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Der Tag der Traeume

Der Tag der Traeume

Titel: Der Tag der Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carly Phillips
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Rick ihr geraten hatte, die Leute nicht zu korrigieren, wenn sie falsche Vermutungen anstellten. In einer kleinen Stadt, wo jeder jeden kannte, glaubte jeder nur das, was er glauben wollte, auch wenn man ihm das Gegenteil versicherte oder alle Umstände dagegen sprachen. Zu ihrer eigenen Überraschung stellte sie fest, dass sie sich nicht daran störte. Pearl beharrte eben hartnäckig darauf, die Welt durch eine rosarote Brille zu sehen.
    »Ich dachte, ich bringe erst einmal das Gästehaus in Ordnung und nehme mir danach das Hauptgebäude vor.« Als sie Pearl vor einigen Tagen einen kurzen Besuch abgestattet hatte, hatte sie festgestellt, dass die Außenwände verwittert und der Garten völlig verwahrlost war, innen aber nur alles frisch gestrichen werden musste. Sie wollte Eldin nicht kränken, indem sie an seinen Anstreicherkünsten herumkrittelte oder ihm vorschlug, sich die Wände gemeinsam noch einmal vorzunehmen. Es gab andere Möglichkeiten, das Haus für den Verkauf herzurichten.
    »Wirklich? Was soll denn alles gemacht werden?«, hakte Pearl neugierig nach.
    Die Frage konnte ihr Kendall guten Gewissens beantworten. Nur auf das Warum mochte sie noch nicht näher eingehen. Warum sollte sie Pearl unnötig beunruhigen? Sie wollte sich erst einmal nach einer Möglichkeit umsehen, das ältere Pärchen anderswo unterzubringen und ihnen dann schonend beibringen, dass sie ihr Heim aufgeben mussten. Das war das Mindeste, was sie für Tante Crystals Freunde tun konnte. »Ich dachte daran, ein paar Blumen zu kaufen und die Beete neu zu bepflanzen, und Rick wollte den Rasen mähen und die Außenwände mit einem Hochdruckreiniger bearbeiten«, begann sie.
    »Sie sind ein Schatz!« Pearl sprang auf und schloss Kendall in die Arme. »Das klingt ja, als würden Eldin und ich bald in einem Palast leben. Wir konnten es uns leider nicht leisten, viel am Haus machen zu lassen, das wissen Sie ja. Natürlich werden Eldin und ich Ihnen zur Hand gehen, wo wir nur können.« Freudestrahlend lehnte sie sich in ihrem Stuhl zurück.
    Kendall fand keine Worte. Sie brachte es nicht fertig, Pearls Illusionen zu zerstören und ihr knallhart ins Gesicht zu sagen, sie müsse in Kürze ausziehen, aber sie konnte die alte Frau und Eldin doch auch nicht in dem Glauben lassen, sie könnten im Haus ihrer Tante wohnen bleiben. Hinter ihrer rechten Schläfe begann es zu pochen, und sie massierte sich mit den Fingerspitzen behutsam die Stirn.
    »Das muss ich sofort Eldin erzählen!« Pearl griff nach ihrer Tasche. »Lassen Sie sich die Brownies schmecken.« Ihre freudige Erregung war nur allzu deutlich.
    Kendall stöhnte leise.
    »Keine Angst, ich komme später noch mal auf ein Schwätzchen vorbei.«
    Wieder hatte Pearl ihre Reaktion falsch gedeutet, und wieder berichtigte Kendall sie nicht. Erstens wusste sie, dass Widerspruch nichts fruchten würde, und zweitens gab Pearl ihr gar keine Gelegenheit dazu. Sie machte auf dem Absatz kehrt, stürmte aus dem Raum und ließ eine sprachlose Kendall zurück.
     
    Sie blieb einen Moment still sitzen, dann zuckte sie die Achseln und machte sich daran, ihre Probleme in Schokolade zu ertränken.
    Ein paar Stunden nach Pearls überstürztem Aufbruch blitzte die Küche vor Sauberkeit. Nachdem Kendall sämtliche Brownies vertilgt hatte, hatte sie beschlossen, die Kalorien wieder abzuarbeiten. Als sie fertig war, hätte sogar die penibelste Hausfrau in keiner Ecke mehr ein Stäubchen entdecken können. Danach nahm sie sich die Schränke vor, die bis auf den großen, begehbaren im Flur leer waren. Nachdem sie ihn gründlich ausgemistet hatte, stapelte sich in der Garage genug Gerümpel, um einen improvisierten Flohmarkt zu veranstalten.
    Erschöpft, aber entschlossen, weiterzurackern, ging sie in ihr Schlafzimmer. Da Brian ihr neben ihrer Garderobe auch Bettzeug, ihren Nachttisch und andere Möbelstücke aus New York geschickt hatte, wirkte der kleine Raum nun ausgesprochen behaglich. Kendall trat einen Schritt zurück und betrachtete ihr Werk, dann schritt sie langsam durch sämtliche Zimmer, um die Verbesserungen zu bewundern.
    Sie hatte den Frust des Tages durch harte Arbeit abgebaut, fühlte sich aber nichtsdestotrotz schuldig, weil sie das Haus nur in Stand setzte, um es schnellstmöglich verkaufen zu können – wozu sie Pearl und Eldin auf die Straße setzen musste.
    Eine schöne Bescherung, dachte Kendall erbittert. Das hatte sie nun davon, dass ihr andere Menschen ans Herz wuchsen. Was sollte sie nun tun?

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