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Der Talisman (German Edition)

Der Talisman (German Edition)

Titel: Der Talisman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth von Bismarck
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Diamantmine zu bewegen. Völlig eingeschüchtert starrte er den Mann mit dem Gewehr an. »Ich … ich suche meine Eltern!«, stotterte Yasha. »Sie sind hier in Rondônia!« Ein Anflug von Mitleid huschte über das harte Gesicht des Aufsehers. »Verschwinde, sonst kommst du lebenslänglich in den Krater und das Leben hier ist kurz!«, knurrte er dem Jungen zu. In Panik rannte Yasha davon. Immer wieder rutschte er auf dem glitschigen Schlamm aus und verletzte sich an den scharfkantigen Steinen, die hier überall lagen. Nachdem er fast den halben Krater umrundet hatte, blieb Yasha erschöpft liegen. Eine Frau und ein Mann, die mit leeren Körben auf dem Rücken zurück in Richtung Krater eilten, halfen Yasha auf die Beine. Mit einem scheuen Lächeln hob die Frau den völlig verdreckten Talisman auf, wischte ihn an ihrem Rock ab und reichte ihn Yasha. Der Junge bedankte sich. Das Paar schaute Yasha lange an, als wollten sie ihm etwas sagen. Da tauchte auch schon einer der brutalen Aufseher auf. Erschrocken duckte sich das Paar und eilte hastig auf die steile Leiter zu, die in die Grube führte. Am Rand des Kraters blickten sie noch einmal verzweifelt zurück zu Yasha. Dann verschwanden sie eilig in die Tiefe.
    Augenblicklich fiel es Yasha wie Schuppen von den Augen: Die beiden waren seine Eltern. Seine Eltern! Er fühlte ganz tief in sich, dass es so war! Sie hatten ihn so lange angeschaut und wahrscheinlich das Gleiche gefühlt wie er!
    »Halt, halt!«,
    schrie er. »Ich
    bin Yasha und ich habe den …« Der Talisman verbrannte ihm die Hand, so dass er laut aufschrie: »Aua!« Und so stand Yasha am Rand des Kraters und wusste nicht, was er tun sollte. Ein Zug Träger, angetrieben von ihren Aufsehern, hastete an Yasha vorbei, ohne ihn zu beachten. Auf einmal zupfte ein kleiner Junge, der einen schweren Wasserkanister schleppte, Yasha am Ärmel und hob wortlos einen verbeulten Blechbecher. Yasha nickte dankbar. Der kleine Junge stellte seinen Kanister auf den Boden und füllte den Becher mit Wasser. Yasha nahm einen tiefen Schluck. »Kennst du meine Eltern, sie heißen Dvorach?«, flüsterte Yasha und schaute dabei ängstlich zu den Aufsehern, die die Trägerkolonne bewachten. »Ja!«, hauchte der kleine Wasserträger leise. »Bitte gib das meinen Eltern!«, sagte Yasha und ließ den Diamanten unauffällig in den leeren Becher plumpsen. In diesem Moment starrte einer der Aufseher zu ihnen herüber.
    Der kleine Wasserträger
    zuckte zusammen, schnappte sich hastig seinen Kanister und nahm Yasha den Becher aus der Hand. Dann kletterte er eilig die Leiter in den Krater hinunter. »Gib den Diamanten meinen Eltern, damit sie aus dieser Hölle entfliehen und nach Europa zurückreisen können!«, rief Yasha dem Wasserträger hinterher. »Du hast Glück! Du hast noch Eltern und wirst sie bald wiedersehen! Ich bin ganz allein auf der Welt und ich werde hier in Rondônia sterben«, tönte es aus der Tiefe des Kraters zurück. Da wurde der Talisman ganz warm und Yasha beugte sich gefährlich weit über den Rand. Nun konnte er den Jungen, der sich mit Tränen in den Augen an der Leiter festklammerte, sehen: »Sag meinen Eltern, ich hätte gesagt, du solltest mit ihnen reisen! Nun sieh zu, dass du sie so schnell wie möglich findest. Und verlier den Diamanten nicht!«
    Yasha streifte sich seinen Glücksbringer vom Hals und ließ den Talisman an dem alten Stoffband über dem Abgrund baumeln, damit der kleine Wasserträger ihn sehen konnte. »Beschreib meinen Eltern den Talisman, dann werden sie wissen, dass ich wirklich hier war!«
    Olav Zürban lag auf seinem frisch bezogenen Bett im Quartier der Minenaufseher. Für heute war sein Wachdienst vorbei und darüber war er sehr froh, denn der Dreck in Rondônia war ihm zutiefst zuwider.
    Wohl zum
    hundertsten Mal
    stellte er sich die Frage, warum er dem Jungen im Krankenhaus den Zettel mit dem Hinweis auf die Trennung des Wassers zugespielt hatte. Das war wirklich dumm von ihm gewesen. Nun blieb dem Schwarzmagier nichts anderes übrig, als hier in Rondônia persönlich auf sein Opfer zu warten. Böse starrte er mit seinem zweifarbigen Blick auf das Wellblechdach, unter dem sich die Hitze unbarmherzig staute, als erwarte er von dort eine brauchbare Antwort.
    Natürlich wusste er, dass Yasha wieder im Besitz seines Talismans war. Einer seiner schwarzen Schmetterlinge war dabei gewesen, als der Arzt dem Jungen seinen Glücksbringer zurückgegeben hatte. Innerhalb von Sekunden hatte der

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