Der Tag mit Tiger - Roman
junger Polizist drängte sich herbei, um eifrig Personalien aufzunehmen und nach dem Tathergang zu forschen. George und Christian wollten eben beginnen, ihm über ihre Person die gewünschten Angaben zu machen, als Elly sie unterbrach.
»Das Kätzchen noch im Haus. Müssen Sie retten. Bitte. Hat uns gewarnt.«
Der Polizist musterte sie irritiert. »Ist noch jemand im Haus?«, fragte er mit einem entsetzten Blick auf die Flammenhölle, die die Feuerwehrleute unter Kontrolle zu bringen versuchten.
»Ja, vielleicht kleine graue Katze, hat uns gewarnt«, erklärte Elly hartnäckig.
»Macht Ihre Frau sich jetzt etwa Gedanken um eine Katze?«, wollte der Polizist ungläubig von George wissen.
»O ja, jetzt erinnere ich mich. Wir sind wirklich durch eine Katze auf das Feuer aufmerksam geworden. Aber ich glaube, Elly, die hat sich schon vor uns aus dem Staub gemacht.« Er streichelte beruhigend die Hand seiner Frau und sah dann die beiden anderen Männer an. »Es war wirklich sehr eigenartig. Ich weiß gar nicht, wie sie ins Haus gekommen ist, doch plötzlich stand sie auf unserem Bett und kreischte herzzerreißend.«
Alarmiert mischte sich Christian ein: »War sie cremefarben und mit abgeknickten Ohren?« Er fürchtete plötzlich um seine Nina, die in Richtung Haus verschwunden war.
»Nein, nein, war graue Katze«, antwortete Elly. «Nicht Ihre Katze. Nina kenne ich.«
Christian atmete auf, doch der Polizist, durch das Gerede über Haustiere von seiner Pflicht abgehalten, machte der Unterhaltung ein Ende, indem er wieder auf das Thema Personalien kam. Zum zweiten Mal wurde er jedoch daran gehindert, alles aufzunehmen, denn jetzt kam der Notarzt mit zwei Sanitätern, die sich um das Ehepaar Mazinde kümmerten und den pflichtbewussten Gesetzeshüter auf den nächsten Tag verwiesen.
»Diese Leute stehen unter Schock, und die Frau ist verletzt. Sie können morgen mit dem behandelnden Kollegen im St. Magdalenen-Hospital sprechen, ob sie vernehmungsfähig sind«, erklärte der Arzt.
Die Sanitäter hoben die Trage auf und brachten Elly zu ihren Kindern in den Krankenwagen. George stand auf und wollte sie begleiten, aber ihm knickten die Beine weg, so dass der Arzt und Christian ihn stützen mussten.
Als die Krankenwagen davongerollt waren, kehrte Christianzu dem Polizisten zurück, der inzwischen ein anderes Opfer gefunden hatte.
Minni gab zu Protokoll, sie sei zweiundfünfzig Jahre, verwitwet, wohne in der Beethovenstraße 30 und sei von Beruf Krankenschwester. Sie wirkte müde und noch ein wenig zerzauster als sonst und fror in ihrer unförmigen Jacke.
Ja, sie sei eine der ersten an dem brennenden Haus gewesen, weil die Alarmanlage sie geweckt und sie den Rauch gerochen habe. Und, nein, Verdächtige habe sie nicht gesehen.
Christian trat hinzu und legte der älteren Frau schützend den Arm um die Schultern.
»Können Sie Ihre Fragen nicht auch noch morgen stellen, Herr …« Er schaute auf das Namensschild an der Uniform des Polizisten. »… Herr Müller?«, fragte er. »Sehen Sie, wir sind alle ein wenig müde, und Frau Schwarzhaupt muss vermutlich schon sehr früh wieder zum Dienst.«
»Wir müssen alle unseren Dienst machen, auch zu dieser Stunde«, belehrte ihn der tugendsame Beamte und erntete von Minni und Christian ein müdes Grinsen.
»Das Auge des Gesetzes ruhet nimmermehr«, frozzelte Minni und kicherte, bis sie ein gestrenger Blick aus ebendiesem Auge traf. »Oh, entschuldigen Sie«, bat sie mit unterwürfiger Stimme, in der noch immer der Hauch eines nachsichtigen Lächelns schwang, »ich bin ein bisschen übermüdet, dann werde ich immer albern.«
»Am besten führen Sie jetzt schnell Ihre Befragung zu Ende, denn ich muss jetzt noch nach meiner Katze suchen, die auch in diesem Tumult verschwunden ist«, sagte Christian zu dem Polizisten.
»Oh, Nina ist auch hier draußen?« Minni zog eine sorgenvolleMiene. »Hoffentlich ist ihr nichts passiert. Sie ist so eine liebevolle kleine Seele. Wenn ich sie treffe, erzählt sie mir in ihrem Katzenlatein immer ganze Romane.« Ein bisschen wehmütig fügte sie hinzu: »Mit meiner Cleo war sie auch oft zusammen, daher kenne ich sie doch.«
Polizist Müller war nahe daran, seinen Gleichmut zu verlieren. »Wenn wir jetzt bitte wieder zur Sache kommen könnten.«
»O ja, bitte entschuldigen Sie vielmals das abermalige Abschweifen auf Themen, die uns am Herzen liegen.« Christian wurde langsam wütend. »Schreiben Sie: Christian Braun, Ingenieur,
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