Der Tag ist dein Freund, die Nacht dein Feind (German Edition)
nahm, bevor er es sich schließlich anders überlegte und die Gefangene aus der Zelle winkte.
„So geht das nicht. In dem Drecksloch führe ich keine Unterhaltung. Michael, holen Sie Benson her. Wenn ich die junge Lady nachher zurückbringe, will ich, dass diese Zelle geschrubbt und gewienert ist. Vor allem das Klo, und lassen Sie hier verdammt noch mal frisches Klopapier hinlegen! Sagen Sie mal… “ Er schaute sich stirnrunzelnd in dem kleinen Raum um. „D ie Zellen haben überhaupt kein Waschbecken! Was habt ihr hier für einen Mist veranstaltet? Hier wird erstmal überhaupt niemand mehr rein gesteckt, bis das Ding ein e ordentliche Qualität hat. “ Er hielt kurz inne und sah Michael an, der ihm einen fassungslosen Blick zurückgab. „ Mensch, gucken Sie mich nicht so an! Das soll kein Drei-Sterne-Hotel werden, aber man soll auf Klo gehen und schlafen können, ohne direkt die Pest am Arsch hängen zu haben! Aus einem toten Gefangenen prügelt man kein Geständnis! Und wollen Sie sich dabei freiwillig mit irgendeinem Scheiß infizieren? “ Michael schüttelte heftig den Kopf. „ Na also . “
Als Emily die stickige Zelle verließ und auf den hellen Flur hinaus trat, konnte sie zum ersten Mal das Gesicht des Mannes sehen, der ihr so aus der Seele sprach. Er sah gr ö ber aus als im Fernsehen. Sein schleimiges Lächeln behielt er sich anscheinend für öffentliche Auftritte vor.
Er nickte ihr zu, umfasste sanft ihren Oberarm und führte sie zu dem Aufzug, durch den sie Tage zuvor diese Folterkammer betreten hatte. Schon diese leichte Berührung tat Emily weh, doch sie hütete sich, einen Ton zu sagen und stolperte stattdessen mühsam neben dem Politiker her.
„Wir gehen in mein Büro. Alles andere ist unzumutbar. Wie geht es Ihnen?“
Emily hinkte leicht . Bei jedem Schritt spürte sie die Abschürfungen, die die Kabelbinder ihr auch an den Fußgelenken hinterlassen hatten.
„Es ging mir schon besser, danke. Hätten Sie vielleicht etwas zu trinken?“
„In meinem Büro bekommen Sie etwas.“
Schweigend gingen Sie durch das halbe Gebäude, bis sie den Empfangsraum erreicht hatten, aus dem die junge Frau Tage zuvor hinaus geschleift worden war.
„Mildred, ich will von niemandem gestört werden. Und damit meine ich: von NIEMANDEM. Haben Sie mich verstanden?“
Die Sekretärin, die Emily direkt in die Hölle geschickt hatte, nickte eifrig und warf Emily einen giftigen Blick zu, nachdem Sie ihrem Chef demütig erklärt hatte, dass er wirklich keine Störung zu befürchten hatte.
Dann schloss sich die Tür zu seinem Büro, und Emily fand sich in einer Art Bibliothek wieder. An allen Wänden standen hohe Bücherregale, und in der Mitte des Raumes befand sich der riesige Schreibtisch des Ministers, komplett in Glas gehalten. Der moderne Tisch stand in krassem Gegensatz zu den R egalen und den klobigen, alten Ledersesseln. Verwirrt nahm Emily diese komplette Stillosigkeit zur Kenntnis. Zudem begriff sie die plötzliche Freundlichkeit und Fürsorge nicht, mit der sie von Morris behandelt wurde. Dieses Verhalten stand in mehr als krassem Gegensatz zu den Schikanen, die sie in den letzten Tagen erleben durfte.
„Ich weiß, der Schreibtisch sieht grauenvoll aus hier drin. Aber ich gebe nicht viel darauf. Ich kaufe, was mir gefällt, und dabei kommt dann schon mal eine wüste Mischung heraus.“
Morris setzte sich langsam in seinen riesigen Schreibtischstuhl, wies Emily an, sich in einen der Sessel davor zu setzen, und lehnte sich behäbig zurück. Einen Augenblick herrschte Stille, und die beiden Parteien musterten sich einfach nur eingehend. Der Minister machte schließlich den Anfang.
„Es tut mir leid, dass man Sie so behandelt hat. Ich habe erst spät erfahren , dass Sie versucht hatten, Kontakt mit mir aufzunehmen. Die VHA hat das im Keim verhindert, bzw. meine Sekretärin. Es war nicht meine Absicht, Sie tagelanger Folter auszusetzen . Benson versteht sich leider nicht auf zivilisierte Kommunikation. Trotzdem ist er für seine Aufgabe der ideale Mann. “
Emily nickte und glaubte ihm kein Wort . „Sie sollten Ihre Sekretärin feuern, wenn Sie mich fragen.“
Minister Morris lächelte und legte die Finger beider Hände nachdenklich aneinander.
„Nichts desto trotz wissen Sie anscheinend etwas, das Sie besser nicht wissen sollten , und das stellt im Zweifelsfalle eine Bedrohung für die Agency und für das normale Leben der Bevölkerung dar . Woher wissen Sie von der VHA?“
Emily holte tief
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