Der Tag Des Falken
schrillte so laut, daß der Pilot ihn schließlich abstellte. Sein Warnton unterstrich nur das Offenkundige: Der Kampf hatte im Ernst begonnen.
Der Angreifer ist immer im Vorteil - das hatte Coronel Salazar sie gelehrt. Auch bei technologischer, auch bei zahlenmäßiger Unterlegenheit behält der aggressive, überraschend zuschla gende Angreifer die Oberhand. Jetzt galt es, Salazars Theorie in der Praxis zu erproben.
An Bord des ersten Abfangjägers F-16
Die letzten Worte des Controllers gingen fast im Pfeifen des Ge -
fahrenwarnsystems der F-16 unter. Ihr Radarwarner meldete nicht nur feindliche Radarimpulse, sondern gab auch die Richtung an, aus der sie kamen, und konnte unterscheiden, ob es sich um ein Zielsuchradar, ein Feuerleitradar oder ein Steuersignal für Lenkwaffen handelte. Bei dieser geringen Entfernung folgten alle drei rasch aufeinander: Das Radarsignal begann als Zielsuchradar, verwandelte sich rasch in ein Feuerleitradar, das die F-16 erfaßte, und wurde im nächsten Augenblick zu einem Steuersignal für eine Jagdrakete. An der Instrumententafel des Jägers blinkte eine große Leuchtanzeige LOCK auf, während in der Blickfelddarstellung des Piloten die Warnung MISSILE LAUNCH erschien.
»Trap Three, weiche rechts aus«, meldete der führende Pilot. In diesem Augenblick war der Angriff vergessen, denn er mußte versuchen, sich und seine Maschine zu retten. Mit einem Lenkwaffenstart hatte er nicht gerechnet: Ein Treffer in dieser Situation, wo zwei Jäger aufeinander zurasten, war fast unmöglich, wenn der Angreifer nicht hochmoderne Waffen hatte...
Trotzdem durfte er die Raketenwarnung nicht einfach ignorieren.
Der erste Pilot stieß aus dem linken Behälter Düppel aus -
Aluminiumstreifen zur Täuschung des gegnerischen Radars — und riß die Maschine in einer steilen Rechtskurve mit 6 g hoch.
Nachdem er in wenigen Sekunden über tausend Fuß gestiegen war.
legte er seine F-16 blitzschnell auf den Rücken, ging im Sturzflug aufs Wasser hinunter und bemühte sich, eine möglichst enge Kurve zu fliegen, ohne dabei bewußtlos zu werden. Zuvor hatte er nochmals Düppel ausgestoßen, weil er hoffte, die Jagdrakete werde statt seiner schnellen F-16 die langsam treibende Wolke aus Metallstreifen ansteuern.
Der Pilot der Mirage F IC hatte jedoch keine Lenkwaffe abge-
schossen. Er hatte ihren Abschuß nur simuliert, um den gegnerischen Jäger zu veranlassen, vorzeitig zu manövrieren und eine Abwehrposition einzunehmen - was die erste F-16 prompt getan hatte. Sobald der Mirage-Pilot den amerikanischen Jäger steil hochziehen sah, schaltete er sofort von seinen radargesteuerten Lenkwaffen für größere Entfernungen auf Jagdraketen mit Infrarotsuchkopf für kürzere Entfernungen um, beschleunigte und stieg hinter der F-16 her. Anstatt ihr frontal zu begegnen, hatte er's jetzt geschafft, sich hinter sie zu setzen und in Schußposition zu kommen...
Aber der Trick mit dem scheinbaren Raketenabschuß war altbekannt, und die beiden F-16-Piloten reagierten auf die einzig richtige Weise: Bei diesem Ausweichmanöver vor einem frontal angreifenden Gegner mußte die zweite Maschine etwas zurückbleiben.
Als die führende F-16 steil hochzog, wartete der Flügelmann zwei quälend lange Sekunden — immerhin konnte tatsächlich eine Jagdrakete auf ihn zufliegen -, suchte den Nachthimmel nach dem Angreifer ab und stieg dann hinter ihm her, als er auftauchte. Das Manöver funktionierte. Als die Mirage sich hinter die führende F-16 setzte, war die zweite F-16 dicht hinter ihr. Und als der erste amerikanische Jäger seinen Sturzflug begann, konnte die nicht so wendige Mirage ihm nicht sofort folgen und blieb mehrere Sekunden lang für die zweite F-16 verwundbar, die jetzt mit ihrer Vulcan-Revolverkanone das Feuer eröffnete. »Fox Three, Fox Three!« meldete der zweite F-16-Pilot über Funk, als er den Feuerknopf an seinem Steuerknüppel drückte. »Er ist vor mir... Ich kann nicht sehen, wer er ist, aber er ist verdammt schnell...«
An Bord des Jägers Mirage F 1G der Cuchillos
Dann kam der Augenblick, in dem er die F-16 mitten im Visier seines Radarschirms hatte und ein fast überwältigendes Siegesgefühl empfand.
Aber er wußte auch, daß dieses Triumphgefühl oft zu Fehlern verleitete.
Deshalb kontrollierte er die Anzeigen seiner Instrumente und ermahnte sich, nicht leichtsinnig zu werden.
Für einen Raketenangriff war er bereits zu nahe, aber für einen Angriff mit seiner Maschinenkanone mußte er noch
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