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Der Tag der zuckersueßen Rache

Der Tag der zuckersueßen Rache

Titel: Der Tag der zuckersueßen Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaclyn Moriarty
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»böses Blut«. Aber das ist nicht der einzige Grund, Cass. Du bist auch deswegen so beliebt, weil Du den anderen immer freundlich und interessiert zuhörst und wegen Deines trockenen und/oder musikalischen Humors. Der Punkt ist der, Paul Wilson hätte das Sakrileg haben können, mit Dir befreundet zu sein. Wenn er Dir nur eine Chance gegeben hätte. Wenn jemand verrückt ist, Cass, dann ist es Paul Wilson. Er, meine Liebe, ist ein echter Psychopath. Viele liebe Grüße
    Emily
     
     
    An: Cassie
Von: Lydia
Subject: Verrückte Cassie
    Liebe Cassie , ich denke gerade über die Frage nach, warum Du Dich entschiede n hast, jemandem Briefe zu schreiben, der von Rechts wegen in die geschlossene Abteilung eines Irrenhauses gehört .
    Ich denke, dass es vielleicht so etwas wie ein Machtspiel war. Ähnlich wie bei dieser Therapeutin, Claire, die Dir sagte, was Du tun sollst. Du wusstest, dass es bescheuert ist, was sie wollte, und indem Du es trotzdem gemacht hast, hast Du auf sonderbare Art und Weise die Oberhand behalten. Wie man es als kleines Kind macht, wenn die Mutter einen zwingt, Gemüse zu essen, obwohl man es nicht ausstehen kann, und man ganz schnell ganz viel davon in sich hineinschlingt, bis man sich übergeben muss. Das zeigt nur, dass Du eine interessante und starke Persönlichkeit besitzt, Cass. Es zeigt nicht, dass Du verrückt bist. Jedenfalls, das ist meine Theorie und Du kannst sie mir glauben oder nicht, aber denk daran, dass ich ein Genie bin und mit ziemlicher Sicherheit recht habe. Viele liebe Grüße
    Lyd
     
    Freitag, Mitternacht, Vollmond mit einem kleinen Riss in der Ecke
    Ich glaube, es war, weil ich Angst vor ihm hatte. Das ergibt keinen Sinn, ich weiß. Ich werde es erklären. Also, niemand weiß, wodurch Leukämie tatsächlich ausgelöst wird. Man denkt, dass es verschiedene Faktoren gibt, die dabei eine Rolle spielen, wie Rauchen oder Strahlenbelastung oder sogar einige Methoden der Krebsbehandlung (wie toll!). Aber auf meinen Vater trafen diese Faktoren alle nicht zu. Deshalb kam er auf die Idee, es könnte daran liegen, dass er häufig sehr nervös war – sein ganzes Leben lang hatte er vor vielen gesellschaftlichen und beruflichen Situationen Angst gehabt. Er sagte, er wette, all diese Angst hätte sich in ihm zusammengeballt und ihn krank gemacht. Einmal, als er darüber sprach, sagte er zu mir: »Du wirst dich doch niemals vor etwas fürchten, Cassie, oder?« Und ich sagte, nein, würde ich nicht. Am Anfang dieses Schuljahrs suchten sie nach Freiwilligen für das Frühlingskonzert. Als ich den Anschlag am Schwarzen Brett sah, dachte ich daran, wie toll es wäre, wenn ich es schaffen könnte, auf einer Bühne zu singen und eines Tages vielleicht so gar Sängerin zu werden. Aber dann sagte ich zu mir: »Ja, klar«, und ging weiter. Weil ich immer schon viel zu viel Angst gehabt hatte, um vor Publikum zu singen. Und dann PLÖTZLICH fiel mir dieses Gespräch mit meinem Vater ein – wie er mir gesagt hatte, ich dürfe niemals Angst haben, und wie ich ihm das versprochen hatte, wie einen Schwur. Ich beschloss, mich auf jeden Fall freiwillig für das Konzert zu melden. Es wäre wie eine Botschaft an meinen Vater, weil ich tat, was er sich gewünscht hatte, und ein gute Gelegenheit noch dazu, weil er mich immer gerne singen gehört hatte. Aber rate mal, wessen Hand sich nicht rührte, als sie nach Freiwilligen fragten. Ich behielt sie einfach unten in meinem Schoß. Während mein Herz wie verrückt klopfte. Allein die Vorstellung, die Hand zu he ben, jagte mir eine Riesenangst ein. Meine Hand jagte mir Angst ein, wenn ich sie nur ansah. Ich hasste mich dafür. Ich hasse mich immer noch dafür. Danach wurde ich immer deprimierter, weil ich mir so wünschte, ich hätte die Hand gehoben. Ich dachte, was für ein hoffnungslo ser Fall ich doch sei und dass ich meinen Dad irgendwie im Stich gelassen hätte, weil ich in Wirklichkeit die ganze Zeit Angst habe, zum Beispiel Angst vor der Nacht, jetzt, wo nur noch Mum und ich hier leben. Ständig meine ich, einen Einbrecher zu hören. Neulich verbrachte ich den ganzen Nachmittag damit, zusätzliche Riegel an alle Türen zu schrauben.
    Das ist eine lange Geschichte, ich weiß, aber ich bin gleich fertig.
Das Ende geht so: Als dieser Typ von der Brookfield seinen ersten unheimlichen Drohbrief schrieb, hatte ich echt Angst. Ich
fürchte mich sowieso immer ein bisschen vor diesen Brookfield-
Kids und dieser Typ klang wie ein Irrer.
Also dachte ich,

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