Der Talisman (German Edition)
doch in Frieden!«, wimmerte Yasha. »Sei still, du kleine Ratte!«, knurrte der Hund und der Reiter lachte gehässig. »Talisman, hilf mir!«, flüsterte Yasha und tastete nach dem Talisman.
Aber sein magischer Glücksbringer war weg. »Gib mir sofort meinen Talisman wieder!«, bettelte der Junge. »Mund halten!«, kläffte der hinterhältige Köter. Der unheimliche Reiter senkte seinen Speer und befahl: »So! Ab jetzt! Marsch!« Die scharfe Spitze der goldenen Lanze bohrte sich in Yashas Rücken. Ihm blieb nichts anderes übrig, als zu gehorchen. Gnadenlos trieb der düstere Reiter den Jungen vor sich her, hinauf auf den Brückenberg. Der Wald wurde immer dichter. Um sich Mut zu machen, flüsterte der Junge ständig: »Ich kann, ich kann, ich kann.« Aber allmählich verließen Yasha die Kräfte. Plötzlich stolperte er über eine Wurzel. Yasha fühlte einen dumpfen Schmerz am Kopf. Dann wurde es dunkel um ihn.
Seltsames
Surren weckte
Yasha. Es hörte sich so an, als ob Mücken – so groß wie eine Hand – um ihn herum schwirrten. Sein Kopf tat weh. Vorsichtig öffnete er die Augen. Er befand sich in einem großen Zelt. Vor ihm, auf einer schmutzigen Matte, lag Georgy, der Pferdehändler, und stöhnte leise. Der sprechende Hund hockte neben ihm und fletschte seine spitzen Zähne. Yasha war entsetzt, wie abgemagert Georgy aussah. Sein armer Körper war blau geschlagen und mit Fliegen und Ungeziefer bedeckt. Er war mit Eisenketten an Händen und Füßen gefesselt. Seit Wochen war Georgy in der Gewalt des düsteren Reiters. Doch bisher hatte er seinem Peiniger nicht verraten, wo sich Pegasus versteckte. Als Georgy bemerkte, dass Yasha wach war, wimmerte er: »Yasha, flieh! Graf Gregorio ist in Gefahr! Such ihn!«
In einer Ecke des Zeltes saß der düstere Reiter auf einem Hocker. Auf seiner Hand saß ein schwarzer Schmetterling. »Flieg zu deinem Meister und richte ihm aus, dass wir den Jungen haben!«, befahl er ihm und warf den flatternden Boten hoch in die Luft. Yasha starrte die düstere Gestalt wütend an: »Du grausamer Quäler! Warum hast du Georgy so zugerichtet? Du bist verhext! Gib mir meinen Talisman zurück! Dann kann ich dir helfen!« »Der Talisman ist meiner!«, brüllte der einsame Reiter zurück, hielt den Talisman provozierend in die Höhe und ging mit erhobenem Speer auf Yasha los. Genau wie damals beim Sultan von Suzibo, dachte der Junge. Deutlich erinnerte er sich daran, wie er mit dem Trick des tibetanischen Mönchs Tashi seinen Talisman zurückerobert hatte.
Die äußere Spitze
des goldenen Speers bohrte sich
schmerzhaft in seine Brust. Flink sprang Yasha zur Seite. »Sieh hier!«, rief er und hob seine linke Hand hoch. »Wie viele Finger siehst du?« Mit der rechten Hand beschrieb Yasha einen großen Bogen und zeigte dramatisch auf seine linke Hand. Die dunklen Augen seines Gegners folgten gebannt Yashas Bewegungen. »Wie viele Finger?«, brüllte der Junge und senkte unauffällig die rechte Hand. Blitzschnell griff er sich seinen Talisman. »Drei!«, rief der Reiter. »Drei sehe ich.« »So ist es, einsamer Reiter!«, lachte Yasha und hob triumphierend seinen magischen Glücksbringer in die Höhe. Der Talisman leuchtete auf. Ihm wäre es lieber gewesen, wenn Yasha sofort fliehen würde. Aber diesen Gefallen tat ihm sein kleiner Freund nicht. In Windeseile errichtete der Talisman eine magische, hellgrün leuchtende Schutzwand um den Jungen. Der Hund duckte sich und kam lauernd näher. Außer sich vor Wut stach der düstere Reiter mit seinem Speer auf den magischen Schutzwall ein. Plötzlich flatterte etwas aus seinem Schleier. Der kleine Gegenstand durchbrach den Schutzwall und landete direkt neben Yashas Schuh. Es war ein lila Schleifchen. »Monsieur Pilori!«, rief Yasha erstaunt. Kaum hatte er den Namen ausgesprochen, fuhr ein starker Wind durchs Zelt und riss Schleier und Umhang von Monsieur Piloris Körper. Wie von Geisterhand wurden die schwarzmagisch aufgeladenen Kleidungsstücke durch das Zelt geschleudert. Mit einem zischenden Geräusch flogen sie über die Puszta und verschwanden.
Der verzauberte Monsieur Pilori stand in seiner Zirkusuniform da und sah aus, wie jemand, der gerade aus einem tiefen Traum erwachte. »Tu Gutes mit den Kräften des Talismans!«, hörte der Junge die Stimme seines Vaters leise flüstern. Yasha hob den Talisman: »Ich wünsche, ich wünsche, ich wünsche, dass Monsieur Piloris Seele wieder gut wird. Verwandle das schwarze Pferd und den sprechenden
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