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Der Tag ist hell, ich schreibe dir

Der Tag ist hell, ich schreibe dir

Titel: Der Tag ist hell, ich schreibe dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Langer
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Hof, der Himmel war hell und freundlich. Sie wollte einmal alle Zeit der Welt mit ihm haben und über nichts und niemanden nachdenken müssen. Als Julius kam, rannte Helen ihm entgegen, sie riss ihre Wohnungstür auf und wollte schon auf die Treppe stürmen, aber er war schneller als sie. Sie umarmten sich, noch auf der Schwelle, und Helen zog ihn in die Wohnung.
    » Herr Lippens holt mich in einer Stunde«, sagte Julius, » leider, es ging nicht anders, aber dafür konnte ich ohne Leibwächter kommen.«
    Helen schoss die Hitze bis an die Haarspitzen. Julius hatte noch nie von einem Leibwächter gesprochen. Sie wollte fragen, doch Julius legte ihr einen Finger auf die Lippen. » Bitte, Helen, nicht. Ich will nur einen Augenblick lang ganz bei dir sein.«
    » Ich habe Kuchen für dich gebacken«, sagte sie langsam und schluckte. Ihr war flau im Magen.
    » Es ist Routine«, sagte Julius, » mach dir bitte keine Gedanken.«
    Helen dachte an die Titelseiten in den Wochenzeitschriften, die zuletzt über Julius erschienen waren. Sie hatten seine Macht unterstrichen, die Macht, die er überall geltend machte, im Finanzwesen wie in der Stahlindustrie wie in der Rüstung. Sie setzte die Espressomaschine auf den Herd und ließ die Gasflamme anspringen. Helen sah Julius an, der wie ein Fremdkörper und doch vertraut in ihrer schmalen Küche stand. Er trug wie immer einen gut geschnittenen Anzug mit einer Weste und einem steif gestärkten hellen Hemd. Er wirkte angespannt, doch er lächelte sie an.
    » Möchtest du lieber einen Tee? Ich kann auch Wasser aufsetzen, es geht schnell.«
    » Eigentlich ja«, sagte Julius, » aber ich möchte auch das Geräusch hören, das ich am Telefon so gern höre, wenn der Kaffee in deiner kleinen Maschine hochsprudelt.«
    Sie lachte verlegen. Er sah sich um.
    » Du hast neu gestrichen, das letzte Mal war die Küche blau, stimmt’s?«
    » Nein, nur der Flur«, sagte sie, » aber macht nichts.«
    Sie musste an den Leibwächter denken, der vermutlich draußen auf der Straße herumhing.
    Julius aß den Apfelkuchen und trank eine Tasse schwarzen Tee ohne Zucker. Helen war zu nervös, um Kuchen zu essen, sie redete ununterbrochen. Sie würde gern in der Welt herumfahren und ganz viele Fotos schießen. Julius lobte den Kuchen. Helen redete weiter, über das Theater, das ihr so gut gefiel, über die Inszenierungen, die sie gesehen hatte, den Kirschgarten, die Übergangsgesellschaft von Volker Braun, bei ihrem letzten Besuch in Ost-Berlin, Thomas Bernhard, sie würde mit Simon nach Wien fahren, um dort Stücke zu fotografieren, ja, das wäre die andere Möglichkeit, sagte sie, irgendetwas am Theater zu machen. Julius tupfte sich mit der Serviette, die Helen neben den Teller gelegt hatte, den Mund ab. Er lehnte sich auf dem Klappstuhl zurück und schlug ein Bein übers andere und hörte ihr zu. Er sah sie dabei merkwürdig an, bis er schließlich mit besorgtem Ausdruck fragte: » Willst du denn gar nicht mehr schreiben?«
    Verdutzt gab Helen seinen Blick zurück. Dann sah sie an sich hinunter, als ob sie sich etwas übergeschüttet hätte, ließ den Blick durch das Zimmer irren, zuckte die Achseln und sagte: » Ich weiß nicht.«
    » Helen«, setzte er an, » du kannst alles Mögliche machen, wozu du Lust hast, aber ich bitte dich, hör nicht auf zu schreiben.«
    Oh Gott, dachte Helen, ich bin so froh, ohne Worte auszukommen. Ich bin, seit ich die Kamera in die Hand genommen hatte, so leicht. Der schreckliche Drang, alles in die Sprache zu bringen, als müsste ich damit mein Dasein rechtfertigen, ist von mir gewichen. Er ist abgefallen, und ich scheine zu tanzen. Durchs Leben, mit Simon.
    » Es ist gerade eine glückliche Zeit für mich«, sagte Helen. » Ich war lange nicht so froh. Es gibt etwas in meinem Leben, das ich wirklich liebe, und ich weiß nicht, warum, aber ich bin froh, dass es jenseits der Sprache liegt. Die Sprache«, sie schlug mit der Hand gegen ihren Kopf, » ist so anstrengend!« Sie lachte kurz auf. Julius sah sie kopfschüttelnd an. Missbilligend.
    » Ich verstehe das nicht«, sagte er. » Was ist mit dem Theater? Das finde ich gut, das hat mit Sprache zu tun. Du könntest Stücke schreiben.«
    Helen schüttelte den Kopf. Er hatte so eine voluntaristische Auffassung vom Schreiben, als wäre es etwas Praktisches, das man jederzeit in Angriff nehmen könnte. Helen hingegen war, wenn sie nur daran dachte, voller Skrupel.
    » Ich weiß nicht«, sagte sie wieder. » Ich glaube, wenn

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