Der Tag Des Falken
hauptsächlich zur Passagier- und Frachtbeförderung diente, waren ihre Waffenbehälter mit den Lenkwaffen des Typs Sea Stinger und der 30-mm-Revolverkanone ausgebaut worden, um mehr Platz für Sitze und Fracht zu schaffen.
Nach einer Lautsprecherdurchsage des Crew Chiefs bestiegen die Controller der Nachtschicht das Flugzeug, und Hardcastle folgte ihnen an Bord. Auf den dünn gepolsterten Sitzen konnte die Sea Lion vierundzwanzig Fluggäste verhältnismäßig komfortabel befördern; dazu kamen drei bis vier Mann Besatzung, maximal drei Tonnen Fracht im Heck und gelegentlich eine fünf Tonnen schwere Palette mit Ersatzteilen oder Treibstoffbehältern am Lasthaken unter dem Rumpf. Da die Kabine gut schallgedämpft war und die Triebwerke und Rotoren an den Flügelenden saßen, anstatt wie bei einem Hubschrauber genau über den Fluggästen angeordnet zu sein, war der Lärmpegel im Kabinen-inneren gut zu ertragen.
Hardcastle bekam einen der vorderen rechten Sitze angeboten, die am begehrtesten waren, weil man dort neben dem großen Fenster in der rechten Tür saß und es nicht weit bis zur Kaffeemaschine in der Bordküche hatte. Aber er verzichtete zugunsten eines neuen Controllers auf diesen Platz und suchte sich einen Sitz in der Nähe der Laderampe.
Dies war eines der wenigen Male, daß er in einer AV-22 hinten saß; im allgemeinen nützte er seinen Dienstgrad aus, um wenigstens den Fluglehrersitz zwischen den Piloten zu beanspruchen, wenn er die Maschine nicht sogar selbst flog.
Diesmal vergeudete Hardcastle keine Minute des Vierzigmi-
nutenflugs zur Kontrollplattform: Er zog seinen Gurt straff, knipste die Leselampe aus und schlief bereits fest, als die Sea Lion fünf Minuten später in achttausend Fuß in den Horizontalflug überging.
Miami Air Route Traffic Control Center, Miami, Florida
»Miami Center, hier Sun and Sand Three-Five-One in eins-zwo-tausend.
Guten Abend.«
»Sundstrand Air Three-Five-One, Identent«, verlangte der für die Frequenz 127,30 MHz und den ATC-Südsektor zuständige Controller.
Da der Flugplan dieser Maschine für den Überwasserflug vom Willemstad Airport der zu den Niederländischen Antillen gehörenden Insel Curagao bereits seit einigen Stunden vorlag, hatte der Controller die Maschine, die hundertfünfzig Seemeilen südlich von Miami Kurs auf Fort Lauderdale hatte, bereits auf seinem Radarschirm geortet. Jetzt beobachtete er, wie das Symbol für ein nicht identifiziertes Radarziel gelb umrahmt aufleuchtete, als der Pilot seine Ident-Taste drückte. Auf die Minute pünktlich, genau auf Kurs.
»Sundstrand Three-Five-One, Radarkontakt in eins-zwo-tau-send.
Ebenfalls guten Abend.«
Der Pilot antwortete mit einem zweimaligen Klicken seiner Sprechtaste. Piloten dieser Gesellschaft benützten gern das Rufzeichen »Sun and Sand« statt »Sundstrand«, denn sie flogen re gelmäßig von Florida, Georgia und Texas zu den Niederländischen Antillen mit ihren Stranden und Spielkasinos. Ihre freien Tage verbrachten sie auf Curagao in den Spielkasinos oder in Miami am Strand. Kein schlechter Job.
Plötzlich kam ein Anruf, der durch ein gelbes Blinklicht am Arbeitsplatz des Flutlotsen signalisiert wurde. Der Controller wußte, daß er aus dem »Zoo« kam: von der Border Security Force im Süden Miamis. Die Hammerheads hatten Standleitungen zu sämtlichen Radarstationen im Südosten der Vereinigten Staaten und benützten sie auch häufig - nach Ansicht der Fluglotsen viel zu häufig, um Piloten unter FAA-Kontrolle Fragen zu stellen oder Anweisungen zu erteilen.
Obwohl die FAA-Controller für die Staffelung des Flugverkehrs zuständig blieben, hatte die Border Security Force das Entscheidungsrecht darüber, welche Maschinen in den amerikanischen Luftraum einfliegen durften. Und sie machte nur allzu häufig im ungeeignetsten Augenblick von diesem Recht Ge brauch. Kaum hatte man einem Piloten eine bestimmte Höhe oder einen bestimmten Kurs zugewiesen, meldeten sich die Hammerheads und forderten eine Überprüfung seiner Identität oder seines Flugplans, verlangten von dem Controller, ihm eine andere Höhe oder einen anderen Kurs zuzuweisen, oder bestanden auf einer Warteschleife oder einem anderen Zielflughafen.
Dabei spielte es keine Rolle, ob dahinter ein Dutzend Maschinen auf Landeerlaubnis wartete, das Flugzeug vielleicht nicht mehr viel Treibstoff hatte oder der Pilot nicht allzu gut Englisch sprach. Die Hammerheads brauchten sich nie mit den Piloten auseinanderzusetzen. Nein, die
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