Der Tag der Traeume
einmal für das andere Geschlecht und neigen zur Schwärmerei, und wenn du sie dazu bringst, dir zuzuhören, kann es dir doch ganz egal sein, ob dein Äußeres der Hauptgrund dafür ist. Wenn sie sich deine Warnungen zu Herzen nehmen, hast du ihnen, ihren Eltern und der Gesellschaft einen großen Dienst erwiesen.«
Die Überzeugung, mit der sie über dieses ihm so wichtige Thema sprach, ließ ihn zu dem Schluss kommen, dass er sie falsch eingeschätzt hatte. Er sollte sie wirklich allmählich besser kennen. Sie würde sich nie über ein so ernstes Problem lustig machen. Dass sie so viel Verständnis für ihn aufbrachte, bewies ihm etwas, was er tief in seinem Herzen schon wusste. Sie ergänzten einander in vieler Hinsicht fast perfekt.
»Was ist mit den Jungs, die an diesem Programm teilnehmen?«, fragte sie. »Wie hältst du die bei der Stange?«
»Das ist nicht so einfach. Aber nach dem zu urteilen, was du eben gesagt hast, dürfte es hilfreich sein, erst einmal das Interesse der Mädchen zu wecken. Die Jungs ziehen dann schon nach, die wollen ja nichts verpassen.« Er lachte. Sie hatte ihm eine so einfache Lösung dieses Problems geliefert, dass er sich fragte, warum er nicht selbst darauf gekommen war.
»Und wozu war das heutige Treffen gedacht?«
»Die Lehrer sollen sich mit dem Programm vertraut machen. Wir haben schon Sommer, im September soll es losgehen.«
»Wie ist es denn gelaufen?« Kendall beugte sich vor und stützte das Kinn auf die Hände.
»So gut, wie es mit Lisa Burton als Teilnehmerin eben laufen konnte«, knurrte er.
»Lisa.« Kendall wiederholte den Namen mit unverhohlener Abneigung.
»Du kennst sie?«, erkundigte sich Rick alarmiert. Was mochte die von Eifersucht zerfressene Lehrerin zu Kendall, Ricks angeblicher Freundin, alles gesagt haben? Dann fiel ihm ein, dass Kendall ja nicht länger seine angebliche Freundin war.
Aus dem Spiel war Wirklichkeit geworden, eine überwältigend schöne Wirklichkeit.
Kendall seufzte. »Kennen ist zu viel gesagt. Sie war eine der Frauen, die mich bei Luanne’s eiskalt geschnitten haben. Nicht, dass mir das irgendetwas ausgemacht hätte.«
Die Lüge stand deutlich in ihren Augen zu lesen. Die Ablehnung hatte ihr weh getan, und wieder empfand Rick den Drang, sie zu beschützen, jeglichen Kummer von ihr fern zu halten. »Lass dir wegen Lisa keine grauen Haare wachsen. Sie ist nur eine eifersüchtige Furie, die kein Nein akzeptieren kann.«
»Sie ist diejenige, die dir dauernd nachstellt?«
Beinahe hätte er gesagt, nahezu alle Frauen stellten ihm nach, aber das traf nicht mehr zu. Sein Plan war aufgegangen. Seit die ganze Stadt Kendall und ihn für ein Paar hielt, hatte es keine Verführungsversuche mehr gegeben. »Wenn Lisa dir Ärger macht, lass es mich wissen.«
Kendall hob eine Braue. »Und was machst du dann mit ihr? Sie wegen Unverschämtheit verhaften? Das wäre doch mal was.« Dann winkte sie ab. »Ich weiß, dass man nicht immer mit offenen Armen aufgenommen wird, wenn man neu in einer Stadt ist. Nicht jeder mag dich, und du magst nicht jeden. So ist das Leben nun mal. Mit Lisa werde ich schon fertig. Aber wenn sie dich nicht in Ruhe lässt, kann ich für nichts garantieren.« Sie grinste und trank den letzten Schluck Wein aus.
»Du bist ganz schön besitzergreifend, weißt du das?« Er tippte ihr mit dem Finger auf die Nasenspitze.
»Was mein ist, soll auch mein bleiben.« Kendall zuckte die Achseln.
Der Wein hatte ihr offenbar die Zunge gelockert, denn obwohl die Bemerkung scherzhaft klang, schwang ein Anflug von Ernst darin mit, der Rick freute. Es gelang Kendall immer wieder, ihn zu überraschen, und dieses Mal machte es ihm nicht das Geringste aus, so vereinnahmt zu werden.
»Fertig?«, fragte sie.
Er blickte auf seinen Teller und stellte fest, dass er nicht nur das zweite Stück Pizza, sondern auch noch ein drittes gegessen hatte, ohne es zu merken.
»Und ob. Ich kann nicht mehr.« Er wollte aufstehen, doch sie legte ihm eine Hand auf die Schulter, um ihn daran zu hindern.
»Du hast den ganzen Tag geschuftet. Ich räume schnell auf. Trink du dein Bier aus und ruh dich aus.« Sie nahm die Pappteller und ihr leeres Weinglas und ging in die Küche.
Da diese nur durch die Theke vom Wohnzimmer abgetrennt, konnten sie ihr Gespräch fortsetzen – und Rick Kendall bei der Arbeit zusehen. Die enge Kleidung betonte jede Linie ihres wohl geformten Körpers, und trotz seiner Erschöpfung begann sich Verlangen in ihm zu regen.
Doch
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