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Der Tag der Messer: Roman (German Edition)

Der Tag der Messer: Roman (German Edition)

Titel: Der Tag der Messer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Lohmann
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durchgehenden Pferd beispielsweise. Oder auf einem tobenden Drachen. Es ist ein irrwitziges Gefühl. Man kann sich dabei fürchten, oder man kann es genießen. Lerne, es zu genießen, Dranjar. Diese Sache hier ist fast so wie der Ritt auf dem Drachen. Der Kampf gegen die Fei war längst nicht so aufregend. Aber dieser Drache hat hundert Köpfe, und für jeden, den man abschlägt, wachsen neue Köpfe nach.«
    Er schaute zu seinem Leutnant hin. Dranjar musterte ihn unsicher, mit gerunzelter Stirn, als würde er am Verstand seines Hauptmanns zweifeln. Darnamur zügelte sein Grinsen, ließ es zu einem Lächeln herabbrennen.
    »Dranjar«, sagte er. »Du weißt, wie man einen hundertköpfigen Drachen reitet und oben bleibt?«
    Dranjar schüttelte unsicher den Kopf.
    »Man muss ihm ganz einfach die Köpfe schneller abschlagen, als sie nachwachsen können.«

 
    Der Nachtalb stand auf einem Felsgrat und stützte sich schwer auf seinen Stab. Er hatte eine anstrengende Reise hinter sich, auf magischen Pfaden und auch zu Fuß. Nun hatte er sein Ziel erreicht. Die Sternenklippe lag vor ihm.
    Wie sehr hatte sich dieser Ort verändert!
    Als er das letzte Mal hierhergekommen war, vor vielen Hundert Jahren, war die Ebene zu seinen Füßen von weißem Staub bedeckt gewesen, eine flache Wüste, aus der nur ab und zu eine einsame Felsspitze oder ein schmaler Grat herausragte. Der Stein, auf dem er stand, war damals nicht zu sehen gewesen, begraben unter einer Schicht toter Asche, die keinen Regen mehr gesehen hatte, seit Leuchmadan das erste Mal gestürzt worden war.
    Inzwischen war das Land um Leuchmadans Hort ein ausgewaschenes Becken. Seen und Wasserläufe glitzerten, so weit das Auge reichte. Schwarze Wolken am Himmel kündigten schon das nächste Unwetter an. Der weiße Staub war fortgewaschen. Die Sternenklippe wirkte auf diese Weise fast um die Hälfte höher. Der schroffe Berg, dessen Gipfel geformt war wie eine lose aufgesetzte Krone, hatte ein ausgedehntes Fundament bekommen. Die nackte, dampfende und von Spalten durchzogene Senke zu seinen Füßen glühte wie ein Kohlenfeuer.
    Ja, der Nachtalb war lange nicht mehr hier gewesen.
    Womöglich hätte er noch Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte in Daugazburg verweilt und immer neue Ausreden gefunden, wenn die Umstände ihm die Entscheidung nicht abgenommen hätten. Doch die Unruhen hatten ihn aus der Stadt vertrieben. Er war dankbar dafür. Die Zeit war längst reif gewesen und alle Vorbereitungen getroffen.
    Er setzte sich wieder in Bewegung. Der Grat lief sichelförmig auf die Sternenklippe zu, und der Nachtalb folgte diesem Bogen. Bald erreichte er eine ausgebaute Straße, die an der Flanke des Kamms auf den Berg zuführte. Als er das letzte Mal hier gewesen war, hatte sie sich gerade noch aus dem Staub erhoben, rissig, zerfallen und schon zu Leuchmadans Zeiten nicht mehr benutzt. Jemand hatte sie instand gesetzt. Frisch behauene Steine füllten Löcher und Abbrüche, und alles war sauber mit Zement geglättet.
    In Nischen abseits des Weges lagen zahllose Gerippe. Auf Vorsprüngen hangabwärts sah der Nachtalb weitere. Trolle und Goblins waren deutlich zu unterscheiden, doch auch menschliche Sklaven hatten hier den Tod gefunden. Hinter der letzten Kehre auf die Sternenklippe zu wurde das Bild noch gespenstischer: Die Knochen der Toten schienen an manchen Stellen mit dem Stein verschmolzen zu sein. Skelette wuchsen wie kahle, blasse Bäume aus dem Fels. Arme, Beine, Rippen und Köpfe waren halb in den harten Stein eingesunken. Rote Fäden klebten daran wie erstarrtes Blut.
    Vor zwölf Jahren, als Leuchmadans Hort wieder in das Bewusstsein der Finstervölker gerückt und seine Lage bekannt geworden war, hatte die Fei Beauftragte ausgeschickt, um diesen Ort zu erforschen. Anscheinend war nicht alles verlaufen wie geplant.

8. K APITEL:
J EDER NACH SEINEN F ÄHIGKEITEN

    Ein Kupfermond Belohnung für jeden Fledermauskopf. Das war eine kostspielige Angelegenheit. Selbst Nachtalben haben sich während der ersten Tage an der Jagd beteiligt. Mit ihrer Magie lockten sie Fledermausschwärme zu Tausenden in die Falle und kassierten die Belohnung statt in Kupfer gleich in Gold.
    Aber es hat sich gelohnt. In den tiefen, verschatteten Gassen, wo sonst selbst am hellen Tag das Schwirren der Flügel zu vernehmen war, ist es still geworden. Das verschafft unseren Spionen Bewegungsfreiheit. Die Stadt bietet unzählige Verstecke für einen verkleinerten Gnom, und heute gibt es nur noch wenige

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