Der Tag wird kommen
gegessen. Sie hatten gehört, dass dadurch die Lust auf Sex zurückkommen würde. Aber sie wurden erwischt. Ihre Blutproben verrieten, dass sie zu wenig Vitamine zu sich genommen hatten. Die Lebensmittel, die wir bekommen, sollen unseren gesamten Ernährungsbedarf abdecken, deshalb ist es gefährlich, nicht alles zu essen.
Denkst du jetzt an Sex?
Hans Petter:
Fällt ziemlich schwer, es nicht zu tun, wenn wir gerade über das Thema sprechen.
Fera:
Ja, natürlich. Entschuldigung.
Aber denkst du oft an Sex? Hast du Sex gehabt?
Hans Petter:
Nein. Ich hatte noch keinen Sex.
Dafür, dass du das Thema eklig findest, bist du ganz schön neugierig.
Fera:
Ich weiß gern über alles Bescheid.
Hans Petter:
Und selbst wenn viele Jungs oft über Frauen und Sex reden, heißt das nicht, dass wir Mädchen nur als etwas betrachten, mit dem man Sex haben kann. Nicht alle tun das jedenfalls.
Fera:
Aber macht sie dich aggressiv?
Die Lust auf Sex?
Hans Petter:
Hää? Aggressiv?
Fera:
Ja. Wirst du gewalttätig davon, dass du keinen Sex hast?
Hans Petter:
Nein. Du?
Bist du noch da?
Fera:
Ich habe gehört, dass es hier bei uns auch welche geben soll, die es wie die Tiere machen.
Hans Petter:
Ja?
Fera:
Dass sie sogar Kinder kriegen.
Ohne künstliche Gebärmutter.
Hans Petter:
Was passiert mit ihnen?
Fera:
Keine Ahnung. In den Richtlinien steht nichts über sie. Aber Neon aus meiner Gruppe sagt, er hat gehört, dass es eine eigene Stadt für sie gibt.
Hans Petter:
Was?! Wie ein Gefängnis?
Fera:
Nein. Als hätten sie sich entschieden, außerhalb der Gesellschaft zu leben. Die Richtlinien des Rates nicht zu befolgen. Ich weiß nicht, ob das stimmt. Vielleicht wohnen sie auch mitten unter uns, und wir wissen gar nicht, dass sie auf die andere Weise gezeugt wurden. Wir sehen wohl gleich aus.
Hans Petter:
Aber habt ihr denn Freund oder Freundin? Obwohl ihr keinen Sex habt?
Warst du schon mal verliebt?
Fera:
Wir haben Freunde. Ich habe Schulfreunde. Manche mögen einander mehr als andere. Ich weiß eigentlich nicht genau, was Verliebtsein ist.
Hans Petter:
Das weiß wohl keiner so genau. Wenn du jemanden besonders gern magst. Dich freust, ihn zu sehen.
Fera:
Einen Freund.
Hans Petter:
Nein, nicht wie einen Freund. Wenn du in jemanden verliebt bist, kannst du nicht mehr aufhören, ihn anzuschauen. Und trotzdem tut es weh, diese Person zu sehen.
Fera:
Du warst also schon verliebt?
Hans Petter:
Ja.
Fera:
Bist du zurzeit verliebt?
Hans Petter:
Vielleicht.
Bist du noch da?
Fera:
Ui, hier passiert gerade was. Das Haus wackelt.
Hans Petter:
Was ist los?
Fera:
Ich glaube, das ist wieder ein Erdbeben. Ich muss Schluss machen.
Fera hat sich ausgeloggt.
Ah ja, klar. Wieder ein Erdbeben. Ich fühle mich ein bisschen zurückgestoßen.
Oh Mann, wenn das so weitergeht, halte ich sie am Ende auch noch für ein Mädchen aus der Zukunft! Sie wirkt so überzeugt von all dem. Hat auf alles eine Antwort. Als würde sie selbst dran glauben, so felsenfest, dass sie mich damit fast schon angesteckt hat. Die Sache mit der Stadt für diejenigen, die sich nicht an die Richtlinien des Rates halten – das muss sie irgendwo aufgeschnappt haben. Das hat sie sich nicht ausgedacht.
Mir ist noch nie jemand begegnet, der so aussieht wie sie. Ich habe noch nie mit jemandem gesprochen, der so ist wie sie. Kurzerhand speichere ich ihr Profilfoto als Desktophintergrund ab. Es ist sehr pixelig. Ziemlich cool eigentlich.
In den letzten Tagen habe ich gespürt, dass der Zeitpunkt X immer näher rückt. Ich weiß, dass Andreas es auf mich abgesehen hat, dass er irgendetwas ausheckt.
Er hat mir den ganzen Tag lang zugezwinkert. Als hätten wir ein Geheimnis oder einen gemeinsamen Plan. Wer uns nicht kennt, könnte meinen, wir wären Freunde. Komplizen. Aber ich und die anderen aus meiner Klasse wissen sehr wohl, dass die scheinbaren Freundschaftszeichen in Wirklichkeit Drohungen sind.
Irgendwann knallt es – vielleicht schon heute.
Es ist die letzte Stunde, und ich kann sehen, wie Andreas Blicke mit Sofus und seinen anderen Kollegen wechselt. Da ist was im Gange. Wenn ich eine Chance haben will, muss ich versuchen, mich in Sicherheit zu bringen. Ich weiß nur noch nicht, wie. Mir fallen gerade mal drei Fluchtmöglichkeiten ein:
Ich warte, bis alle gegangen sind und noch ein bisschen länger, bevor ich mich auf den Nachhauseweg mache.
Ich rufe Mum an und bitte sie, mich abzuholen.
Ich renne so schnell wie möglich raus, wenn
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