Der Tag der Messer: Roman (German Edition)
waagerecht unter der Decke. Ketten an Armen und Beinen hielten sie in der Schwebe. Von ihr kam das Wimmern, das Frafa gehört hatte.
Ein Goblin bewegte die Ketten mit Rädern und Hebeln und führte die Albe daran wie eine Marionette. Unter ihr drehten zwei weitere Goblins eine metallene Walze mit Dornen. Der erste Goblin ließ die Albe an den Ketten so weit herunter, dass die Dornen immer neue Stellen ihres Körpers aufrissen. Die Walze drehte sich und schmirgelte der Nachtalbe die Haut vom Leib.
Grünes Blut floss über das Metall, tropfte zu Boden. Hautfetzen blieben zwischen den Dornen hängen und fielen in feuchten Klumpen herunter. Auf dem Boden hatte sich bereits eine schmierige Schicht gesammelt. Ein Geruch nach Fäulnis stieg auf, und Schimmel spross auf den schleimigen Überresten.
Frafa blieb stehen und klammerte sich am Türpfosten fest. Das Blut wich ihr aus dem Gesicht, und sie wandte sich ab. Bleidan nahm sie wortlos am Arm und führte sie weiter. Die Schmerzenslaute der gefolterten Albe verfolgten sie, und ohne dass Frafa es verhindern konnte, fügte ihr Geist die Bilder hinzu.
Bleidan bog in einen weiteren Kerkerraum ab, und das Knirschen und Stöhnen aus der ersten Kammer verlor sich zwischen all den übrigen Lauten, die das Gewölbe erfüllten. Der Raum, in den sie nun kamen, war mit fleckigen Holzbohlen ausgelegt. Einige Kerzenstümpfe brannten auf vorspringenden Mauerquadern und verbreiteten ein schwaches Dämmerlicht.
Mitten in der Kammer war ein Fae am Boden festgenagelt. Sein Leib war mit schwarzen Linien in beschriftete Felder unterteilt und von nässenden Wunden übersät. Goblins saßen um ihn herum, Drahtkäfige mit abgemagerten Ratten zwischen sich. Die ließen sie nach und nach heraus, trieben sie mit langen Stöcken zu dem Gefangenen hin und wetteten darauf, wo sie als Nächstes zubeißen würden.
In einem größeren Gewölbe war ein Alb an ein Gestell gebunden. Ein Goblin stand neben ihm und zertrümmerte ihm die Knochen mit einem langstieligen Hammer. Als Bleidan hereinkam, schaute der Goblin auf.
»Meister Bleidan«, sagte er. »Ich glaub, der Schimmelstecken hier ist krank. Ich kann schlagen, was ich will, der schreit nicht mehr! So macht die Arbeit keinen Spaß.«
Bleidan warf nur einen flüchtigen Blick auf den Alb, der mit stierem Blick ins Leere starrte. Frafa sah zu, wie es unter der Haut des Gefolterten zuckte und die Knochen sogleich wieder schief zusammenwuchsen.
Bleidan führte sie weiter durch die tiefsten Kerker im Haus der Schreie. Er zeigte Frafa Kammern, in denen Fässer mit blubbernder Säure standen, Kohlebecken und große Zangen, Sägen und scharfe Klingen; Apparaturen mit Schneiden und Spitzen und Steingewichten. In einem Raum saßen einige Goblins untätig zusammen. Sie soffen und stritten und beklagten sich bei Bleidan, dass ihnen die Arbeit ausging.
Nebenan hatten sich andere Goblins versammelt und bauten mit Eifer an einer Maschine aus Holz und Stahl. Sie beredeten, wo sie die Schnallen anbringen mussten, um das Opfer auf der Maschine festzumachen, und wo die Klingen und die malmenden Steine hingehörten, die sie über ein Stangengerüst bewegen wollten. Es gab weitere Kerker, in denen Alben festgehalten und gefoltert wurden. Sie schrien selten und sprachen gar nicht, und ihre Folterknechte wirkten gelangweilt und stellten keine Fragen.
Frafa wehrte sich gegen Bleidans Griff. »Was soll das hier?«, fragte sie.
»Nun, dies ist das alte Daugazburg«, sagte Bleidan. »Schau es dir an.«
»Das alte Daugazburg?«
Sie kamen durch eine leere Zelle, die eine Folterkammer vom Gang trennte. Frafa blieb stehen und atmete flach. In diesem Raum war es wenigstens still, und sie wollte nichts weiter sehen von diesem Ort.
»Das alte Daugazburg in mancherlei Hinsicht«, erklärte Bleidan. »Die Opfer, die du gesehen hast, sind die ältesten Zauberer der Stadt. Machtvolle Fürsten, jeder von ihnen ein Anwärter auf die Herrschaft, nachdem die Fei gestürzt wurde. Man kann sie also mit Fug und Recht als Vertreter des alten Daugazburg verstehen.«
»Was macht ihr mit ihnen? Was machst du mit ihnen!«
»Ich schaffe dem Rat ein Problem vom Hals. Verstehst du, Frafa? Jeder dieser Fürsten besitzt ein magisches Herz. Man kann sie nicht töten, weil sie dann an einem anderen Ort einen neuen Leib ausbilden würden. Damit wären sie unserem Zugriff entzogen und könnten wer weiß was anrichten. Man kann sie aber auch nicht einfach nur in den Kerker werfen, denn wenn sie
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