Der Talisman (German Edition)
Junge sich ins hohe Gras fallen. Dicht auf den Boden gepresst beobachtete er, dass die unheimliche Gestalt in die hohe Felswand hinein trabte. Sekunden später waren Pferd und Reiter verschwunden. »Zauber! Ich muss hier weg!«, dachte der Junge und griff nach seinem Talisman, er glühte.
Yasha war seit einigen Stunden unterwegs, als er in der Ferne eine dünne Rauchsäule entdeckte. Vielleicht hatten Pferdehirten ihr Lager aufgeschlagen. Er beschloss, dort hinzugehen. Die Sonne begann zu sinken, als er endlich das Lager erreichte. Wer auch immer hier gewesen war, hatte es sehr eilig gehabt wieder aufzubrechen. Der Boden rund um die Feuerstelle war aufgewühlt, als hätte hier ein Kampf stattgefunden. Die Äste, die seine Vorgänger für das Feuer gesammelt hatten, lagen weit verstreut herum.
Eilig entfachte Yasha
das Feuer
und legte sich dann so nahe daran wie möglich, denn in der Puszta sind die Nächte kalt. Der Schein des Feuers warf gespenstische Schatten. Der Junge sah sich immer wieder misstrauisch um und lauschte in die Dunkelheit. Die funkelnden Augen, die ihn schon eine ganze Weile beobachteten, bemerkte er dennoch nicht.
Als Yasha aufwachte, stelle er erstaunt fest, dass er unter einer warmen Pelzdecke lag und dass das Feuer noch brannte. Dann sah er auch, was ihn geweckt hatte: ein kleiner Hund! Er war unter seine Decke gekrochen und starrte Yasha aus bernsteingelben Augen an. »Was machst du hier? Wo ist dein Herrchen?«, fragte Yasha froh darüber, Gesellschaft zu haben. Da fing der Hund auf einmal an zu sprechen: »Du sollst mir folgen – zu Georgy, dem Pferdehändler! Der Weg ist lang, so iss und trink jetzt!«. Yasha traute seinen Ohren nicht – ein Hund, der spricht? »Ich träume noch!«, stöhnte Yasha und fuhr sich mit den Händen über die Augen. Der Hund kroch unter der Decke hervor und schüttelte sich. Funkelnder Staub flog aus seinem Fell. Auf einmal stand ein kleiner Tisch beladen mit köstlichen Speisen und Getränken vor Yasha. »Alles nur Einbildung«, lachte der Junge und griff beherzt zu, denn er war sehr hungrig. »Willst du auch etwas?«, fragte Yasha mit vollem Mund. »Ja, sehr gerne!«, kam prompt die Antwort.
Erschrocken
sprang Yasha
auf. War er verrückt geworden oder war hier schwarze Magie im Spiel? Der Talisman glühte, kein Wunder – ein sprechender Hund, da stimmte etwas nicht. »Lass uns gehen! Wenn in der nächsten Nacht der Mond über dem Brückenberg erscheint, sind wir am Ziel, in Saitar«, knurrte der Hund. Dann lief er zweimal um das Lager herum. Vor Yashas Augen verschwand alles, was dort gestanden hatte. Bevor sie gingen, erhob sich der Hund auf seine Hinterläufe und heulte dreimal. Es hörte sich schaurig an. Weit, weit weg aus der Dunkelheit antwortete, wie ein Echo, ein ähnliches Heulen. Yasha lief es eiskalt über den Rücken. Er war in eine Zauberwelt geraten und hatte Angst. Aber er wusste: Derjenige, der Angst vor etwas hat, gibt diesem »Etwas« Kraft über sich. Also war es gut, sich gegen die Angst zu wehren. Außerdem war Georgy, der Pferdehändler, ein Vetter von Graf Gregorio. Sie waren auf dem Wege zu einem alten Freund. Georgy würde ihm dies alles erklären können, tröstete sich Yasha. Also auf nach Saitar.
Der Weg durch das hohe, scharfe Gras war nicht ungefährlich. Hier gab es viele Schlangen, urplötzlich tauchten sie auf. Einige Male blieb Yasha wie gelähmt vor Angst stehen, aber ein scharfer Blick seines Begleiters genügte, um sie zu verscheuchen. So lief Yasha so nahe wie möglich hinter dem Hund her. Dabei bemerkte er, dass seine Pfoten nicht so wie normale Hundepfoten aussahen, sondern wie glänzende kleine Hufe. Ein Hund, der sprechen kann und Hufe hat, war kein gutes Zeichen.
Yasha begann sich zu fragen, mit wem er da unterwegs war. Langsam wurde es dunkel. Vor ihnen lag der Brückenberg, aber der Mond war noch nicht aufgegangen. Plötzlich erklang furchtbarer Lärm. Die Erde zitterte und Sekunden später stand Yasha mitten in einer dichten Staubwolke. Wiehernd und schnaubend raste eine wilde Pferdeherde an ihnen vorbei. »Hund!«, schrie der Junge angstvoll. »Hund! Wo bist du? So antworte doch, Hund!« Heißer Atem in seinem Nacken und der Geruch nach verbranntem Gras versetzte Yasha in Panik. Erschrocken wirbelte er herum. Direkt hinter ihm stand der einsame Reiter. Mit zusammengekniffenen Augen starrte er auf Yasha herab. Vor ihm auf dem Pferd saß der sprechende Hund. »Oh nein! Was wollt ihr von mir? So lasst mich
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