Der Tag ist dein Freund, die Nacht dein Feind (German Edition)
gehen.“
„Meinst du, sie wird dir verzeihen?“ Es war eine weibliche Stimme und sie kam Emily vage bekannt vor, ließ sich aber nicht zuordnen.
„Bin ich tot?“
Jetzt erkannte sie das dunkle Lachen, das ihrer Frage folgte. „Nicht im eigentlichen Sinne.“
„Roy.“ Mit einiger Mühe öffnete Emily die Augen und schloss sie sofort wieder.
„Großer Gott, was ist mit mir los? Was ist passiert?“
Roy und Evelyn halfen der Frau, sich aufzusetzen, und stützten ihren Rücken mit Kissen.
Emily machte einen erneuten Versuch, die Augen zu öffnen.
„Keinen Schreck kriegen. Schau dich um. Benutz deine Augen.“
„Wie bitte?“ Emily konnte nicht klar denken. Warum sagte Evelyn, die sie nun erkannte, sie solle ihre Augen benutzen?
Die Frage erübrigte sich beinahe sofort. Was sie zuvor erschreckt hatte war lediglich die Tatsache, dass Emily plötzlich viel schärfer sehen konnte als früher. Licht schien viel heller, Dunkelheit weniger dunkel.
Roy setzte sich neben sie aufs Bett und beobachtete gespannt ihre Reaktionen. Erst jetzt bemerkte Emily die anderen im Raum: Gene, Silvester, Evan, Tom. Alle waren da und sahen sie fasziniert an, was die junge Frau langsam etwas wütend machte.
„Könnt ihr mir mal sagen, warum ihr alle wie blöd um mein Bett herum steht und mich anglotzt?“
Gene fing leise an zu lachen. „Okay, es scheint ihr besser zu gehen.“
Die anderen stimmten in ihr Grinsen ein, bis Roy ihnen mit einer Handbewegung klarmachte, dass sie aufhören sollten.
„Woran erinnerst du dich?“
Emily überlegte fieberhaft, was passiert war, bevor sie in die Dunkelheit fiel.
„Wir waren in Manchester. Und dann sind wir wieder abgehauen, aber… Roy! Dein Bein! Du wurdest getro…“ Wie ein Fausthieb kam die Erinnerung im Zeitraffer zurück. Ihr gemeinsamer Sturz in den Wald. Seine grünlich verfärbte Haut. Ihre Suche nach einem Tier . Und dann… das Licht, in das zu gehen ihr nicht vergönnt war.
Als Emily klar wurde, dass sie anscheinend dem Tode sehr nahe gewesen war, begann sie zu weinen. Und erinnerte sich plötzlich, dass auch Roy geweint hatte, dort im Wald. Als sie in seinen Armen lag.
„Ich wäre fast gestorben da draußen, oder? Aber… du warst der, der verletzt war. Warum war ich…?“
Zu ihrer Überraschung wendete Roy den Blick ab und stand vom Bett auf. Beinahe glaubte Emily, Scham in seinem Blick zu erkennen. Verwirrt sah sie die anderen Vampire an, doch erst Evelyn war skrupellos genug, sie ins Bild zu bringen.
„Emily, du hast Roy das Leben gerettet. Na ja, und in gewissem Sinne hat er deins auch gerettet. Zumindest hat er deine Sterblichkeit aus dem Weg geschafft.“ Sie musste über ihre eigene Formulierung kichern und Evan stimmte etwas dümmlich mit ein.
„Meine… WAS?“ Emily verstand noch immer nicht. Vielmehr weigerte sich ihr Verstand, es zuzulassen.
„Verschwindet jetzt. Lasst uns allein.“
Evelyn verzog enttäuscht das Gesicht. „Und uns den ganzen Spaß entgehen lassen?“
Doch sie folgte der Anweisung des Lords und verließ mit den anderen im Schlepptau das Schlafzimmer der jungen Frau.
Emily sah Roy fragend und verwirrt an. „Roy, was ist mit mir passiert? Was sollte die Anspielung gerade? Und wie hab ich dir das Leben gerettet?“
Der große Vampir ließ seine breiten Schultern hängen und wagte nicht, ihr in die Augen zu sehen. „Du weißt es doch schon, Emily. Erinnerst du dich nicht? Ich habe dich gebissen.“
Seine Stimme wurde heiser bei dem Geständnis, doch es dauerte noch immer eine Weile, bis die junge Frau verstand.
„Ich … ich konnte nicht in das Licht gehen. Du hast mich getötet, aber nicht genug, um weg zu sein. Ich war nicht tot genug, um zu gehen. Mein Körper hat meine Seele festgehalten, oder?“
Roy nickte. „Das passiert jedem, der verwandelt wird.“
Die Wahrheit traf Emily wie in ein Schlag in die Magengrube. „Verwandelt?!“
Der Vampir nickte abermals. „Ich weiß nicht, was dich dazu bewogen hat, mir zu helfen, Emily. Aber als du es getan hast, war dein Blick voll wilder Entschlossenheit. Du wusstest, was du tust. Du hast es auf dich genommen.“
Er zögerte nur Sekunden. „Du bist jetzt eine von uns, Emily. Du bist eine Vampirfrau.“
19
„Bin ich schon verwandelt, oder kommt noch irgendwas, was schlimmer ist, als die Erfahrung, nicht ins Licht gehen zu können?“
Roy setzte sich wieder zu ihr aufs Bett und streichelte sanft ihre Hand.
„Was bis jetzt mit dir passiert ist, ist nur ein Teil
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