Der Tag ist dein Freund, die Nacht dein Feind (German Edition)
normales, bequem aussehendes Bett, eine Couch, ein Bücherregal mit einigen alten Bänden darin, einen Fernseher sowie ein sauberes, wenn auch kleines Badezimmer. Doch bei näherer Betrachtung bemerkte Emily, dass sie durch eine kleine Kamera unter ständiger Beobachtung stand. Auch vermutete sie, dass irgendwo ein Mikrofon angebracht war. Sie hoffte nur, dass wenigstens das Bad unbeobachtet blieb, was sich später als Irrglaube herausstellen sollte.
Ivan deutete auf einen kleinen Tisch neben der Tür. „Später wird dir was zu essen gebracht. Erwarte keine Drei-Sterne-Küche, schließlich wird bei uns nie gekocht. Du wirst dich mit Take away-Küche begnügen müssen. Du kannst diesen Raum nicht verlassen, einen anderen Ausgang als diese Tür gibt es nicht, und die wird verschlossen bleiben.
Roy wird sich mit dir befassen, sobald er Zeit und Lust dazu hat. Bis dahin tust du gut daran, ruhig zu bleiben. Von mir aus guck die Glotze leer. Ich weiß nicht, was ihr Menschen an dem Scheiß findet, der da gesendet wird, aber ich schätze, das weißt du selbst am b esten. Wenn was ist… sag es einfach, wink in die Kamera da oben oder so. Und wenn du ´ nen kleinen Striptease vorhast… sag vorher bescheid, dann hol ich meine Kumpels dazu.“
Ivan grinste erregt und es war klar, was er in diesem Moment am liebsten mit der jungen Gefangenen getan hätte. Als Antwort schenkte Emily ihm einen höhnischen Blick und drehte ihm demonstrativ den Rücken zu, unsicher , ob das eine gute Idee war. Doch Ivan rührte sie nicht an, wie Roy befohlen hatte, und schloss stattdessen die Tür hinter sich ab, als er das Zimmer verlassen hatte.
Emily war froh, dass sie ihr wenigstens ihre Handtasche gelassen hatten. Nach einer Durchsuchung mit einigem Gelächter, als die Vampire das Kreuz und die anderen Utensilien entdeckt hatten, war ihr die Tasche wieder ausgehändigt worden, mit allem, was sich darin befunden hatte. Man war sich einig gewesen, dass nichts davon von irgendwelchem Nutzen für die Vampirwelt sein konnte, abgesehen von der EC-Karte. Doch Roy hatte ihnen sofort verboten, auch nur einen Penny damit von der Bank abzuheben. Emily konnte nur vermuten, dass es an ihrer Ähnlichkeit mit Vivienne lag , dass er sich so unerwartet schützend vor sie stellte. Vielleicht gefährdete eine solche Aktion auch die Sicherheit der Unterkunft, doch darüber konnte sie nur spekulieren.
Als sie nun in ihrem komfortablen Gefängnis festsaß, wurde Emily plötzlich bewusst, wie viel Glück sie gehabt hatte. Sie wusste nun , dass es allein ihrer Ähnlichkeit mit Roys Frau zu verdanken war, dass sie noch lebte. Trotzdem war er nicht gerade sanft mit ihr umgesprungen. Emily hatte das wilde Tier in ihm erlebt und war selbst erstaunt darüber, wie sie diese Situation ohne Ohnmacht vor Angst überstanden hatte. Verschwand das Gefühl von Angst im Angesicht des sicheren Todes?
So wenig sie es in seinem Zimmer verspürt hatte, desto mehr kam eben dieses Gefühl jetzt in ihr hoch. Mit jeder Minute, in der sie mehr verstand, was hätte passieren können und noch passieren konnte, begann ihr Körper mehr zu zittern, bis sie sich schließlich mit klappernden Zähnen auf das bequeme Bett legte und schluchzend in Tränen ausbrach. Ihr war zwar beiläufig bewusst, dass einer der Vampire sie gerade wahrscheinlich durch das Kamerasystem beobachtete und ihr Schluchzen hörte, doch es war Emily herzlich egal. Ihre Gegenwart in diesem Raum bedeutete letzten Endes nur eins: Roy konnte mit ihr machen, was er wollte. Wenn er Lust verspürte, seinen Plan doch noch zu Ende zu bringen, konnte er dies innerhalb weniger Minuten tun. Sie war in die Höhle des Löwen marschiert und nun in seinen Klauen gefangen . Hätte sie womöglich länger überlebt, wenn sie sich vor Roy versteckt hätte? Emily drehte sich seufzend auf den Rücken. Es war müßig, sich diese Frage zu stellen, da sie nun einmal hier war.
Die junge Frau schrak hoch, als nach ca. einer Stunde plötzlich die Tür aufgeschlossen wurde. Mirandas Gesicht erschien, vollkommen ausdruckslos. In ihrer Hand hielt sie einen Pizzakarton.
„Wir haben keinen menschlichen Koch hier und dass ich selbst gekocht habe, ist 150 Jahre her. Ich dachte, eine Pizza würde dir mit Sicherheit besser bekommen.“
Sie stellte die Schachtel auf den kleinen Tisch, daneben eine Flasche Mineralwasser. Dann schl oss sie die Türe sofort wieder und sperrte die Menschenfrau mit dem leisen Klacken des Schlosses ein.
Emily wäre
Weitere Kostenlose Bücher