Der Tag der Traeume
ausgesehen?«
Sie erstarrte in ihrem Sitz. »Ich glaube nicht, dass das irgendwie von Belang ist.«
»Ich schon. Du sagtest, er hätte dir öfter mal einen Gefallen getan und du wärst der Meinung gewesen, in seiner Schuld zu stehen.« Kendalls Beschreibung ihrer damaligen Situation hatte einen Schatten über Ricks eigene Pläne geworfen. »Wir haben eine ähnliche Abmachung getroffen. Ich möchte nicht, dass du dich in meiner Gesellschaft irgendwie … unwohl fühlst.«
»Falls du dir Sorgen machst, meine Erfahrungen mit Brian könnten sich negativ auf meine Fähigkeiten auswirken, diese Komödie durchzustehen, vergiss es. Auf diesem Gebiet bin ich mittlerweile Profi«, erwiderte sie trocken.
Genau das war der springende Punkt. Rick wollte in Kendalls Augen nicht wie ein weiterer Mann dastehen, der sie lediglich für seine Zwecke benutzte. »Ich weiß, dass er dir Jobs verschafft hat, damit du für die Pflege deiner Tante aufkommen konntest. Was hat er denn als Gegenleistung dafür bekommen?«
Kendall rieb sich stumm über die Augen.
Rick griff nach ihrer Hand und drückte sie aufmunternd.
»Brian hatte gerade eine gescheiterte Beziehung hinter sich. Er litt furchtbar darunter, dass ihm seine Freundin, auch ein Model, den Laufpass gegeben hatte. Und das Schlimmste war, dass er ihr nach wie vor ständig bei irgendwelchen Veranstaltungen über den Weg lief. Er wollte sich mit einer hübschen Frau an seiner Seite zeigen, um seiner Ex zu beweisen, dass er über die Trennung hinweg war. Und dazu brauchte er mich. Ich sollte seine …«
»Geliebte spielen.« Und er, Rick, hatte sie in genau dieselbe Situation hineingetrieben, aus der sie sich beim letzten Mal nur hatte befreien können, indem sie in einem Hochzeitskleid aus New York geflohen war. Sie hatte auf seinen Vorschlag eingehen müssen, weil sie sich sonst nicht zu helfen wusste. Rick kam sich mit einem Mal wie ein Schuft vor.
Er stieß vernehmlich den Atem aus. »Es tut mir Leid.«
»Mir nicht. Ich weiß genau, worauf ich mich einlasse«, beruhigte sie ihn. »Außerdem ist unsere Abmachung auch für mich sehr vorteilhaft.«
»Weil du meine Gesellschaft genießen kannst?« Er bemühte sich, einen lockeren Ton in die Unterhaltung zu bringen.
»Unter anderem.«
»Warum denn sonst noch?«
»Wenn du das Haus meiner Tante so weit hergerichtet hast, dass ich es verkaufen kann, fängt für mich ein ganz neues Leben an.« Sie lehnte sich in ihrem Sitz zurück. Ein zufriedenes Lächeln spielte um ihre Lippen.
Er hatte gefragt, sie hatte geantwortet. Sein Pech, wenn ihm ihre Antwort nicht gefiel.
Viertes Kapitel
An Ricks freien Tagen konzentrierten er und Kendall sich darauf, erst einmal das Gästehaus gründlich zu putzen und bewohnbar zu machen. Die Luft flirrte vor Staub und den Funken, die zwischen ihnen hin- und hersprangen und die sie beide nach Kräften zu ignorieren versuchten. Kendall kam sich mehr und mehr vor, als schlichen sie auf Zehenspitzen durch ein Minenfeld, das unweigerlich eines Tages explodieren musste. Doch als Rick wieder zum Dienst musste, bekam sie eine kleine Atempause.
Sowie sie allein war, überlegte sie, wo sie sich ihre Werkstatt einrichten konnte. Das unnatürliche Licht in ihrem New Yorker Apartment hatte ihre Fähigkeit, Farben zusammenzustellen, erheblich beeinträchtigt, worunter die Qualität ihrer Arbeit gelitten hatte. Als ihre Utensilien und ein Koffer voll Kleidung eintrafen, den Brian für sie gepackt hatte, machte sie sich auf die Suche nach einem geeigneten Arbeitsplatz und fand ihn in dem staubigen Dachboden, durch dessen große Fenster strahlend helles Tageslicht fiel.
Von freudiger Erregung beflügelt verbrachte Kendall einen ganzen Tag damit, den Dachboden zu säubern und die Klapptische aufzustellen, die sie dort oben gefunden hatte. Ein paar Stunden später standen ihre Plastikbehälter mit den nach Farben und Größe geordneten Perlen und anderen Materialien in Reih und Glied darauf, und die Werkzeuge lagen griffbereit daneben. Kendall trat einen Schritt zurück und betrachtete ihr Werk. Der Dachboden hatte sich in das Traumatelier eines jeden Künstlers verwandelt.
Ironie des Schicksals, dachte sie. Denn genau hier hatte sie vor vielen Jahren aus bunten Nudeln ihre erste Halskette angefertigt. Hier hatte ihre Tante ihr beigebracht, kunstvolle Schmuckstücke zu entwerfen – und manches andere mehr. Wieder schlug der Kummer wie eine große Welle über Kendall zusammen, und sie kam sich plötzlich
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