Der Tag Des Falken
beseitigen, ihre Lieferung erneut verpacken und einen neuen Versandweg finden. Das alles kostet Zeit und Geld. Und wenn sie den nächsten Anlauf nehmen, stehen wir wieder bereit.«
»Aber heißt das nicht, daß die Schmuggler den Seeweg durch die Karibik meiden und ihren Stoff vermehrt auf dem Landweg durch Mexiko und Texas oder Arizona transportieren werden?«
»Das ist möglich, aber dann haben wir sie dazu gezwungen, mehr Zeit und Energie aufzuwenden. Und indem wir unsere Kontrollen in der Karibik und vor Südflorida verschärfen, werden mehr Drogenfahnder für Einsätze im Süden und Südwesten frei. Die Border Security Force wird bald auch den Süden unter Kontrolle haben und später auch den Südwesten sichern.«
»Soll das heißen, daß zu Ihren Hauptzielen die Verlagerung von Schmuggelrouten in andere Bundesstaaten gehört?«
»Nein, das ist eine unzulässige Vereinfachung, die unsere Ziele in einem ganz falschen Licht erscheinen läßt.« Geffar bemühte sich, ihre Verärgerung hinunterzuschlucken. »Wie das FBI berichtet, ist der Straßenverkaufspreis für Kokain seit der Aufstellung der Border Security Force vor gut sechs Monaten um fast fünfzig Prozent gestiegen. Und da über die Hälfte des geschmuggelten Kokains durch den Südosten in die Vereinigten Staaten kommt, läßt sich sagen, daß unsere Kontrollen wirklich effektiv sind.«
»Sehen Sie den gemeldeten Preisanstieg als Erfolg?«
»Aber sicher! Fünfzig Prozent Preissteigerung machen Kokain für viele Abhängige zu teuer. Wer noch vor einem halben Jahr keine Schwierigkeiten gehabt hat, sich mit Stoff zu versorgen, muß plötzlich feststellen, daß der Nachschub stockt, oder kann sich das Zeug nicht mehr leisten...«
»Also überfällt er einen weiteren Liquor Store oder raubt eine weitere Handtasche oder unterschlägt noch mehr Geld in der Firma, um sich den Stoff leisten zu können?«
»Oder er verzichtet darauf, Sir. Oder er beginnt eine Therapie, weil Koks so teuer geworden ist. Oder er begeht eine Straftat und wird dabei geschnappt. Oder er kokst weniger, teilt seinen Vorrat seltener mit anderen oder streckt ihn mehr. Allein die Tatsache, daß durch unser neues Programm viele Ratten aus ihren Löchern gescheucht werden, so daß wir sie leichter unschädlich machen können, ist schon ein Erfolg. Wir sind erfolgreich. Und wir haben eben erst zu kämpfen begonnen...«
Valdivia, Kolumbien
Gonzales Gachez nahm eine Scheibe Limone aus der Schale auf der Theke und warf damit nach dem Großbildfernseher.
Er hockte an der Bar seines mit Eichenholz getäfelten Büros auf seiner Ranch im kolumbianischen Hochland und verfolgte die über Satellit ausgestrahlte Sendung Nightline. Jedes angekündigte Interview mit amerikanischen Beamten oder Politikern, die im Kampf gegen den Drogenschmuggel standen, konnte mit erhöhter Aufmerksamkeit rechnen. Umgeben war Gachez an diesem Abend von seinen engsten Mitarbeitern sowie den Kommandeuren der Verteilerorganisation.
Die Sendung wurde durch Werbung unterbrochen, aber da Ga chez sie empfing, wie sie von Hammerhead One übertragen wurde, sahen sie Geffar, die gerade in ein Handfunkgerät sprach, weiter vor der Kamera stehen.
»Glaubt sie tatsächlich, unsere Lieferungen entscheidend be-
hindern zu können?« fragte Gachez laut. »Wir schmuggeln jeden Tag mindestens tausend Kilo unter ihrer Nase vorbei ins Land, und selbst ihre modernsten Flugzeuge und Drohnen können uns nicht daran hindern!«
»Im Fernsehen muß sie das behaupten«, stellte sein Stabschef Luis Cerredo fest.
Anstatt Gachez zu beschwichtigen, wie an sich zu erwarten gewesen wäre, bewirkte Cerredos Äußerung genau das Gegenteil.
»Bloß fürs Fernsehen, Luis? Warum kommen unsere Lieferungen dann nicht mehr an? Warum sagen unsere Kunden, daß wir nicht wie versprochen liefern? Wir verteilen Drogen über die ganzen Bahamas, in ganz Mexiko - und kriegen nur die Hälfte unseres Geldes für die gelieferte Ware. Wie kommt das?«
»Die Feiglinge, die für den Abtransport zuständig wären, sehen Hubschrauber kommen und laufen weg. Sie behaupten, daß die Flugzeuge der Cuchillos zuviel Aufmerksamkeit erregen -daß sie die Federales zum Abwurfpunkt locken, so daß die Ware nicht geborgen werden kann...«
»Und erregen sie wirklich Aufmerksamkeit?« fragte Gachez. »Sind die Cuchillos etwa nachlässig geworden?«
»Meiner Überzeugung nach nicht, Senor«, antwortete Cer-redo.
»Sie gehen recht umsichtig vor. Sie haben die Schwächen dieser
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