Der Tag der Traeume
lachte sie.
Charlotte mischte sich ein. »Wusstet ihr, dass Roman mich hier zum ersten Mal geküsst hat?« Sie wandte sich an ihren Mann und sah ihn so anbetend an, dass sich Rick, Kendall und jeder sonst in Sichtweite ziemlich fehl am Platze vorkamen.
Es hatte einmal eine Zeit gegeben, da hätte Rick jetzt die Augen verdreht und spöttisch-nachsichtig gelächelt. Und es hatte ebenfalls eine Zeit gegeben – vor seiner Hochzeit und der anschließenden Scheidung – da hätte er sich gefragt, ob er selbst sich jemals einem anderen Menschen so verbunden fühlen würde. Ob er je dieses einzigartige Gefühl der Zusammengehörigkeit erfahren würde, das seine Mutter und sein Vater geteilt hatten und das jetzt zwischen Roman und Charlotte bestand. Nach seiner Scheidung hatte er mehr Zeit damit verbracht, vor Beziehungen und einer etwaigen Bindung davonzulaufen statt ernsthaft darüber nachzudenken. Doch als er nun das frisch verheiratete Paar betrachtete, empfand er etwas nie Dagewesenes – Neid. Weil er sich sehnlichst wünschte, Kendall würde ihn auch einmal so voller Hingabe anschauen wie Charlotte ihren Roman.
Er erinnerte sich, dass er vor langer Zeit einmal seine schwangere Frau betrachtet und in ihr mehr als nur eine gute Freundin in Not gesehen hatte. Und da er geglaubt hatte, sie wäre sein, in guten wie in schlechten Zeiten, hatte er ihr nach und nach sein Herz geöffnet. Er hätte nicht im Traum damit gerechnet, dass Jillian ihn so sang- und klanglos sitzen lassen würde.
Was er sich jetzt jedoch von Kendall wünschte, überstieg alles, was er sich von Jillian je erhofft hatte. Und diesmal wusste er von vornherein, dass ihre gemeinsame Zeit begrenzt war. Scheiße.
Rick blickte von Roman, der ihn musterte, als hätte er den Verstand verloren, zu Charlotte, die ein Grinsen kaum unterdrücken konnte und dann zu Kendall, die vollkommen verwirrt aussah.
»Wir wollten gerade gehen«, verkündete er. Er wollte Kendall von hier fortschaffen und da weitermachen, wo sie eben aufgehört hatten, wollte sich in ihr verlieren und die ungebetenen Gefühle vergessen, die sie in ihm auslöste. Im Kreise seiner so eng zusammengeschweißten Familie befanden sich die Emotionen – und die Erinnerungen an die Vergangenheit – immer dicht unter der Oberfläche.
»Jetzt schon?«, wunderte sich Charlotte. »Wir sind doch gerade erst gekommen.«
»Und wir sind verdammt tief geflogen, um so schnell wie möglich hier zu sein«, fügte Roman hinzu. »Also schadet es dir nichts, wenn du noch ein bisschen bleibst.«
»Er ist nur ein Mal von einem Cop angehalten worden«, warf Charlotte stolz ein, dann schielte sie zu Rick hinüber. »Ich meine, er ist ein Mal von einem Polizeibeamten in Ausübung seiner Pflicht kontrolliert worden. Und der hatte einen guten Grund, uns rauszuwinken.«
»Hast du während der Fahrt auf Romans Schoß gesessen?«, erkundigte sich Rick grinsend.
Charlotte errötete. »So was Ähnliches.«
»Eine Weile können wir doch noch bleiben.« Kendall zupfte ihn am Hemd. »Oder, Rick? Du wolltest doch, dass ich deine Familie kennen lerne, und außerdem habe ich schon so viel Charlottes Geschäft gehört. Ich würde mich gern mit ihr darüber unterhalten.«
»Sie sich mit dir sicher auch.« Roman feixte. »Außerdem muss mir mein Bruderherz noch die neuesten Neuigkeiten berichten.«
Rick stöhnte. Die neuesten Neuigkeiten? Von wegen! Roman wusste so gut wie er selbst, dass sie noch gestern Abend miteinander telefoniert hatten. Er wollte Rick lediglich einen Knüppel zwischen die Beine werfen und seinen Plan vereiteln, die nächsten Stunden mit Kendall allein zu verbringen. Und er hatte offensichtlich einen Heidenspaß daran.
Doch Rick beabsichtigte nicht, ihn damit durchkommen zu lassen. Morgen war noch Zeit genug, in Familie zu machen. Wie viel Zeit ihm mit Kendall blieb, war dagegen mehr als ungewiss. Diese Nacht sollte allein ihnen beiden gehören.
»Ich bin sicher, Charlotte hat der Flug von Albany und die Fahrt hierher ziemlich angestrengt.« Er durchbohrte seine Schwägerin mit einem Blick, der sie daran erinnern sollte, dass sie ihm einen Gefallen schuldete.
Nachdem aus ihrem Laden ständig Wäschestücke verschwunden waren und sich der Hauptverdacht schließlich auf Roman konzentriert hatte, hatte Charlotte herausgefunden, dass Samson, der Stadtexzentriker, hinter den Diebstählen steckte. Der aber hatte sich nicht bereichern, sondern Charlotte nur einen Gefallen tun wollen. Irgendwie war er auf
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