Der Tag ist dein Freund, die Nacht dein Feind (German Edition)
Forderungen zu stellen? Vielleicht sollten wir dir den Ernst der Lage ein wenig einprügeln?“
Ohne Vorwarnung kam ein Hieb von der Seite, wo aus dem Nichts ein weiterer Mann aufgetaucht war, und traf sie voll in die Magengrube. Emily keuchte und kniff die Augen zusammen, bis der Schmerz etwas nachließ. Plötzlich verstand sie, warum Roy so eindringlich auf ihre Loyalität bestanden hatte. Sie durfte unter Folter nicht weich werden. Wenn sie diese qualvolle Prüfung bestand, würde Roy sich sicher sein können, dass sie zu seinem Volk stand.
„Ich spreche nur mit Minister Morris.“
Ein weiterer Hieb traf sie, so wie in de r darauf folgenden Stunde mehrere Schläge gegen den Kopf und diverse Beleuchtungsattacken mit der grellen L ampe , bis Benson erfolglos und genervt den Raum verließ , um eine Pause einzulegen .
Emily wurde losgebunden und halb bewusstlos in eine Zelle gebracht, gegen die ihr Zimmer in der Unterkunft ein Fünf-Sterne-Hotel war . Sie landete dort hart auf einer winzigen Pritsche, auf der lediglich eine von Motten zerfressene Wolldecke lag. Ihr Schädel hämmerte, ihre Augen versagten ihr den Dienst, ihre Handgelenke brannten wie Feuer, und ihr Magen fühlte sich an, als hätte ihn jemand von innen nach außen gestülpt. Als sie die schmutzige Toilettenschüssel in der anderen Ecke des Raums entdeckte, kroch sie schwankend dorthin und übergab sich mehrmals, nicht zuletzt wegen des Geruchs, der dem behelfsmäßigen Klo entströmte.
Auch am nächsten und übernächsten Tag, zumindest glaubte die Gefangene, es sei Tag, zogen sich Folter und Verhöre weiter hin, bis Emily der festen Überzeugung war, am liebsten einfach sterben zu wollen. Immer wieder traf das grelle Licht der Scheinwerfer auf ihre Augen, und am zweiten Tag klebte man ihr als zusätzliche Folter die Augenlider nach oben, so dass sie ungeschützt ins Licht sehen musste. Benson hatte außerdem den Plan gehabt, ihr irgendwelche Drogen zu spritzen, doch nachdem sie drei der Wärter blutig gebissen hatte, bevor sie die Nadeln ansetzen oder sie knebeln konnten, gab er diesen Plan auf und ließ stattdessen ihren Magen erneut mit Fausthieben bearbeiten.
Emily wusste, wenn sie anfing, Benson Fragen zu beantworten, würde sie die VHA direkt zu der Unterkunft von Roy und seiner Familie führen, und alle Vampire wären dem Untergang geweiht. Und sie ebenfalls. Immer wieder verlor sie das Bewusstsein unter der Folter, bis der bullige VHA-Agent das Verhör schließlich aufgab.
Als sie wieder still in ihrer Zelle lag und versuchte, den undefinierbaren Brei zu verdauen, der ihr als Mittagessen vorgesetzt worden war, kam ihr ein anderer Gedanke: W as, wenn die VHA es tatsächlich schaffte, die gesamte Unterkunft auszurotten? Wenn sie es schaffte, dass Roy getötet wurde? Dann wäre sie, Emily, endlich frei und der Fluch, der auf ihrer Familie lastete, wäre gebrochen.
Ab er das Risiko war zu groß: W enn der Lord überlebte, war sie geliefert. Und Emily war ziemlich sicher, dass die Unterkunft mehrere Eingänge hatte und Roy genug Möglichkeiten besaß, um unbemerkt zu fliehen. Andererseits bekam sie auch hier, in ihrer Gefangenschaft, langsam das Gefühl, dass sie keine Überlebenschance hatte. Sie frag t e sich, warum man sie eigentlich mit so harten Methoden verhörte. Emily konnte nur vermuten, dass Benson unbedingt wissen wollte, wie viel sie wusste, um das Risiko , das sie darstellte, einschätzen zu können. Als Zivilperson mit derart geheimem Wissen war sie sicher eine Bedrohung für die Organisation. Außerdem wollte man wahrscheinlich unter allen Umständen vermeiden, dass die Bevölkerung von der Existenz von Vampiren erfuhr.
Während sie diesen Gedanken nachging, öffnete sich plötzlich ihre Zellentür, und ein ihr bekanntes Gesicht trat ein.
„Miss Watson? Ich habe gehört, Sie wollten mich sprechen.“
Emily setzte sich mühsam auf und versuchte dabei, ihre Magen-, Kopf- und Augenschmerzen zu ignorieren. Sie rieb sich die schmerzenden Handgelenke und v ersuchte in dem dämmrigen Licht, den Minister besser zu erkennen.
„Michael, bringen Sie mir eine Lampe. Hier drin ist es ja stockdunkel. Und einen Stuhl bitte. Und wäre es möglich, dass jemand dieses Klo mal putzt? Hier stinkt es ja pestilenzartig! Ihr sollt die Leute zum Reden bringen und sie nicht mit Krankheiten verseuchen !“
Morris brüllte noch ein wenig herum und beschwerte sich über die katastrophalen Zustände der Zelle, was Emily sehr positiv zur Kenntnis
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