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Der Talisman (German Edition)

Der Talisman (German Edition)

Titel: Der Talisman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth von Bismarck
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teilgenommen. Und jetzt halt dich fest! Panna und Androsh sind seit der Kinopremiere spurlos verschwunden. Das weiß ich von Anna. Onkel Kyril war krank geworden und sie fuhr mit ihm zu Panna, aber die Praxis war geschlossen.« »Und meine Eltern?«, fragte Yasha tonlos. Georgy schaute ihn traurig an: »Nur Panna und Androsh wissen, wo sich deine Eltern aufhalten. Sie haben Ärger mit irgendeinem finsteren Kerl und halten sich in Budapest versteckt. Genaueres kann ich dir leider nicht sagen. Aber Anna hatte eine gute Idee: Ihr Onkel Kyril wohnt ganz in der Nähe von Budapest. Du kannst bei ihm wohnen, bis du Genaueres weißt.« Da unterbrach Anna sie und rief: »Georgy! Der Bengel soll sich endlich auf die Socken machen … ja, er soll ‘n Schuh machen!« »Ihre Sprache! Mein Gott! Yasha, nimm es ihr nicht übel! Sie meint es nur gut!«, stöhnte Georgy. »Ab die Post!«, drängte Anna und gab Yasha zum Abschied einen feuchten Kuss auf die Wange. »Halt die Ohren steif, min Jung, denn ich hab dich lieb!« Und so machte Yasha einen Schuh!



Am späten Nachmittag erreichte Yasha das kleine Dorf am Fuße des ungarischen Pilisgebirges. Schon von weitem sah er ein Schild, auf dem eine Rose abgebildet war. Die halbgeöffnete Blüte umschlang ein geflügelter Drache. Darunter stand »Kyril Mayar, Alchimist und Gelehrter«.
    Das Gartentor stand einladend offen. Fröhlich hüpfte Yasha den breiten Weg entlang, der durch den Garten zum Haus führte. Plötzlich hörte er neben sich eine Stimme, die murmelte: »Er riecht wie Erde an einem Junimorgen, wie der Duft der Blüten in der Luft, wie der heiße Atem des Feuers und wie der süße Geruch des Regens auf ausgedörrter Erde.« Neugierig blieb Yasha stehen. Ein alter, zierlicher Mann mit einem Strohhut auf dem Kopf stand in einem Beet und pflückte Salbeiblüten. »Wie der süße Geruch des Regens auf ausgedörrter Erde«, wiederholte er und ließ eine Handvoll Blüten ins Körbchen rieseln, das an seinem Arm hing. In diesem Moment entdeckte er den fremden Jungen, der ihn mit großen Augen anstarrte.
    Onkel Kyril war sehr alt, aber seine Stimme klang erstaunlich jung und seine klugen Augen blitzten munter, als er Yasha in die Küche führte. Vor dem Herd stand eine kugelrunde Frau in einem langen dunklen Kleid. Yasha starrte fasziniert auf ihren breiten Rücken, den eine gigantische weiße Schleife zierte. Wie ein Dirigent hatte sich Frau Masa vor den dampfenden Kochtöpfen aufgebaut und schwang ihren Kochlöffel so elegant, als würde sie eine Staatsoper dirigieren. Ihre Füße steckten in klobigen Lederstiefeln. Auf dem Kopf trug sie einen fein geknoteten Dutt, den sie mit seltsamen Schleifchen geschmückt hatte.
    »Frau Masa,
    Frau Masa!
    Schauen Sie, wir haben Besuch! Das ist Yasha, ein Freund von Anna und Georgy! Er hat sicher großen Hunger und ich auch!«, rief Onkel Kyril und stellte den Korb mit den Salbeiblüten auf dem Küchentisch ab. Mit einer erstaunlich flinken Bewegung wirbelte Frau Masa herum und strahlte sie an. Das Wort Besuch klang wie Musik in ihren Ohren und wenn das Wort hungrig fiel, lief sie zur Höchstform auf. »Frau Masa hilft mir im Haushalt. Sie hat bestimmt etwas Gutes gekocht. Hast doch Hunger oder, min Jung?«, flüsterte er Yasha verschwörerisch zu. Yasha lächelte, Onkel Kyrils Art zu reden erinnerte ihn an Anna. Frau Masa winkte die beiden an den Herd und lüpfte einen Topfdeckel. Yasha lief das Wasser im Mund zusammen. Voller Genugtuung zauberte Frau Masa ein Löffelchen aus ihrer schneeweißen Schürze. »In einer halben Stunde ist das Essen fertig. Aber du kannst schon mal probieren. Na, fehlt noch was?« Wie erwartet schüttelte Yasha den Kopf.
    Während sie
    auf das Essen
    warteten, erzählte Yasha dem Gelehrten von den Vampiren, die den Pferdehändler Georgy fast getötet hätten, und vom Verdacht, dass seinen Eltern, der Ärztin Panna und ihrem Mann Androsh etwas zugestoßen sein könnte.
    Nachdenklich drehte Onkel Kyril seinen Strohhut in den Händen. »Es klingt fast so, als würde es da einen Zusammenhang geben! Die Einladung zu der Kinopremiere war bestimmt eine Falle! Denk nach, Yasha! Was haben alle beteiligten Personen gemeinsam?«, fragte Onkel Kyril und sah Yasha aufmerksam an. »Sie sind mir alle wichtig!«, antwortete der Junge wie aus der Pistole geschossen. »Einen guten Verstand hast du, min Jung. Es sind Menschen, die du kennst und die dir wichtig sind! Wer also könnte den Menschen, die du liebst, schaden wollen?

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