Der Tag der Traeume
aufgeflogen.
Eric lachte. »Zerrt diese Posse langsam an deinen Nerven? Ich habe dir ja gleich gesagt, es führt zu nichts, eine Krankheit vorzutäuschen.«
»Sprichst du jetzt als mein Arzt oder als …« Sie brach ab, da sie nicht recht wusste, wie sie den Satz zu Ende führen sollte.
»Als jemand, dem viel an dir liegt.«
Seine Worte waren Balsam für ihre Seele, denn sie drückten genau das aus, was sie auch für ihn empfand. Sie legte eine Hand über die seine und betrachtete ihn nachdenklich. Wieder einmal konnte sie nicht umhin, sein distinguiertes Aussehen zu bewundern. Mit seinem grau melierten Haar und dem wettergegerbten Gesicht hob er sich vorteilhaft vom Rest der allein stehenden älteren Männer von Yorkshire Falls ab. Zum ersten Mal seit Jahren ließ der Anblick eines Mannes Rainas Herz wieder höher schlagen, und sie wünschte sich nur, ihren Gefühlen endlich freien Lauf lassen zu können.
»Wird es nicht langsam Zeit, diese Komödie zu beenden?«, fragte er.
»Genau das habe ich auch gerade gedacht.« Von all den widersprüchlichen Emotionen, mit denen Raina sich auseinander setzen musste, überwog das Schuldgefühl bei weitem. Sie hatte ihre Söhne getäuscht, hatte zugelassen, dass sie sich grundlos Sorgen um sie machten. Andererseits, rechtfertigte sie sich im Stillen, hatte ihre angebliche Krankheit aber Roman und Charlotte zusammengebracht.
Dann war da noch ihr mittlerer Sohn. Noch vor einer Woche hatte sie sich schon fast damit abgefunden, dass er ein hoffnungsloser Fall war, doch jetzt sah es so aus, als hätte er bei Kendall Feuer gefangen.
Allerdings hatten die beiden ganz ohne Rainas helfende Hand zueinander gefunden. »Vielleicht hast du Recht.« Sie seufzte leise. »Ich sollte wirklich langsam reinen Tisch machen.«
»Dann könnten wir uns endlich in aller Öffentlichkeit zusammen sehen lassen, statt uns nur heimlich zu treffen«, fügte Eric hinzu.
»Du glaubst ja gar nicht, wie satt ich dieses ewige Versteckspiel habe!«
»Das kannst du ja ändern.« Eine deutliche Herausforderung schwang in seinen Worten mit.
»Ich muss den richtigen Zeitpunkt abwarten.« Würde je der richtige Moment kommen, um ihren Söhnen zu gestehen, dass sie sie hintergangen hatte?
»Sie lieben dich, und deshalb werden sie dir auch verzeihen.« Eric hatte ihre Gedanken gelesen.
»Das hoffe ich sehr.« Raina selbst war sich da nicht so sicher.
»Hast du Lust, nachher zu mir zu kommen? Ich hab mir ein paar DVDs ausgeliehen.«
Sie fing seinen Blick auf und lächelte. »Nichts, was ich lieber täte. Holst du mich ab, damit niemand mein Auto vor deinem Haus sieht?« Nervös trommelte sie mit den Fingern auf der Tischplatte herum. Sie konnte selbst nicht fassen, dass sie sich benahm wie ein Teenager, dem die Eltern verboten hatten, mit ihrem Freund auszugehen. Aber als Frau mit nachgewiesenem Herzfehler legte sie wenig Wert darauf, dabei ertappt zu werden, wie sie den größten Teil der Nacht bei Eric verbrachte.
»Natürlich hole ich dich ab.« Er beugte sich vor und küsste sie sacht auf die Wange. »Aber warum fahren wir nicht einfach von hier aus zu mir, und ich bringe dich später nach Hause?«
»Gute Idee. Ich sage Chase nur schnell Bescheid, dass er sich heute nicht mehr um mich kümmern muss.«
»Diese Aufgabe fällt dann wohl automatisch mir zu?« Eric grinste. »Die Vorstellung gefällt mir.«
Raina lächelte glücklich. Wenn Rick und Kendall dasselbe füreinander empfanden wie sie für Eric, dann hatte dieser vollkommen Recht. Es war an der Zeit, mit der Wahrheit herauszurücken, denn die beiden brauchten ihre Hilfe beim besten Willen nicht.
Rick hielt Kendalls Hand fest in der seinen. Sie betrat sein Apartment und spürte augenblicklich, wie ihre Erregung wuchs.
Er schloss die Tür hinter ihnen ab und warf die Schlüssel auf den Dielenschrank. Das klirrende Geräusch hatte etwas Endgültiges, es verlieh Kendall einen Vorgeschmack davon, was diese Nacht für sie bereithielt.
Rick drehte sich zu ihr um und sah sie an. »Es geht doch nichts über die eigenen vier Wände.«
In der Diele brannte nur eine kleine Lampe. Kendall blickte sich um. Die Wohnungseinrichtung entsprach Ricks Charakter. Viel dunkles Holz, wenig überflüssiger Tinnef.
»Wie gefällt es dir hier?« Seine Lippen verzogen sich zu einem trockenen Lächeln.
»Genau so habe ich mir deine Wohnung vorgestellt.«
»Heute Nacht ist es unsere Wohnung.« Seine heisere Stimme entfachte tief in ihrem Inneren ein Feuer,
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