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Der Tag mit Tiger - Roman

Der Tag mit Tiger - Roman

Titel: Der Tag mit Tiger - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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nach vollbrachter Tat leid?
    »Wir wollen nach Hause gehen, Anne. Ich möchte auf meine Decke.«
    »Gut, Tiger, wir wollen ausruhen.«
    Zusammen suchten sie ihren Weg unter den Büschen, Tiger langsam, Schritt vor Schritt setzend.
    »Wollen wir nicht ein bisschen schneller gehen?«, schlug Anne vor.
    Tiger blieb stehen und atmete schwer. »Ich bin so müde. Ich hoffe, ich schaffe es überhaupt noch.«
    »Oh, Tiger, sicher schaffst du das noch. Ich suche dir auch noch etwas Schönes zu fressen, wenn wir zu Hause sind.«
    Ein müder Schimmer seines kätzischen Grinsens zuckte um seine Barthaare, und er riss sich noch einmal zusammen. Langsam arbeiteten sie sich bis zu der Hecke um die Terrasse vor, als Tiger abermals stehenblieb. Anne war an seiner Seite und spürte, wie er leicht schwankte.
    »Ein paar Meter noch, mein Lieber, dann haben wir es geschafft. Komm, ich helfe dir, die letzten Schritte zu machen.«
    Seine Stimme war zum müden Flüstern herabgesunken, als er ihr antwortete: »Ja, Anne, du musst mir bei meinen letzten Schritten helfen. Ich finde den Weg nicht mehr.«
    Anne stellte sich an seine Seite, damit er ihren Körper fühlen konnte. Sie suchte den Durchschlupf durch die Sträucher und leitete Tiger dort hin.
    »Siehst du, da musst du jetzt noch durch, dann sind wir vor dem Fenster.«
    »Verstehst du nicht, Anne, ich kann nichts mehr sehen.«
    Anne hielt entsetzt inne. Wahrscheinlich hatte er zu lange in die Flammen gesehen, vermutete sie, und ihr praktischer Sinn gab ihr eine Lösungsmöglichkeit. »Dann beiß in meine Schwanzspitze und komm mir nach«, schlug sie resolut vor.
    »Das kann ich doch nicht machen, doch nicht in den Schwanz«, weigerte Tiger sich fast mit alter Energie.
    »Ach, Quatsch, der wird’s überleben. Hier!«
    Sie zwang ihre Schwanzspitze unter Aufbringung aller mentalen Kräfte, an Tigers Nasenspitze zu kitzeln. Der Kater schnappte sanft, aber fest zu, und so zogen die beiden durch das Unterholz auf die Terrasse.
    »Jetzt kannst du loslassen, ich bin wieder neben dir.«
    Anne hatte Mitleid mit ihrem erschöpften Begleiter. Sie selber fühlte sich zwar auch müde und geschunden, und die abgebrochene Kralle schmerzte sie ein wenig, aber so angeschlagen wie Tiger war sie sicher nicht. Es musste ihn große Anstrengung gekostet haben, den ganzen Tag auf sie aufzupassen, und sie hatte es ihm noch gar nicht richtig gedankt. Vorsichtig schob sie ihn durch die Verandatür bis zum Sofa.»Raufspringen musst du noch selber, aber es ist nicht sehr hoch. Komm, letzte Kraft noch, dann kannst du ruhen!«
    Tiger blieb vor dem Sofa sitzen und schnaufte. »Gleich. Gleich springe ich. Hüpf schon mal vor.«
    »Möchtest du nichts mehr fressen?«
    »Nein, nein, nur liegen und ausruhen.« Er machte eine Pause. Dann murmelte er: »Bist du schon oben?«
    »Nein, Tiger, ich bin noch neben dir.«
    Eine Weile saßen die beiden still nebeneinander. Ihr Atem ging gleichmäßig im gemeinsamen Rhythmus, und die nächtliche Stille hüllte sie ein. Im Haus war bis auf die gewöhnlichen Laute tickender Uhren und des gelegentlich tropfenden Wasserhahns nichts zu hören. Auch im Dorf war wieder Ruhe eingekehrt. Selbst die unermüdlichen Grillen hatten ihr Konzert eingestellt, und der Wind hatte seinem Atem angehalten.
    Annes Gedanken verloren sich noch einmal im Geschehen des Tages. Das seltsame Aufwachen, die Jagd, die Einsichten in das Wesen der anderen Katzen, das Grauen und Entsetzen in den Flammen. Tigers beständiges, raubeiniges, aber gewissenhaftes Kümmern um ihre Belange, sein ulkiger Eigensinn, der sie zum Lachen brachte und ihn zornig machte, wenn er zu einem Fehler führte. Die Eleganz, mit der er dann ihren Rat angenommen hatte, ohne dabei vor sich selbst das Gesicht zu verlieren. Seine herbe Sprache, die nur bei Nina hin und wieder etwas milder wurde.
    Sie schaute den stillen Kater neben sich an, der mit geschlossenen Augen und müde hängendem Unterkiefer mit ihr vor dem Sofa saß. Da fiel ihr plötzlich ein, was in den letzten Minuten anders geworden war.
    »Vorhin hast du mich das erste Mal mit ›Anne‹ angeredet, Tiger.«
    »Mhm.« Ein klein wenig Energie kehrte in seinen Körper zurück. »Ich muss jetzt hochspringen, sonst schaffe ich es nie mehr«, sagte er mehr zu sich selbst. Er rückte sich ein wenig zurecht und machte einen schwerfälligen Satz auf die Decke, drehte sich einmal um sich selbst und ließ sich dann fallen.
    »Komm hoch, ich muss noch mit dir reden.« Anne folgte der

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