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Der Tag der roten Nase

Der Tag der roten Nase

Titel: Der Tag der roten Nase Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mikko Rimminen
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hatte, gedämpft gesprochene Nachrichten berichteten von den Ereignissen in der Welt, insbesondere von einem Autounfall in Kerava, und zwar so grässlich schlicht und deutlich, dass ich nun erst so richtig die ganze Schwärze erfasste, die dort die ganze Zeit geherrscht hatte.

IV

Schließlich kam er dann, der gewissermaßen letzte und entscheidende Tag in diesem Cocktail aus Schiefgegangenem und Schrecklichem, aber zuvor musste ich noch durch manches Missgeschick stiefeln.
    Am nächsten Morgen brannte mir das Licht in den Augen und auf merkwürdige Weise auch in der Nase, es drang knisternd bis in die Knochen. Zu Hause blieb nichts auf seinem Platz. Geschirr fiel mir aus den Händen, Stühle kippten, Sorgen, Nöte, Ängste, Scham rempelten sich im Kopf gegenseitig an und um. Wenn ich kurz einmal von dem kriebelnden Kummer loskam, den der Autounfall ausgelöst hatte, stürzte sich sofort die Scham auf mich, weil ich so rumgeeiert hatte, und gleich danach meldeten sich sämtliche Ängste vor Zeitungsmeldungen, Polizei und Sonstigem. Es fiel mir schwer, in den vier Wänden zu bleiben, weil sich mein geliebtes Zuhause mit einengenden Gedanken füllte; draußen wiederum hatte ich das Gefühl, an jeder Ecke von jemandem angestarrt zu werden.
    Auch um meinen Sohn machte ich mir Sorgen. Ich versuchte ihn anzurufen, unter allen möglichen Nummern, aber weiterhin kamen nur ferne, aufgeregte Piepstöne und Nichtingebrauchsinformationen.
    Am Abend zwang ich mich, Irja eine SMS zu schicken: Viel Kraft! LG Irma. Sie antwortete nicht.
    Ich hielt das alles überraschend lange aus. Mit Hilfe von Putzen, Bügeln, bangen Einkaufsgängen und ungefähr alle Viertelstunde wiederholten Sohnanrufversuchen bemühte ich mich, die Welt zusammenzuhalten. Ständig saß mir pochend der lastende Zwang im Nacken, Irja anzurufen. Aber ich traute mich nicht, weil sie auf meine SMS nicht reagiert hatte.
    Dann war da noch diese Frau Mäkilä, auch ihretwegen fühlte ich mich miserabel, auch mit ihr hätte ich gern ein Tutmirleidgespräch geführt und mich bei der Gelegenheit diesmal feinfühlig nach der Beerdigung erkundigt, ich hatte keine Ahnung, was in mich gefahren war hinsichtlich des Begräbnisses, aber in einer entfernten Hirnregion war mir klar, dass ich dort hinmusste, wegen all dieser Menschen. Aber da man sich nicht einfach selbst zu einer Beerdigung einladen kann, musste ich mir etwas einfallen lassen, ich wusste bloß nicht, was, ich wusste ja nicht mal, wann sie stattfand, und Frau Mäkilä fragte ich besser gar nichts mehr und Irja zu fragen traute ich mich auch nicht, sie schien mir auch ohne meine Behelligungen schon dem Zusammenbruch nahe zu sein. Kurz dachte ich daran, eine von beiden anzurufen und mich als eine andere Person auszugeben, aber das wäre natürlich auch nichts geworden. Zumindest Irja würde mich auf jeden Fall erkennen, selbst wenn ich noch so donaldduckig näseln würde.
    Ich brauchte Hilfe, kein göttliches Eingreifen, sondern jemanden, mit dem ich reden konnte, aber sie waren rar gesät, diese Menschen, am ehesten gab es welche in Kerava, und die wollte ich ja gerade nicht stören. Erneut versuchte ich meinen Sohn zu erreichen, mit demselben dürftigen Erfolg wie beim vorigen Mal. Ich beschloss, zu ihm zu fahren und an seine Tür zu hämmern. Als ich auf der Straße stand und mich orientierenwollte, wurde mir bewusst, dass ich nicht die leiseste Ahnung hatte, wo er wohnte, und so blieb mir nichts anderes übrig, als wieder hineinzugehen und die Adresse aus dem Netz zu angeln. Sobald ich wieder unterwegs war, spülte mir eine ganz bestimmte Erkenntnis eine lauwarme, bei dem frostkalt-klaren Winterwetter aber schnell gefrierende Schlechtes-Gewissen-Feuchte auf die Haut und zwischen die Kleiderschichten: Mir wurde klar, dass ich seit zehn Jahren schon keinen Blick mehr in eine seiner Unterkünfte geworfen hatte, obwohl er ab und zu von Umzügen schwadroniert hatte.
    Die jetzige Adresse war in der Vaasankatu. Vor dem Eingang musste ich mich ziemlich lange vor vereistem Erbrochenem, das nach einem Schinkenomelette aussah und eine fürchterliche Anziehungskraft besaß, ekelärgern, bis mich endlich ein Rauskömmling ins Treppenhaus ließ. An der Tür zur Wohnung meines Sohnes stand ein fremder Name und niemand öffnete. Noch auf dem Weg nach Hause konnte ich nicht sagen, ob ich nach meinem Sohn oder nach Konsumgewohnheiten gefragt hätte, wenn ein Fremder die Tür aufgemacht hätte.
    Nach Hause ging ich jedoch nicht,

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