Der Tag ist dein Freund, die Nacht dein Feind (German Edition)

Leben mit einem anderen Mann verbringen wollte. „Du könntest den Wandel der Zeiten miterleben. Neue Technologien, vielleicht die Eroberung des Weltraums. Und vielleicht, eines Tages, doch den Frieden zwischen Menschen und Vampiren.“
    Emily lachte abfällig. „Weißt du, das Problem der Sterblichkeit habe ich mit der ganzen Menschheit gemeinsam. Ich finde, das relativiert die ganze Angelegenheit ziemlich .“
    „Emily, ich glaube, du hast noch immer nicht verstanden, was ich hier gerade tue , oder du willst es nicht verstehen : I ch stelle dich vor die Wahl. Ich habe das niemandem aus deiner Familie ermöglicht, aber ich möchte dir dieses Geschenk machen.“
    Er wurde mit einem verächtlichen Grunzen belohnt. „Dieses Geschenk ? Ich sehe das nicht als Geschenk an ! Die Ewigkeit bedeutet mir nichts, ich lebe im Hier und Jetzt und liebe das Leben , auch wenn du es mir in der Vergangenheit indirekt ziemlich schwer gemacht ha s t . Und ich habe nicht vor, dieses Leben in der nächsten Zeit zu beenden ! Ich denke, das ist Antwort genug.“
    Sie wollte sich gerade wütend erheben, als Roy plötzlich dicht vor ihr stand. Sie hasste es, wenn er sich so schnell bewegte!
    „Geh nicht. Bleib hier. Ich akzeptiere deine Entscheidung, aber die Nacht ist noch lang, und wir haben nichts zu tun. Ich möchte mich weiter mit dir unterhalten. Ich habe mich seit Ewigkeiten mit niemandem mehr so gut unterhalten.“
    Emily nahm seine Nähe und die Hitze, die wieder von ihm ausstrahlte, plötzlich sehr genau wahr. Es nahm ihr den Atem und ließ ihr Herz schmerzhaft in der Brust hämmern. Als sie aufsah und in Roys Gesicht blickte, musste sie sich zwingen, nicht zurück zu zucken. Er war ihr näher gekommen und senkte seinen Kopf langsam zu ihr herab. Seine Augen waren zu rot glühenden Kugeln geworden.
    Bevor er Gelegenheit hatte , sie zu küssen, entzog die sich junge Frau schnell und nahm auf dem Sofa Platz, das zwischen den beiden Sesseln platziert war.
    I mmer stärker spürte Emily, dass die Situation sie komplett überforderte. Hass, Wut, Faszination, alles vermischte sich und ließ ihren Kopf und ihr Herz schwirren. Um ihre Verwirrung zu überspielen, atmete sie tief durch und versuchte, wieder Kontrolle über die Situation zu erhalten.
    „ Oh Gott. Also schön. U nterhalten wir uns. Aber ich möchte noch ein Glas Wein trinken.“
    Roy nickte , setzte sich an das andere Ende der Couch und versuchte mit aller Macht, die Anzeichen seiner Erregung vor ihr zu verbergen. Einen Augenblick lang herrschte angespanntes Schweigen, das Emily schließlich brach.
    „Wie bist du eigentlich ein Vampir geworden?“
    Verwundert sah Roy sie an. „Mit dieser Frage habe ich jetzt nicht gerechnet. Aber gut, ich erzähle es dir.“
    Emily ließ sich gegen die Lehne der Couch sinken und hörte dem Lord gespannt zu. Sie war froh, die Situation entschärft zu haben. Das leidenschaftliche Glühen von Roys Augen hatte ihr A ngst gemacht und sie wusste nicht, was er mit ihr angestellt hätte, wenn es erst zu einem Kuss gekommen w äre . Wie gut war ein Vampir in der Lage, seine Gier im Zaum zu halten?
    „Der Name Graf Dracula ist dir sicher ein Begriff. Sein eigentlicher Name ist Graf Vlad III Draculea. Sein Vater war Mitglied d es uralten Drachenordens. Über sein Leben möchte ich dir nicht viel erzählen. Er war zu Lebzeiten ein brutaler Massenmörder, der sich den Spitznamen „der Pfähler“ einfing, weil er seine Opfer aufspießte. Wahrscheinlich hast du davon gehört. Nichts desto trotz verehren ihn die Rumänen bis heute. Kein Wunder, es waren ja auch die Türken, die er gepfählt hat.
    Was für das Vampirvolk aber viel wichtiger ist, sind seine Todesumstände. Die offiziellen Stellen sagen, dass sein Grab sich in Snagov befindet, einem Ort in Rumänien. Es ist aber auch bekannt, dass seine Leiche sich nicht darin befindet. 1931 hat man zuletzt nachgesehen, aber ohne etwas zu finden . Wir Vampire wissen, warum.“
    Emily lief ein kalter Schauer über den Rücken. Sollte es tatsächlich wahr sein, dass die Legende um Graf Dracula der Wahrheit entsprach? Sie traute sich nicht, Roy zu fragen.
    Doch er ließ sie nicht lange im Ungewissen.
    „Nur wenige Stunden nach seiner Beisetzung hörte man aus dem Grab Vlads III seltsame Kratz- und Klopfgeräusche. Ein armer Tropf von einem Bauern war so sorgsam, nachzusehen. Aber es war wohl mehr aus Angst als aus Sorge. Und tatsächlich: W ir wissen bis heute nicht, wie es passiert ist, aber der Graf