Der Tag ist dein Freund, die Nacht dein Feind (German Edition)
es tut mir leid, was damals passiert ist. Ich weiß, dass Edward Watson seine Scheune nie anzünden wollte. Er hat gekämpft, um das Feuer zu löschen. Und er wäre zutiefst entsetzt gewesen, wenn er gewusst hätte, dass sich dort… jemand aufhält. Er kann es nicht mehr, aber ich entschuldige mich an seiner Stelle für das, was passiert ist.“
Roy nickte. „Entschuldigung angenommen.“
„Was hast du danach gemacht? Bist du zu deiner Familie zurückgegangen?“
Der Untote schüttelte den Kopf. „Nein. Ich bin Jahrzehnte lang durch ganz England gestreift, um jedes Mitglied deiner Familie zu finden und zu töten. Ich war voller Hass und Verbitterung. Irgendwann verliefen einzelne Spuren im Sand. Die dauernde Jagd war anstrengend. So bin ich vor vielleicht hundert Jahren zurück zu meiner Familie und h abe Kraft ge schöpft, die Jagd ruhen lassen. In der Zeit bin ich dann auch Lord geworden, aber das ist eine andere Geschichte.
Ich bin dort geblieben, b is mich meine Brüder auf Edwina aufmerksam gemacht haben, und auf deine Eltern und Großeltern. Nacheinander habe ich sie alle aufgesucht und e in Spiel daraus gemacht , sie zu töten . Einige wehrten sich, hatten Feuer im Blut. Sie hatten es verdient ein neues Leben zu führen, weswegen ich sie zu Mitgliedern unseres Volkes gemacht habe. Edwina zum Beispiel. Sie ist schön und stark, sie hätte eine glänzende Karriere bei uns vor sich. Aber sie will es nicht. Sie hing an ihrem menschlichen Leben und tut es bis heute. Sie wird mir nie verzeihen.
Tja, und dann bist du so einfach in mein Leben spaziert und hast mir erzählt, dass diese ganze Morde vollkommen sinnlos war en .“
Roy sah auf und zuckte zusammen. Er war völlig in seine Erinnerung versunken gewesen und hatte gar nicht bemerkt, welche Reaktion er bei der Frau neben sich hervorrief . War er denn völlig von Sinnen, ihr leichthin und ohne zu Zögern zu berichten, wie er ohne Skrupel ihre ganze Familie ausgelöscht hatte? Doch es war zu spät, er konnte das Gesagte nicht rückgängig machen.
„Emily , bitte …“ Hilflos blieb er sitzen , starrte sie an und verfluchte sich innerlich für seine Kaltschnäuzigkeit. Emilys Kinn zitterte, während sie versuchte, die Tränen zu unterdrücken , die sich unaufhaltsam ihren Weg über die rosigen Wangen bahnte n . Schließlich holte sie tief Luft und zischte die Kreatur an, die ihr plötzlich wieder so fremd und grausam vorkam. Nur Minuten vorher hatte sie sich tatsächlich bei ihm für den Tod seiner Familie entschuldigt! Wie konnte es sein, dass dieser Mann sich erst so rührend in der Küche um sie gekümmert hatte, um ihr dann im Plauderton zu erzählen, wie er ihre Familie getötet hat te ? Voller Hass sprang sie auf und ging vor dem Sessel auf und ab, um Fassung ringend, bevor sie sich wieder dem Vampir zuwandte.
„ Und w ie hast du meine Eltern getötet? Hast du sie auch gequält und mit ihnen gespielt?“
Roy schüttelte heftig den Kopf, stand nun auf und trat an Emily heran. Beinahe demütig stellte er sich mit gesenktem Kopf vor sie.
„Nein, ich habe sie nicht leiden lassen. Es tut mir so leid, dass ich es dir so erzählt habe. Dein Vater hat mich gesehen, er war ein unglaublich intelligenter Mann. Er hat sein Ende kommen sehen, noch bevor ich ansetzen konnte, ihn zu töten. Bevor ich ihn beißen konnte, zog er plötzlich eine Waffe und erschoss sich selbst.“
Emily nickte. Das klang wirklich nach ihrem Vater. Sie wusste, dass er stets eine Waffe bei sich getragen hatte und kannte nun auch den Grund dafür : E r hatte Angst, auf den Vampir zu treffen, der sie seit Jahrhunderten verfolgte und von ihm auch zu einer solchen Kreatur gemacht zu werden. Da nahm er sich lieber selbst das Leben. Auf seltsame Weise war es beruhigend, nun endlich Gewissheit über die Umstände seines Todes zu haben.
„Und meine Mutter?“
Roy schluckte, als er ihren Gesichtsausdruck sah. Beinahe leblos, als ginge es sie nichts an.
„Sie hat nicht gemerkt, dass ich kam. Sie hat mich nicht einmal gesehen. Bevor sie wusste, was passierte, war sie schon…“
Die Tochter der Toten nickte. Plötzlich hatte sie nur noch den Drang, weg z u laufen. Sie war mit dem Mörder ihrer gesamten Familie zusammen. Er hatte sie erpresst, sie dann mit seinem Charme eingelullt, und nun saß sie mit ihm zusammen vor einem knisternden Kaminfeuer und hörte zu, wie er i n skrupellosen, mörderischen Erinnerungen schwelgte!
Roys Hand auf ihrem Arm ließ sie aus ihrer Starre
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