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Der Tag ist dein Freund, die Nacht dein Feind (German Edition)

Der Tag ist dein Freund, die Nacht dein Feind (German Edition)

Titel: Der Tag ist dein Freund, die Nacht dein Feind (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Münster
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ausdrücklichen Wunsch Ihrer Mutter hin wurde das Testament bei mir hinterlegt.“ Emily sah an dem Gesichtsausdruck des Mannes, dass er eigentlich noch eine scherzhafte Bemerkung hatte machen wollen, sie sich aber schnell verkniff. Scherze waren bei diesem Anlass wohl kaum angemessen. Auf der anderen Seite hätte Emily viel dafür gegeben, einen Grund zum Lächeln zu bekommen.
    „Wissen Sie mittlerweile mehr über die Todesursache?“
    Der Anwalt schüttelte den Kopf. „Nein. Wie gesagt, Sie müssen zunächst unterschreiben, dass Sie mit einer Autopsie einverstanden sind. Wenn wir es dringend machen, haben wir in ein bis zwei Tagen das vorläufige Ergebnis , toxikologische Tests dauern allerdings eine Weile länger, falls welche notwendig sein sollten . Hier, wenn Sie das Formular direkt unterschreiben, haben wir das schon mal erledigt. “
    Er reichte der jungen Waise das entsprechende Dokument und deutete mit dem Füller, den er ihr ebenfalls anreichte, auf die Stelle in der unteren rechten Ecke, an der sie unterschreiben musste. Schnell zeichnete Emily das Dokument ab und gab es ihm zusammen mit seinem Stift zurück.
    „Das wäre gut. Ich möchte hier schnellstmöglich alles abschließen und nach New York zurückkehren.“
    Edward Caine runzelte die Stirn. Er hatte sich inzwischen wieder gesetzt und öffnete nun den Umschlag, der das Testament von Emma Watson enthielt.
    „Ich weiß nicht, ob das so schnell möglich sein wird. Es sei denn, sie beauftragen einen Makler, der hier alles für Sie erledigt. Sie werden das verstehen, wenn ich das Testament verlesen habe.“ Er räusperte sich, setzte seine Lesebrille auf und begann, das Dokument vorzulesen:
    „Ich, Emma Watson, wohnhaft im Elberly Cottage , Elmbridge Road, Fulham, London BS3H 7AD , vermache hiermit meinen gesamten Besitz an meine geliebte Tochter Emily Watson.
    In diesen Besitz eingeschlossen sind das Cottage mit allem, was sich darin befindet, alle Vermögenswerte auf dem Bankkonto sowie der Inhalt des Schließfaches. Außerdem ist meiner Tochter der Brief auszuhändigen, den ich diesem Testament beigefügt habe. Möge Gott sie schützen. Ich möchte in der Familiengruft beigesetzt werden, über die genauen Details verfügt Mr. Caine. Auf einem gesonderten Sparbuch, über das ebenfalls er verfügt, ist genug Geld für eine angemessene Beerdigung.“
    Mr. Caine räusperte sich erneut. „Jetzt kommen nur noch bürokratische Details.“
    Emily saß stocksteif in dem bequemen Sessel und versuchte, normal zu atmen. Es war seltsam, nach so langer Zeit etwas zu hören, d as dem Willen und Wortlaut ihrer Mutter entsprach. Sie hatte plötzlich panische Angst davor, den Brief zu lesen. Sie wollte nichts empfinden, wenn sie an ihre Mutter dachte. Sie wollte keine Angst empfinden, keine Trauer. Und vor allem keine Einsamkeit. Emily hatte es sich doch erst an diesem Morgen geschworen. Warf das Testament ihren Vorsatz nun schon über den Haufen?
    Ohne etwas zu sagen, reichte Mr. Caine ihr den für sie bestimmten Brief. In diesem Moment betrat Helen mit einem Tablett das Brüo , schenkte Emily eine Tasse Kaffee ein und reichte ihrem Chef eine Tasse mit Tee. Sie schaute dem Gast kurz ins Gesicht, nickte sich selbst zu und verschwand kurz, um nur Sekunden später mit einem Glas Wasser wieder aufzutauchen.
    „Hier, meine Liebe. Trinken Sie das. Danach geht es Ihnen besser.“
    Emily sah sie überrascht an. Auch der Anwalt schaute überrascht, bis er Emilys Blässe bemerkte. „Helen hat Recht. Trinken Sie etwas Wasser . Ich möchte nicht, dass Sie uns hier umkippen.“
    Die junge Frau ließ den Kaffee vorläufig stehen, trank das Glas Wasser in einem Zug leer und bedankte sich herzlich bei der Sekretärin. Dann öffnete sie widerwillig den Brief.
    „Sie müssen ihn nicht jetzt lesen, wenn Sie nicht wollen. Ich kann Ihnen auch einfach alles aushändigen, was Sie erhalten müssen, und Sie lesen den Brief später. “
    „Nein, ich lese ihn jetzt. Vielleicht wirft er Fragen auf, die Sie beantworten können.“
    „Wie Sie wollen.“ Er begann schnell, sich mit einem anderen Dokument zu beschäftigen, um der Tochter seiner verstorbenen Mandantin Gelegenheit zu geben, den Brief ungestört zu lesen.
    Mit zitternden Fingern hielt Emily das Dokument in der Hand, d as mit der klaren, schön geschwungenen Handschrift ihrer Mutter geschrieben war , ihrer eigenen nicht unähnlich .
    Meine liebe Emily,
    es ist lange her, seit du fort gegangen bist, und mein Herz blutet jeden

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