Der Tag ist dein Freund, die Nacht dein Feind (German Edition)

Verhandlungen.“
    Die Vampirfrau richtete sich ein Stück auf und wurde blass vor Wut, gehorchte dem Familienoberhaupt aber kommentarlos.
    Bevor Roy mit den a nderen das geschützte Versteck verließ, ging er zu Emily und küsste sie lange , ihre Gegenwehr ignorierend . Dann sah er ihr fest in die Augen und sie hörte erneut seine Stimme in ihrem Kopf:
    ‚ Du bist keine Gefangene, Emily. Was du für mich bist, geht weit darüber hinaus. Vergiss das nicht.‘
    Und dann blieb de r kleinen Gruppe nichts anderes übrig, als zu warten. Minuten wurden zu Ewigkeiten, während die Nacht sich immer weiter dem Ende neigte und Gene sich bereits ängstlich darüber äußerte, ob am Ende der Verhandlungen das Tageslicht auf sie warten würde.
    Doch nach zwei langen Stunden kam Evan plötzlich durch die verrostete Stahltür zurück.
    „Den Minister. Schnell.“
    Silvester sah seinen Bruder argwöhnisch an. „Soll das heißen, ihr habt euch tatsächlich geeinigt?“
    „Allem Anschein nach: ja. Zumindest unterschreiben Benson und Roy gerade einen entsprechenden Vertrag. Der Minister muss ihn auch unterschreiben, deswegen kommt er jetzt mit.“
    Es war das erste Mal seit ihrem Aufbruch aus dem schottischen Schloss, dass Morris sich selbst zu Wort meldete: „Was für ein Vertrag soll das sein? Ich werde hier überhaupt nichts unterschreiben ! “
    Evan grinste verächtlich, als er den Innenminister hart am Arm packte und seine Fangzähne fletschte. „Ach nein? Da ein Teil des Vertrags Ihre Übergabe und Freilassung vorsieht, denke ich, Sie sollten Ihre Meinung darüber noch einmal überdenken.“
    „Sie sind Verbrecher! Sie sind nicht nur blutgierige Monster, Sie sind auch Verbrecher! Ich werde sie wegen Entführung anzeigen!“
    „Gut, dann werden wir Sie wegen Massenmords anzeigen. Wie würde Ihnen das gefallen? Und jetzt vorwärts, alter Mann, Ihre Freiheit wartet! Auch wenn mir das tierisch gegen den Strich geht.“
    Evan schupste Morris durch die offene Tür und gab den übrigen Vampiren und Emily telepathisch den Befehl, sich zum schnellen Aufbruch bereit zu machen. Er ha t t e offensichtlich kein gutes Gefühl bei der ganzen Sache und traute dem plötzlichen Frieden nicht.
    Eine weitere Viertelstunde später kamen Roy und seine Brüder zurück. Bis auf Evan, der ein düsteres Gesicht machte, wirkten alle erleichtert.
    Roy schloss Emily überschwänglich in die Arme und nickte Evelyn aufmunternd zu.
    „Ihr braucht keine Angst mehr zu haben. Es ist vorbei. Der Friedensvertrag ist unterschrieben. “
    Gene und Silvester sahen Roy skeptisch an, während sie sich für die Abreise startklar  mach t en.
    „Und was genau besagt dieser Vertrag nun? Da ich schon mitgeschleppt wurde, denke ich, habe ich auch ein Recht darauf, wenigstens grob Bescheid zu wissen, oder?“ Emily klopfte sich den Staub von der Hose und ließ ihre Hände in die dicken Handschuhe gleiten, die sie in den Jackentaschen gehabt hatte.
    Roy nickte und atmete noch einmal erleichtert aus. „Also, im Wesentlichen ist in dem Vertrag geregelt, dass England seinen Innenminister zurück bekommt und dieser als Gegenleistung seine Männer, also die VHA, zurück pfeift. Sie haben ab sofort nur noch eine überwachende Funktion, dürfen also kontrollieren, ob sich das Vampirvolk tatsächlich so zivilisiert verhält, wie es behauptet. Wir dagegen müssen Menschenopfer ab sofort wirklich vermeiden und uns ausschließlich durch die Blutbanken versorgen. Die Jagd ist beendet, meine Brüder und meine Schwester.“
    Evan half seiner Frau Evelyn in die Jacke und sah grimmig in die Runde. „Ja, die Jagd ist vorbei. Aber was, wenn die Jäger ihre Gewehre wieder laden? Es gibt keine gemeinsamen Gerichte, bei denen man Vertragsbrüchige anzeigen könnte. Wenn der Krieg wieder ausbricht, bricht er halt einfach wieder aus. Nur, dass die VHA dann damit rechnen muss, dass wir die wilden Tiere in uns zum Vorschein bringen.“
    Emily sah Evan ängstlich an. „Was meinst du damit?“ Der Vampir musterte die Menschenfrau verächtlich von Kopf bis Fuß.
    „Was ich damit meine, Püppchen? Dass wir Vampire dann das tun, was wir vor Hunderten von Jahren schon getan haben! Sollte die VHA uns wieder zu jagen beginnen, werden wir sie wie Tiere abschlachten. Beißen – töten. Verstehst du?“
    Emily prallte zurück und erinnerte sich daran, wie Roy sich verhalten hatte, als sie damals in die Unterkunft spaziert war. Nicht auszudenken, wie es sein mochte, wenn diese Männer sich in die