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Der Tag der Messer: Roman (German Edition)

Der Tag der Messer: Roman (German Edition)

Titel: Der Tag der Messer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Lohmann
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Nachtalbenbrauch«, sagte er dabei. »Oder war es ein Gnomenscherz? Oder eine goblinsche Grobheit? Hast du dir auch gut überlegt, welche der liebenswerten Gewohnheiten der Finstervölker du da hervorgeholt hast?«
    Frafa schob die Unterlippe vor. »Sei nicht so grämlich wie ein Elf. So ist es nun mal hier. So war es immer.«
    Bleidan setzte den Deckel auf das Vivarium. Dann schaute er Frafa wieder an. Sie zog den Kopf ein.
    »Also gut, Frafa«, sagte er. »Du willst eine erwachsene Albe sein. Dann zeige ich dir, wie es hier ist.«
    Er ging aus dem Zimmer und auf das Treppenhaus zu. Frafa zog er am Arm hinter sich her. Sie wehrte sich halbherzig. Eben noch war sie leichtfüßig einhergelaufen, jetzt war ihr Bleidans Schritt zu schnell und sie stolperte beinahe die Stufen hinab.
    »Was willst du mir zeigen?«, rief sie. »Wo gehen wir hin?«
    »In die Zitadelle«, gab Bleidan schroff zurück. »Zu der Aufgabe, die Protektor Darnamur mir zugewiesen hat. Es ist an der Zeit, dass du die Gebräuche der Finstervölker nicht nur durch die romantischen Sichtgläser von Büchern und alten Geschichten erlebst.«
    Er hastete mit ihr durch den Vorraum und an den Garderobenhaken vorbei. Frafa konnte nicht einmal ihren Mantel mitnehmen. Sie blickte sehnsüchtig dorthin, wagte aber nicht, Bleidan aufzuhalten. Balgir war ohnehin verschwunden.
    Schweigend liefen sie nebeneinander durch die Stadt. Frafa wusste, dass Bleidan dem Rat angehörte und einen großen Teil der Nacht und auch des Tages in Gesprächen und Verhandlungen und Sitzungen verbrachte. Aber sie ging davon aus, dass Bleidan sie nun über jene andere Aufgabe in Kenntnis setzen wollte, über die er sonst nicht so gerne sprach.
    Am Tor der Zitadelle hielten Menschen Wache. Die vergoldeten Brustpanzer der Garde waren ihnen zu weit und zu kurz. Sie hielten ihre Speere fest, als wären es Besenstiele.
    Frafa rümpfte die Nase. Die Wachen ließen sie passieren. Bleidan hielt auf das Haus der Schreie zu, den Kerker der Zitadelle. Seine Aufgabe hatte mit Heilkunde zu tun, so viel hatte Frafa mitbekommen. Gab es unter dem Kerker Spitalräume oder ein Labor für seine Forschungen? Oder kümmerte er sich um die Krankheiten der Gefangenen?
    Bleidan pochte an die Pforte des kleinen Turmes, der über den Gewölben an der Oberfläche aufragte. Ein Goblin öffnete. Frafa zuckte zurück. Sie schmiegte sich eng an Bleidan, als sie an dem Wachposten vorbeigingen. Auf der Treppe nach unten flüsterte sie: »Goblins. Da sind noch bewaffnete Goblins hier im Kerker.«
    Bleidan lachte trocken. »Ja. Ist es nicht lustig? Nach der Revolte verfolgte Darnamur alle Goblins in der Stadt mit großem Hass. Aber die Truppe, die hier Dienst tut, ließ er ungeschoren. Und das Traurige ist: Als die Goblins in der Zitadelle die Macht an sich rissen, haben sie dasselbe getan.«
    »Was?«, fragte Frafa verwirrt.
    Bleidan seufzte. »Sie ließen mich hier in Ruhe. Was für eine Ironie. Die Goblins haben alle Alben und Menschen und Gnome erschlagen, die sie zu fassen bekamen. Sie haben in der ganzen Stadt Jagd auf die anderen Völker gemacht. Aber ich, der ich mitten in der Zitadelle Dienst tat, an dem Ort, wo sie ihr Hauptquartier eingerichtet hatten, ich blieb unbehelligt. Nur einmal kam General Fitwiz mich besuchen. Er versicherte mir, wie wichtig meine Arbeit sei, ließ sich alles kurz zeigen. Dann klopfte er mir auf die Schulter, sagte ›weiter so‹ … Und das war alles, was ich vom Aufstand der Goblins mitbekommen habe.«
    »Was für eine Aufgabe ist für Darnamurs Gnome und für die Goblins zugleich so wichtig?« Frafa war überrascht, dass diese beiden gegensätzlichen Völker ein gemeinsames Anliegen hatten. »Geht es um deine Experimente? Von denen du damals gesprochen hast?«
    »Entscheide selbst, was es damit auf sich hat«, erwiderte Bleidan.
    Sie hatten den untersten Absatz erreicht, die tiefsten Kerker. Zwei weitere Goblins öffneten eine eisenbeschlagene Tür und ließen sie in einen finsteren Korridor ein. Zu beiden Seiten gab es Durchgänge in angrenzende Räume, manchmal nur ungesicherte Öffnungen, manchmal mit schweren Türen oder Gittern abgesperrt. Frafa hörte ein leises Wimmern und die Rufe, Flüche und das Gelächter von Goblins.
    »Das könnte dich interessieren«, sagte Bleidan. Er trat unter einem niedrigen Türsturz hindurch in eine große Kammer, die zwei Stufen tiefer lag als der Flur. Frafa sah als Erstes eine Nachtalbe. Sie war nackt und hing mit dem Bauch nach unten

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