einen glitzernden Faden, der an ihrer Jacke seinen Anfang nahm und hinaus ins Dunkel vor der Türe führte. Und am Ende des Fadens regte sich ein Schatten – eine riesige Spinne, die sie ahnungslos an ihrer Kleidung hinter sich hergezogen hatte.
    »Weißt du, wo Batha abgeblieben ist?«, fragte Darnamur.
    Dranjar, sein zweiter Leutnant, zuckte die Achseln.
    Einst hatte die Schwarze Fei ihre Hinrichtungen auf dem Drauzwinkel zelebriert. Doch seither hatte der Platz sich verändert. Die Türme am Rand wirkten verwahrlost. Erker waren herausgebrochen, alle Fenster zertrümmert. Viele der kleineren Gebäude dazwischen lagen in Trümmern – keine sinnlose Verwüstung durch die Goblins, sondern gezielte Abrisse. Darnamur ließ Platz schaffen für die monumentale Halle der Helden, die hier entstehen sollte.
    Hier, wo Wito diese Welt verlassen hatte.
    Das Schafott stand noch in der Mitte des Platzes. Es war größer denn je. Für den heutigen Tag hatte Darnamur die Galgen umlegen lassen, sodass nur noch eine riesige Plattform auf einem Holzgerüst übrig war. Auf der Stadtseite führte eine breite Treppe hinauf. Viel Volk hatte sich darum versammelt: Gnome und Menschen, Alben und Kobolde, selbst Goblins und Nachtmahre und vereinzelte Vilas.
    Sie machten Platz, als der Scharfrichter auftrat.
    Er humpelte über den Platz. Anstelle der Füße hatte er nur mehr Stümpfe an den krummen Beinen, mit Leder und Lumpen umwickelt. Er war nackt. Bei jedem Schritt bewegten sich die bizarren

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