Der Tag der Messer: Roman (German Edition)
wie aus dem Nichts ein Dutzend Schritt vor ihnen aus dem Boden wuchsen. Sie hielten Armbrüste mit weiß schimmernden Bögen in den Händen.
»Halt!«, rief eine Stimme. »Die gehören zu uns.«
Audan erkannte Ganoch, Darnamurs Stellvertreter. Er blieb stehen und musterte fassungslos die schwer bewaffnete Gnomenschar, die vor dem Zugang zur Kapelle Stellung bezogen hatte.
»Was macht ihr denn hier?«, rief Ganoch. »Ihr wart doch Darnamurs Gefährten. Wo ist er?«
»Darnamur ist nicht zurückgekommen«, murmelte Audan.
»Wir waren wohl eher seine Ablenkung«, ergänzte Magati empört. »Er hat uns im Stich gelassen. Wir mussten uns selbst befreien. Haro ist tot.«
Ganoch schlug die Augen nieder, dann zuckte er die Achseln. »Eine Ablenkung, das passt zu Darnamur. Ich hatte mich schon gewundert, weshalb er drei so unerfahrene Begleiter mitnehmen wollte. Aber kommt rasch!«
Ganoch schob die beiden Gnome zwischen seine Krieger, und alle wechselten wieder in ihre kleine Gestalt. Die meisten der Gnome waren nun den Blicken entzogen, in Deckung hinter irgendwelchen Bodenwellen. Ganoch behielt die brennende Kapelle im Auge. »Es tut mir leid um den alten Mann«, fuhr er leise fort. »Ich weiß gar nicht, warum er überhaupt mitwollte. Er war kein Krieger. Andererseits, wir haben heute viele gute Gnome verloren und einen hohen Preis bezahlt. Aber es war nicht umsonst. Die Alben sind in der Kapelle. Also muss Darnamur es geschafft haben und sitzt jetzt in der Kanzlei.«
»Warum ist er nicht zu uns zurückgekommen?«, fragte Audan. »Wir saßen einen halben Tag lang unter einem Glas fest. Darnamur hätte uns rasch befreien können. Dann hätte Haro nicht sein Leben dafür geopfert.«
Ganoch blickte verlegen beiseite. »Vermutlich hatte Darnamur keine Gelegenheit dazu. Er hätte sicher nach euch gesehen, sobald sich die Lage beruhigt hat.«
Mit einem lauten Krachen zerbarst die Seitenwand der Kapelle. Übel zugerichtete Nachtalben stürmten durch die Öffnung. Sie waren kaum noch als Mitglieder des Hofstaates zu erkennen. Ihre Kleidung war verkohlt und vom Feuer zerfressen. Asche klebte ihnen in den Haaren. Die Gesichter waren von Ruß und Brandwunden bedeckt.
Die Alben schlugen mit den Armen um sich. Einer von ihnen brannte und wälzte sich im Sand. Ein anderer lief blind gegen einen der spitzen Pfähle und riss sich das Bein auf. Ein Alb war von Flammen umflort. An seinen Händen und Armen zuckte blaues Zauberfeuer, wie an dem geborstenen Holz um die Öffnung.
Durch das Loch war keine Halle mehr zu sehen, nur noch ein brodelndes Inferno.
Überall auf dem Hof erschienen die Gnome und stellten sich den Alben in den Weg. Sie schossen ihre Armbrüste ab und machten sich wieder klein, tauchten hinter den Verwerfungen des weichen Bodens ab, um in dieser Deckung nachzuladen.
Mit einem halben Dutzend Pfeilen gespickt, brach der zaubernde Alb zusammen. Andere seiner Genossen wurden getroffen und starben. Manche überlebten. Sie liefen über den Hof auf die Ausgänge zu.
Die Gnome erschienen zwischen ihren Beinen, mit langen Messern in den Händen. Sie stießen den Höflingen die Klingen in die Kniekehlen und stachen auf sie ein, sobald sie am Boden lagen.
»Was macht ihr hier?«, fragte Magati. Sie starrte fassungslos auf das Schauspiel.
»Das letzte Unternehmen, das für den Tag der Messer geplant war«, erwiderte Ganoch ungerührt. »Wenn Geliuna tot ist, wollte Darnamur den Hofstaat der Fei in eine Falle locken. Diese Alben stehen getreu zu ihrer alten Herrin. Wir durften sie nicht am Leben lassen.«
Magati sah sich um. Zitternd wies sie auf die brennende Kapelle, das älteste Bauwerk von Daugazburg. »Aber das …«, stammelte sie. »Das ist … trollisch ! Gnome tun so etwas nicht.«
Ganoch machte eine halb abwehrende, halb hilflose Geste mit den Händen. »Nun«, sagte er. »Vielleicht ist das ja der Grund, warum niemand einen Troll herumschubst, aber jeder einen Gnom.«
Die Kapelle war inzwischen ein einziger Feuerball. Kein Alb würde mehr herauskommen. Diejenigen, die es geschafft hatten, lagen blutend und reglos am Boden. Nach und nach erschienen weitere Gnome – Ganochs ganze Kompanie, die um den Holzbau herum Aufstellung bezogen hatte. Sie versammelten sich um ihren Hauptmann und erwarteten weitere Befehle.
»Damit ist der Tag der Messer vorüber«, stellte dieser mit einem Seufzer fest. Er schaute immer noch Magati an. »Es … wird jetzt besser werden. Macht euch keine Sorgen.«
Das Licht, das
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