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Der Tag der roten Nase

Der Tag der roten Nase

Titel: Der Tag der roten Nase Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mikko Rimminen
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die man sich unmöglich einprägen konnte. Es dauerte eine Weile, bis mein Sohn dann wirklich zum Tanken kam. Zuerst fuhr er auf die falsche Seite der Zapfsäule und musste noch eine Runde drehen; dann bemerkte er, dass der Schlauch nicht bis zum Tank reichte und musste noch einmal rangieren; danach gelang es ihm beim besten Willen nicht, der Pistole auch nur einen Tropfen abzuringen. Schließlich bemerkte er an irgendeinem Kasten einen Knopf, drückte ihn und bekam sein Benzin, für zwölf Euro und vierzig Cent, stellte ich fest, er schien nicht gut bei Kasse zu sein, ich allerdings auch nicht, weshalb ich als Mutter in der Hinsicht keine große Hilfe war. Das tat weh.
    Am schlimmsten war, dass ich an der Tankstelle noch gründlicher verloren gewesen wäre. Es riss und knirschte in meiner Herzgegend, während ich dem unsicheren Gefummle und hektischen Hin und Her meines Sohnes zuschaute.
    Er ging zur Kasse, um seinen kärglichen Einkauf bezahlen, ich blieb mit steifer Rückengräte im Auto sitzen. An der Zapfsäule nebenan ließ sich ein etwa dreißigjähriges Paar dazu hinreißen, über den Einsatz einer Zahl- oder Bonuskarte zu streiten. Der igelköpfige Mann wedelte zuerst mit den Händen und raufte sich dann theatralisch die Haare – offensichtlich hatte er vergessen, dass sie geschoren worden waren, seine Frau lachte aus vollem Herzen über sein ziemlich dürftiges Raufen. Auf dem Beifahrersitz ihres Autos saß im Kindersitz ein Sprössling, von dem man lediglich den Hinterkopf und die zwei flügelartigen Gläser einer übergroßen Sonnenbrille mit rosa Plastikgestell sah.
    Und als ich dann wieder einmal in einen gedankenlosen Zustand abgedriftet war, zog ich unbewusst das Telefon heraus und rief Irja zurück. Sie meldete sich nach dem fünften Klingeln. »Hallo Irma«, sagte sie, und ich war einen Moment lang verdattert, weil sie meine Nummer im Telefon gespeichert hatte. Ohne etwas zu sagen schaute ich aus dem Fenster, mein Sohn war noch nicht einmal bis zur Kassenschlange vorgedrungen, sondern drückte sich noch zwischen den Regalen herum und betrachtete verträumt etwas, von dem man unmöglich erkennen konnte, ob es sich um Motoröl, Bier oder eine Nackedei-Publikation handelte. Aber sobald ich das erste Hallo herausbekommen hatte, lief der Rest wie geschmiert. Ich dachte ich ruf dich jetzt zurück, Sehr schön, Ja, Ich dachte schon du sitzt in der Klemme, Wieso denn das, Weil es vorhin so klang als wäre es doch ziemlich ungünstig, Da war auch was mit meinem Sohn, Mit Söhnen hat man’s nicht leicht, Jetzt sind wir aber in Käpylä, Wo, In Käpylä, Was macht ihr denn in Käpylä, Mein Sohn bringt mich nach Kerava, Was wollt ihr denn inKerava, Na rate mal, Ach ja das Portemonnaie natürlich, Genau, Aber dein Sohn fährt, Was, Dein Sohn fährt, Soweit man das Fahren nennen kann, Ich mein bloß weil du ja kein Auto hast, Stimmt wieso, Du fährst doch mit dem Zug zur Arbeit, Na ja nein mit dem Bus, Ach so, Das heißt gerade hab ich mir ein Auto angesehen.
    Ich weiß nicht, woher die letzte Bemerkung kam, schon beim Ausspucken der Wörter war klar, dass ich für dieses dumme Gerede früher oder später noch zu bezahlen hätte. Immerhin konnte ich noch ein abschwächendes Schwänzchen anhängen, so etwas wie: aber erst mal gucken.
    »Hoffentlich ein guter Kauf«, sagte Irja dann ein bisschen so, als würde ich gerade auf einem abgeschiedenen Parkplatz einen zweifelhaften Autodeal einfädeln.
    Durchs Fenster sah ich, dass mein Sohn inzwischen die Schlange hinter sich gebracht hatte und nun versuchte, ins Freie zu gelangen. Dieser an sich einfache Vorgang wurde dadurch erschwert, dass er im Windfang mit einem untersetzten, rußgesichtigen Blaumannträger in eine Ausweichchoreografie geriet. Am Telefon fragte Irja: »Bis wann seid ihr denn hier?«, während es mein Sohn in der wirklichen Welt endlich durch die Tür schaffte. Erleichtert kam er auf das Auto zu, zwei unscheinbare Eistüten in den fleischigen Händen. »Weiß ich noch nicht«, sagte ich schnell zu Irja, keine Ahnung, warum dieser Bär nun aufgetaucht war, um Irja aufgebunden zu werden, irgendwie glaubte ich auf Zeit spielen zu müssen, sicherheitshalber. »Mein Sohn muss noch was erledigen.«
    »Na, ich bin ja hier auf dem Posten«, sagte Irja, »wenn du kommst, bist du da.« Wir verabschiedeten uns, und am liebsten hätte ich noch etwas herausposaunt wie: War nett, mit dirzu plaudern, aber da faltete sich mein Sohn bereits ins Auto, die

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