Der Tag der Messer: Roman (German Edition)
gesuchten General versteckt hielt?
Salvan deutete eine Verbeugung an. »Ich stehe immer gern zu Diensten, Herr Vorsitzender.«
Darnamur lachte trocken. »Ich weiß genau, was ich von Euch erwarten kann, Salvan.« Er wandte sich ab und eilte durch den Saal auf eine Gruppe Nachtmahre zu. Salvan fasste Frafa am Arm und führte sie hinaus.
»Was hat das zu bedeuten?«, fragte sie.
»Wer weiß?« Salvan zuckte die Achseln. »Aber Darnamur hat seine beiden wichtigsten Stützen verloren. Er knüpft ein neues Netz, das ihn tragen soll. Und wir beide sind die einzigen Nachtalben, auf die er dabei zukommen kann. Wenn da nicht etwas für uns herausspringt, müsste schon Lucan seine Hände im Spiel haben.«
Salvan zog sich in einen Saal zurück, der als Warteraum für Darnamurs Besucher eingerichtet war. Frafa ging weiter. Sie hatte jederzeit Zutritt zur Kanzlei, und inzwischen besaß sie sogar einen eigenen Satz Schlüssel für den Turm.
Sie wechselte ein paar misstrauische Blicke mit den Wachen vor der Tür. Mittlerweile standen Abordnungen fast aller Völker hier, nicht nur Darnamurs Leibwache aus Menschen und Gnomen. Sie misstrauten den Alben. Seitdem bekannt geworden war, dass Leuchmadans Kästchen sich im Turm befand, achteten sämtliche Fraktionen des Rats eifersüchtig darauf, dass niemand das Artefakt herausschmuggelte und dass niemand, der es missbrauchen konnte, den Turm betrat.
Frafa kräuselte verächtlich die Lippen.
In Darnamurs Arbeitsraum trat sie unruhig von einem Fuß auf den anderen. Sie hatte gar keine Zeit, um hier zu warten! Schließlich setzte sie sich auf einen freien Stuhl und musterte einen dunklen Fleck auf dem Schreibtisch. Der war bei ihrem letzten Besuch noch nicht da gewesen.
Sie dachte an den Tag, als Darnamur sie zum Verrat an Bleidan angestiftet hatte. Heute hatte sie wieder ein Geheimnis vor ihm …
Endlich kam Darnamur herein. Er setzte sich und lehnte sich mit einem Ächzen zurück. Er rieb sich die Augen. Frafa verspürte das Bedürfnis, etwas zu sagen, aber sie biss sich auf die Lippen.
Darnamur ergriff schließlich das Wort. »Die Bitaner kommen.«
Frafa war so erleichtert, dass sie beinahe aufgelacht hätte. Also ging es nicht um Ganoch! Die Anspannung wich so plötzlich aus ihrem Körper, dass ihr die Knie weich wurden.
Darnamur schaute sie an und wartete auf eine Antwort.
Frafa schluckte. »Ich weiß«, brachte sie endlich hervor.
»Ich habe eine Aufgabe für dich. Eine sehr wichtige.«
Frafa konnte immer noch nur an den Gnomengeneral denken, der verwundet in ihrem Turm lag. Sie verstand kaum, was Darnamur zu ihr sagte, und fragte sich stattdessen, ob er wohl schon mit Salvan gesprochen hatte und ob der unterwegs nach Hause war. Darnamurs Worte rauschten an ihren Ohren vorbei. Doch plötzlich stellte ihr Geist eine Verbindung her, und sie riss die Augen auf. »Soll ich etwa mit dem Kästchen …?«
Darnamur schüttelte den Kopf. Ein Lächeln stahl sich auf seine Lippen. »Bei Leuchmadan, nein. Du bist zu schwach, um das Kästchen für den Krieg zu gebrauchen. Obwohl – wenn du mit Gulberts Heer tun könntest, was du mit Grefan gemacht hast, dann wäre das eine große Hilfe.«
»Gulbert?«, fragte Frafa.
»Der Anführer der Bitaner.« Darnamur spielte mit dem Dolch an seinem Gürtel. »Aber du bist nicht stark genug, und den Alben, die es wären, kann ich das Kästchen nicht anvertrauen. Ich habe also beschlossen, den nächstbesten Schritt zu wagen.«
Frafa blickte ihn verständnislos an.
»Dein Meister, Frafa«, fuhr Darnamur fort. »Er ist der letzte Albenfürst von Daugazburg, der am Tag der Messer entkommen ist.«
»Aldungan?« Erinnerungen stiegen in Frafa auf. Ein anderes Leben, nur wenige Mondläufe her, und doch schien es ihr so weit entfernt wie die Kindheit. Sie war in der letzten Zeit so sehr mit sich selbst beschäftigt gewesen, dass sie gar nicht mehr an ihren Meister gedacht hatte. Aldungan war nur noch ein Name, der mit dem Gebäude verbunden war, in dem sie wohnte.
Darnamur nickte. »Er ist verschwunden, wie die Mächtigen der Fatu. Aber als Nachtalb ist er ein viel greifbareres Geschöpf. Und vor allem habe ich dich, die ihn mir hoffentlich zurückholen kann.«
»Was?« Frafa starrte ihn fassungslos an.
»Frafa, da marschiert ein Heer gegen uns. Wir können es nicht aufhalten. Ganoch hat in den Bergen nur ihren Vormarsch verlangsamt, und schon das hat uns viel Blut gekostet. Die Bitaner haben Zauberer bei sich. Und Aare, die unseren Vorteil in
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