Der Tag der Messer: Roman (German Edition)
Einige Schritte weiter mündete auf der linken Seite ein Abzweig ein.
»Wir sollten weitergehen«, sagte Magati. »Was für Möglichkeiten haben wir, Wito zu finden?«
Werzaz schnoberte. Er hob ein wenig den Kopf. »Ich riech keinen Gnom … außer euch Asselgezücht, natürlich. Aber da ist was anderes …«
Er legte sein Bündel ab. Audan seufzte. »Kaum da, schon eine Rast. Das kann ja wohl nicht wahr sein.«
»Halt’s Maul, du Eiterpickel«, fuhr Werzaz ihn an. Er wühlte in seinem Packen, nahm einen Schild und ein Bündel Speere in die Linke, einen weiteren Speer in die Rechte. Dann richtete er sich wieder auf.
Magati lauschte besorgt in das Dämmerdunkel. Sie hörte ein Schaben aus Richtung der Einmündung. Langsam wich sie an die Wand zurück. »Da kommt etwas«, flüsterte sie.
»Schlaue Kakerlake«, erwiderte Werzaz. Grimmig starrte er den Gang entlang.
Magati und Audan zückten ihre Knochenmesser. Ein Schatten schob sich um die Biegung.
15. K APITEL:
B ÜRGERKRIEG
Die Goblins waren immer schwer im Zaum zu halten. Aber sie stellen von jeher die Hauptmacht unserer Heere. Ohne sie wäre Daugazburg schutzlos. Also dachte ich, wir könnten sie zumindest für eine Weile in unsere Ordnung einbinden.
Ich habe mich geirrt. Jetzt zahlen wir den Preis dafür. Aber ich werde diesen Fehler nicht wiederholen.
Die Goblins kämpfen nicht nur um die Vorherrschaft. Sie haben sich gegen alle Völker von Daugazburg gestellt und gegen die Grauen Lande. Es kann also für uns nicht nur darum gehen, diesen Angriff abzuwehren und die Herrschaft über die Stadt zurückzugewinnen. Wir müssen jeden einzelnen Goblin in Daugazburg auslöschen. Und wenn wir das erreicht haben, werden wir Drachen und Vilas hinter ihnen herschicken. Wir töten die Goblins in den Bergen, wir jagen sie in der Steppe.
Wir befreien die Grauen Lande von allen Goblins, denn ich werde nicht zulassen, dass dieses Geschwür in unserer Gemeinschaft bleibt und jederzeit wieder aufbrechen kann.
D ARNAMUR , DER G NOM ,
VOR DEM PROVISORISCHEN R AT BEIM A UFSTAND DER G OBLINS
Werzaz brachte den Speer in Anschlag, Audan schrie auf und stolperte über den Gang auf Magati zu. Sie sahen ein Bündel Tentakel und einen riesigen Panzer dahinter. Die Greifarme züngelten. Das Ungeheuer zischte. Es kam auf sie zu, und wo der käferartige Panzer gegen die Wand schabte, zermalmte er den Stein.
»Weg hier, weg!«, rief Audan.
Magati stand einen Augenblick da wie erstarrt. Das Knochenmesser in ihrer Hand bebte.
»Machen wir uns klein!«, rief sie dann.
Und die Gnome verschwanden.
Die Schatten über ihnen wuchsen ins Titanenhafte. Die beiden Gnome nahmen Bewegungen wahr und Geräusche, die wie ein Donnern klangen. Sie konnten Werzaz und das Ungeheuer nicht mehr unterscheiden. Zitternd flohen sie in eine Spalte zwischen zwei Bodenplatten. Sie war tief und schmal, gerade richtig als Deckung für zwei winzige Gnome.
Über ihnen tobte ein Kampf. Sie hörten Werzaz brüllen. Hämmernde Schläge erschütterten den Stollen.
»Zur Wand!« Magati zupfte Audan am Ärmel.
Die Fugen bildeten einen Irrgarten. Plötzlich stieß Magati einen erschrockenen Ruf aus. Sie wich zurück. Audan blieb unschlüssig hinter ihr.
»Was ist?«, fragte er. Magati zog ihn mit sich, und sie liefen ein Stück des Weges wieder zurück. Audan schaute sich mehrmals ängstlich um, dann sah er eine träge Woge um die Ecke schwappen. Schwärzliches Blut lief durch die Rinne, in der die verkleinerten Gnome sich bewegten. Es folgte ihnen wie eine Flutwelle.
Magati bog ab, und noch einmal. Wieder bewegten sie sich Richtung Wand. Sie erreichten die nächste Einmündung vor der Woge und rannten daran vorbei. Audan sah kurz ein düsteres Funkeln in dem Seitengang. Wie eine Amöbe kroch das Blut dort entlang.
Die Quadersteine der Seitenwand ragten vor ihnen auf. Sie krochen in die Fugen dazwischen. Audan wollte hektisch emporsteigen und sich vor dem Blut in Sicherheit bringen. Doch Magati hielt ihn zurück.
»Vorsicht! Da könnten sich Spinnen verstecken oder anderes Ungeziefer.«
Argwöhnisch betrachtete sie die Ritzen, ehe sie höher emporstieg.
»Wir sind im Labyrinth der großen Schrecken«, sagte Audan abschätzig. »Ich glaube nicht, dass sich jemand die Mühe gemacht hat, irgendwelche Insekten für Gnome hier auszusetzen.«
»Insekten sind überall. Man muss sie nicht eigens aussetzen«, gab Magati trocken zurück.
Audan sagte nichts. Es ist ein magischer Ort! , dachte er. Die Schwarze
Weitere Kostenlose Bücher